SpVgg Greuther Fürth:Wie der Papst beim Gebet

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Interessierter Zuschauer: Alexander Zorniger. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Nach dem Trainerwechsel verliert Fürth 1:3 in Heidenheim. Unter den Zuschauern auf der Tribüne: Alexander Zorniger, der den Zweitligisten nun auf Kurs bringen soll.

Von Sebastian Leisgang

Macht man das? Unter Trainern ist das ja verpönt: sich gerade dann in einem Stadion oben auf die Tribüne zu setzen, wenn die Mannschaft, die da unten spielt, zuletzt hinter den Erwartungen geblieben ist und ihr Trainer deshalb in der Kritik steht. Sich gerade dann unter die Zuschauer zu mischen und gute Miene zu schlechtem Spiel zu machen, heißt im Grunde ja nichts anderes als: Hallo, ich bin auch noch da. Ich bin übrigens Trainer, und ich hätte gerade Zeit.

Vor diesem Hintergrund war es nicht besonders nett von Alexander Zorniger, sich am Sonntag ins Auto zu setzen und sich auf den Weg nach Heidenheim zu machen. Wobei: wenn doch sowieso schon klar ist, dass man die Mannschaft, die da unten spielt, bald übernehmen wird?

Rachid Azzouzi, 51, ist in der vergangenen Woche immer wieder gefragt worden, wer denn jetzt der neue Trainer der SpVgg Greuther Fürth werde. Die Leute konfrontierten ihn sogar mit Namen und wollten wissen, ob es vielleicht Achim Beierlorzer sei oder doch eher Manuel Baum, der die Mannschaft jetzt übernehme. Manche fragten auch, ob der Neue möglicherweise Patrick Glöckner oder Alexander Zorniger heiße, doch Fürths Geschäftsführer antwortete bei all den Namen stets das, was er vermutlich auch dann geantwortet hätte, wenn jemand Joachim Löw, den Papst oder gar Robert Klauß ins Spiel gebracht hätte: Er, Azzouzi, äußere sich nicht zu Namen.

Nun steht fest, dass weder Joachim Löw noch der Papst oder Robert Klauß in Fürth aufschlagen wird. Der neue Trainer der Spielvereinigung ist jener Mann, der am Sonntagnachmittag beim 1:3 in Heidenheim auf der Tribüne saß: Alexander Zorniger, einst beim VfB Stuttgart und bei RB Leipzig auf der Bank, bis Mitte August auf Zypern bei Apollon Limassol angestellt - und nun derjenige, der die Fürther aus dem Tabellenkeller der zweiten Liga führen soll.

Zorniger sei ein "sehr erfahrener Trainer mit einer klaren Philosophie", meint Azzouzi

Das war der Öffentlichkeit zwar noch nicht bekannt, als Zorniger im Heidenheimer Stadion in derselben Reihe Platz nahm, in der auch Azzouzi saß - das Bild, das sich den Zuschauern bei diesem Anblick nun bot, ließ aber keine anderen Schlüsse mehr zu. Nach dem Spiel bestätigten die Fürther dann das, was sich in den vergangenen Tagen ohnehin schon abgezeichnet hatte: Nach nur einem Sieg aus den ersten 13 Spielen ist es Zorniger, ein, wie Azzouzi meinte, "sehr erfahrener Trainer mit einer klaren Philosophie", der auf Marc Schneider folgt und die Mannschaft wieder auf Kurs bringen soll.

Die Partie in Heidenheim hatte Azzouzi noch den Assistenztrainern Rainer Widmayer und Stefan Kleineheismann anvertraut. Die beiden treten nun wieder in die zweite Reihe und arbeiten an Zornigers Seite, an der in Person von Jurek Rohrberg auch noch ein dritter Trainer zu finden sein wird. In dieser Konstellation werde er "alles dafür tun, um erfolgreich zu sein", versprach Zorniger in einer ersten Erklärung und betonte dann: "Es geht in den nächsten Wochen darum, die Mannschaft so schnell wie möglich mit der hochintensiven Spielweise vertraut zu machen, für die ich auch stehe."

Dass es eine Weile dauern könnte, bis die Spieler Zornigers Stil verinnerlicht haben, das ließ sich am Sonntag zumindest erahnen - schließlich hatte Fürths Auftritt in der ersten Hälfte nichts gemein mit einer hochintensiven Spielweise, im Gegenteil: Die Mannschaft spielte so bedächtig Fußball, wie Joachim Löw Espresso trinkt und der Papst Gebete spricht. So veranschaulichten die 90 Minuten von Heidenheim vor allem zweierlei: zum einen, dass die Mannschaft mittlerweile derart verunsichert ist, dass sie sich äußerst tief in eine ziemlich heikle Lage manövriert hat - und zum anderen, dass diese Mannschaft jetzt dringender denn je einen Trainer braucht, der klare Prinzipien verfolgt und den Spielern den Weg weist.

Heidenheim genügte am Sonntag ja schon ein nüchtern-sachlicher Vortrag, um mit einfachen Mitteln das Spiel zu gewinnen und Fürths ohnehin schon angespannte Lage noch einmal zu verschärfen. Eine Ecke in der Anfangsphase, später ein Missgeschick von Leon Schaffran, der Andreas Linde im Fürther Tor abgelöst hatte - und schon stand es 2:0 für Heidenheim. Zu Beginn der zweiten Hälfte verkürzte Branimir Hrgota zwar, doch auf das dritte Gegentor fanden die Fürther keine Antwort mehr.

Jetzt ruhen die Hoffnungen auf Zorniger, einem Trainer, der vorzugsweise jenen Auf-sie-mit-Gebrüll-Fußball spielen lässt, den sie in Fürth seit jeher gerne sehen. Bis zur Weltmeisterschaft bleiben ihm noch vier Spiele, um der Mannschaft seinen Weg aufzuzeigen. Viel Zeit ist das zwar nicht, doch einen ersten Eindruck hat Zorniger ja schon in Heidenheim bekommen - einen Tag vor seinem Amtsantritt.

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