Dass sie dieses Transparent überhaupt mitgebracht hatten nach Illertissen, sagt schon viel aus über die aktuelle Stimmung bei der SpVgg Unterhaching. „Wir sind Hachinger und ihr nicht“, war aus dem Gästeblock zu hören, nachdem der Drittliga-Absteiger insgesamt ziemlich verdient 0:1 im Toto-Pokalfinale bei dem Regionalligisten verloren und eine letzte Enttäuschung dieser enttäuschenden Saison erlebt hatte. Nach dem Schlusspfiff standen einige der zentralen Figuren minutenlang für sich allein da, Präsident Manfred Schwabl ebenso wie Trainer Sven Bender, der ins Leere blickte. Und dann rollten die Fans den Schriftzug aus: „Ihr habt versagt.“
Mit einem Punkt. Es reichte nicht einmal mehr für ein Ausrufezeichen, so, als ob das vorher schon klar gewesen wäre. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt: Illertissen hat sich zu einem echten Pokalschreck für höherklassige Mannschaften entwickelt und gewann den Pokal zum dritten Mal in vier Jahren. Diesmal war Maximilian Neuberger der Siegtorschütze (25.), im Halbfinale hatte der FV mit fast identischem Spielverlauf (1:0 in der 24. Minute) den FC Ingolstadt ausgeschaltet.
Klar war schon vorher in Unterhaching, dass ein großer Umbruch anstehen würde bei dem Verein, der pünktlich zum 100. Geburtstag eine seiner enttäuschendsten und unruhigsten Spielzeiten hinter sich gebracht hat (die Jubiläumsfeier übrigens wurde von Mitte Juli auf irgendwann im September verschoben). Ein Sieg im Pokal hätte nicht nur die Fans ein wenig versöhnlich gestimmt – mit der automatischen Teilnahme an der nächsten DFB-Pokalrunde hätte Schwabl auch Mehreinnahmen von mindestens 210 000 Euro einplanen können.
Vor dem Spiel hatte Sportdirektor Markus Schwabl gesagt, dass der Kader in der Größenordnung von rund 50 Prozent zusammenbleiben würde. Zu allen weiteren Personalfragen wollte man sich nach dem Pokalfinale äußern. Das ist auch nötig, schließlich soll der Trainingsauftakt für die kommende Regionalliga-Saison schon in dreieinhalb Wochen anstehen. Es sei freilich „die Wunschlösung“, Sven Bender als Trainer zu behalten. Der hörte sich aber mehrmals nicht danach an, als ob er Feuer und Flamme sei. Selbst nach dem Pokalfinale nicht. „Das kann ich, Stand heute, nicht sagen. Ich möchte das auch erst mal sacken lassen“, sagte Bender auf dem Weg in die Kabine. Seine Kritik an der Leistung fiel recht deutlich aus: „Ich mache keinem den Vorwurf, dass er nicht will, aber es ist die Frage: Wie viel will ich’s wirklich?“, so Bender. Das hörte sich nach jemandem an, dem gerade die Lust vergeht.
Erfahrene Spieler wie Johannes Geis, Manuel Stiefler und Simon Skarlatidis sollen ihre Verträge bis 2026 erfüllen
Ob Bender bleibt, sei „jetzt erst mal die wichtigste Entscheidung“, sagte Präsident Schwabl am Sonntag. „Wir haben die letzten Wochen gesagt, dass wir das Abenteuer Regionalliga gemeinsam angehen“, erklärte er, aber diese Woche stehe noch ein letztes Gespräch an. Dann werde man die Kaderplanung angehen – auch zusammen mit Sohn Markus, der weiter in Doppelfunktion Sportdirektor/Rechtsverteidiger fungieren soll. „Ein Jahr will er noch spielen“, sagt der Vater.
Einige wenige Entscheidungen stehen schon fest. Torwart Kai Eisele wird Haching verlassen, er wolle es noch einmal in der dritten Liga versuchen und sei dafür mit 29 Jahren auch im idealen Alter, so Schwabl. Ob der nach der Hinrunde degradierte Konstantin Heide wieder Stammkeeper wird, werde sich nach der U19-EM entscheiden. Tim Knipping wird den Verein wohl verlassen, mit einigen, deren Vertrag ausläuft, wird es aber noch Gespräche geben. Dabei nennt der Präsident als Ersten den Flügelstürmer Boipelo Mashigo, die Personalie Max Lamby sei „spannend“. Erfahrene Spieler wie Johannes Geis, Manuel Stiefler und Simon Skarlatidis sollen ihre Verträge bis 2026 erfüllen.
Der Verein hat in den kommenden Wochen noch andere, richtungsweisende Entscheidungen zu treffen. Auf dem Papier hat die SpVgg nur noch bis Ende Juni Zeit, der Gemeinde das Stadion für 7,56 Millionen Euro abzukaufen. Doch Schwabl hält sich immer noch bedeckt, ob es klappt. Die gesamtwirtschaftliche Situation erleichtere die Ausgangslage nicht gerade, sagt er, was wohl bedeutet: Es ist schwer, weitere Geldgeber zu finden. Positiv auswirken dürfte sich der geplante Verkauf von Aaron Keller, der von seiner Leihe beim SSV Ulm zurückkehrt und wahrscheinlich sogar für einen siebenstelligen Betrag verkauft wird. Nach SZ-Informationen soll der FC Bayern zumindest schon einmal Interesse bekundet haben, Medienberichten zufolge will auch der Grasshopper Club Zürich den Schweizer U21-Nationalspieler verpflichten.