SpVgg Unterhaching:In aller Ruhe abgestürzt

Sascha Bigalke 21 Unterhaching links mit Lucas Hufnagel 10 Unterhaching Fussball 3 Liga 1; Unterhaching Kaiserslautern

Können sie noch gewinnen? Selten ist eine Profimannschaft so abgestürzt wie Unterhaching diese Saison mit Sascha Bigalke (links) und Lucas Hufnagel.

(Foto: Thomas Frey/imago)

Nach einer seltsamen Saison muss Haching gegen Lotte gewinnen.

Von Christoph Leischwitz

In der Geschäftsstelle der SpVgg Unterhaching roch es am Donnerstag nach gebratenen Eiern, die Spieler hatten für ein gemeinsames Frühstück eingekauft und alles höchstpersönlich zubereitet. "Wir mussten uns nur bedienen, das war schön", erzählt Trainer Claus Schromm. Am Samstag im Stadion gegen die Sportfreunde Lotte (13.30 Uhr, Sportpark) gibt es dann für die Zuschauer 19,25 Prozent Rabatt auf Essen und Getränke (1925 ist das Gründungsjahr der SpVgg), auf der Südtribüne gibt es 400 Liter Freibier. Hört sich alles nach einem normalen Rahmen für ein Heimspiel-Finale an. Allerdings gab es in Haching in der aktuellen Saison so ziemlich alles, nur keine Normalität.

42 erzielte Tore, 35 Punkte und nur eine einzige Niederlage bis zur Winterpause; vier erzielte Tore, sieben Punkte und nur ein einziger Sieg seitdem - selten ist eine Profimannschaft so abgestürzt wie der Münchner Drittligist. Als Mitte Dezember Präsident Manfred Schwabl wiedergewählt wurde und die Ausgliederung des Profibereichs in eine KgaA beschlossen wurde, hätte niemand gedacht, dass man das Freibier am letzten Heimspieltag möglicherweise benötigt, um sich die Realität schönzutrinken. Eine Niederlage der Hachinger (aktuell 42 Punkte) gegen Lotte (40) bedeutet zwar noch nicht zwangsläufig den Abstieg. Die Frage ist aber, ob sie überhaupt noch gewinnen, noch etwas aus eigener Kraft zustande bringen - oder dem Schicksal schon ergeben sind.

"Es ist Wahnsinn", sagt Schromm über den Zusammenhalt im Team. Selbst die klare Mehrheit der Fans muntere auf, auch wenn es freilich in dieser Lage einige gibt, die Schromms Entlassung fordern. In der so ausgeglichenen Liga sind schon viele seiner Kollegen der Nervosität im Verein zum Opfer gefallen, in Haching haben sie die ganze Zeit über am 50-Jährigen festgehalten. Gleichzeitig ist allen Beteiligten wichtig zu betonen, dass Harmonie nicht Sorglosigkeit bedeute. Man habe sich außerdem sehr intensiv auf Lotte vorbereitet, jeder Spieler hat individuelle Videoanalysen mit nach Hause bekommen. Abwehrspieler Markus Schwabl berichtete unter der Woche auf München TV, dass es im Training auch schon mal "kleinere Keilereien" gebe, weil nicht mehr "uneingeschränkt Freude" herrsche. Auch der Präsident, also Schwabls Vater Manni, schaue zurzeit öfter zu als sonst. Doch gleichzeitig ist man auch ein wenig stolz auf die Ruhe, die sich durch Abstiegssorgen bisher nicht vertreiben ließ. "Wir wollen ja anders sein. Jetzt können wir zeigen, dass wir es auch sind", sagt Schromm.

Angesichts dessen, was auf dem Spiel steht, ist die Ruhe beachtlich. Auch wenn der Trainer und die meisten Spieler laut Schromm Verträge besitzen, die auch für die Regionalliga gelten, so dürfte ein Abstieg in den Amateurfußball doch den einen oder anderen Job in der Geschäftsstelle kosten. Außerdem hat der gerade konstituierte Aufsichtsrat eigentlich andere Pläne gehabt: Mittelfristig steht ein Zweitliga-Aufstieg im Plan. Es habe in jüngst viele Gespräche mit möglichen Investoren gegeben, erklärt der Aufsichtsrats-Vorsitzende Robert Perchtold. Diese Gespräche seien zurzeit auf Eis gelegt, weil man nicht wisse, wie es weitergeht. Ein Abstieg würde "nicht das Ende bedeuten", aber einige Investoren dürften sich dann wohl zurückziehen, glaubt er, und spricht von "einer gewissen Vertrauenseinbuße". Am Trainer habe man auch im Aufsichtsrat immer festgehalten, denn: "Es hätte die gleichen Komplikationen auch mit einem anderen Trainer gegeben." Die jüngste Verletztenmisere etwa hätte nicht so durchgeschlagen, wenn man im Winter den Kader vergrößert hätte. Dafür hätten aber die finanziellen Mittel gefehlt.

Er sei zuversichtlich, so Perchtold, dass die Mannschaft die Liga halte. Aber: "Es ist viel Ungewöhnliches passiert. Nach der Saison muss vieles hinterfragt werden." Doch selbst das werden sie vermutlich in aller Ruhe tun. Zumindest im Falle des Nichtabstiegs.

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