SpVgg Unterhaching:Überall Steine im Weg

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"Ich genieße mit dieser Mannschaft jeden Tag bis zum Sommer": Trainer Sandro Wagner plant aktuell nicht, seinen Vertrag zu verlängern. (Foto: Foto2press/Imago)

Der Tabellenführer gewinnt das Regionalliga-Spitzenspiel gegen die Würzburger Kickers deutlich und baut den Vorsprung aus. Ob die Hachinger allerdings wirklich aufsteigen wollen und können, ist fraglich.

Von Christoph Leischwitz

Kurz vor Schluss sah sich der Stadionsprecher zu folgender Durchsage genötigt: "Der Rasen ist für Zuschauer gesperrt." Ein Platzsturm? Im beschaulichen Unterhaching? Ganz so abwegig wäre das in diesem Moment tatsächlich nicht gewesen, denn es herrschte auf den Rängen eine Begeisterung wie seit Jahren nicht mehr: Spitzenspiel der Fußball-Regionalliga Bayern, Erster gegen Zweiter. Und spätestens mit dem 3:0 in der 71. Minute durch Christoph Ehlich war auch klar: Der SpVgg Unterhaching würde mit einem hochverdienten Sieg eine Vorentscheidung im Kampf um die Meisterschaft gelingen. Wenig später hüpften Spieler zusammen mit Zuschauern zu "Spitzenreiter, Spitzenreiter"-Rufen.

Zum Vergleich: In der bislang letzten Zweitligasaison der Hachinger kamen im Jahr 2006 zum Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern 4700 Zuschauer. Diesmal, gegen die Würzburger Kickers in Liga vier, kamen 7500. Die Stimmung erinnerte also nicht nur an gute Dritt-, sondern sogar an Zweitligazeiten. Auch wenn für Samstag freilich Freikarten verteilt wurden und der Aufruf, nicht auf den Rasen zu stürmen, vor allem den umherhüpfenden Kindern auf der Gegengeraden galt. Später sagte Hachings Präsident Manfred Schwabl zu bfv.tv: "Man muss sagen, dass Regionalliga einfach geil ist." Obwohl er doch selbst fand, es habe sich um "Drittliga-Atmosphäre" gehandelt - und die Mannschaft doch auf dem Sprung ist, die viertgeilste Liga zu verlassen.

Bei aller Freude über die Tabellenführung und nun sieben Punkte Vorsprung - irgendetwas stimmt nicht hinter den Kulissen. Es scheint, als zweifle der Verein selbst den Aufstieg in die dritte Liga an. Und das nicht, weil nach der Saison noch Aufstiegsspiele gegen den Meister der Regionalliga Nordost anstehen.

Man muss für diesen Eindruck gar nicht nur bei Schwabl zwischen den Zeilen lesen. Es reicht, dem Trainer zuzuhören und ihn zu beobachten. Sandro Wagner ging gleich nach dem bedeutungsvollen Sieg allein Richtung Kabine, leise vor sich hin schimpfend. Wenig später, in der Pressekonferenz, lobte Wagner zunächst den Gegner, dann vor allem seine Mannschaft. Wenn man in der Winterpause Spitzenreiter ist, dann "versuchst du normal, jeden Stein umzudrehen, um noch besser zu werden. Den Jungs wird aber immer wieder ein Stein vor die Nase gesetzt, und sie springen drüber. Dann kommt wieder ein Stein, extern und intern, und sie springen wieder drüber. Hut ab, das habe ich so noch nie erlebt".

Das Nachwuchsleistungszentrum habe klar Vorrang, sagt Schwabl - anders als in Würzburg

Es war klar, was Wagner damit meinte. In den vergangenen Wochen war berichtet worden, dass der Verein die Gehälter an Spieler und hauptamtliche Mitarbeiter schon mehrmals nicht pünktlich zahlen konnte. Zwischenzeitlich soll richtig schlechte Stimmung geherrscht haben. Als Wagner mit der sportlich klaren Aufstiegsperspektive dann auch noch sagte: "Ich genieße mit dieser Mannschaft jeden Tag bis zum Sommer", da war erstens herauszuhören, dass er die finanzielle Aufstiegsperspektive mindestens anzweifelt. Und zweitens, dass er aktuell nicht plant, seinen Vertrag im Sommer zu verlängern. Auch zahlreiche Spielerverträge laufen zum Saisonende aus. Mathias Fetsch, am Samstag Torschütze zum wichtigen 1:0 (45.+2), sagte jedoch, die Unwägbarkeiten brächten die Mannschaft nicht aus dem Konzept. "Alles Drumrum wird schon geregelt", meinte er. Im Übrigen habe sich sein Vertrag bereits verlängert.

Ein klares Bekenntnis der Vereinsspitze, alles für den Aufstieg zu tun, blieb aber auch nach dem triumphalen Sieg aus. Schwabl sagte, man werde im April sehen, welche Hausaufgaben der Deutsche Fußball-Bund der SpVgg Unterhaching mit auf den Weg gebe auf dem Weg zur Lizenzierung. Dann werde man entscheiden, ob das machbar sei. Das Nachwuchs-Leistungszentrum, das etwa einen genauso hohen Etat hat wie die erste Mannschaft, habe klar Vorrang. Mit Blick auf den Gegner, der einen anderen Weg eingeschlagen hat, sagte Schwabl: "Wir werden es nicht wie Würzburg machen: zu Lasten der Nachwuchsabteilung eine Drittliga-Lizenz zu stellen."

Weiter ungeklärt war bis zuletzt auch noch, ob die Gemeinde das Stadion und angrenzendes Gelände an den Verein verkauft. Die SpVgg hofft dadurch auf nachhaltige Einnahmen, etwa durch Vermietung von Büroräumen und den Einzug der American-Football-Mannschaft der Munich Ravens. Deren Auftaktspiel in der European League of Football im Sportpark ist für den 4. Juni angesetzt, das Heimspiel um den Aufstieg des Regionalliga-Meisters für den 5. Juni - es bedürfte einer organisatorischen Meisterleistung, um wirklich beide Spiele abhalten zu können. Eine Person, die nicht genannt werden möchte und dem Verein nahesteht, sagt: Daran könne man doch schon sehen, dass die SpVgg in Wahrheit gar nicht wirklich nach oben will.

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