SpVgg Greuther Fürth:Die Schallplatte gewechselt

Nach Fürths 4:0 gegen St. Pauli drängt sich die Frage auf: Gibt es einen Sportdirektor-Effekt? Das erste Spiel nach der Rückkehr von Rachid Azzouzi hat jedenfalls die Kraft, als Wende herzuhalten.

Von Sebastian Leisgang

Eines vorneweg: Rachid Azzouzi ist nicht mit einem Lachen und hochgerissenen Armen zur Mittellinie gelaufen, um ein Tor zu bejubeln. Er hat sich am Sonntagmittag sowohl beim 1:0 durch Maximilian Wittek als auch bei den Treffern von David Raum, Khaled Narey und Julian Green gezügelt. Gut, beim vierten Tor gegen den FC St. Pauli erhob sich der neue, alte Sportdirektor der SpVgg Greuther Fürth zumindest von der Ersatzbank. Aber Überschwang? Davon konnte keine Rede sein. Vor zwei Jahren noch, als er bei Fortuna Düsseldorf angestellt war, hatte Azzouzi vor seiner Rückkehr nach St. Pauli verraten, er laufe womöglich im Falle eines Sieges jubelnd bis zur Mittellinie - Düsseldorf verlor am Millerntor 0:4.

Nun, Azzouzi war unter der Woche zu Fürth zurückgekehrt, waren die Augen am Ronhof auf den 46-Jährigen gerichtet, traf die Spielvereinigung doch auf: genau, St. Pauli. Würde Azzouzi nun also die Gelegenheit ergreifen, im Erfolgsfall seiner Ankündigung mit einiger Verspätung den Jubellauf folgen zu lassen? Grund zur Freude gab es reichlich an diesem Sonntag, Fürth schickte die Hamburger mit einem 4:0 (2:0) nach Hause und trumpfte in beachtlichem Maße auch spielerisch auf, doch Azzouzi hielt sich auch dieses Mal zurück und sagte nach der Partie nüchtern: "Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie es kann, aber es bedarf noch ganz, ganz viel Arbeit."

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Verdreht, aber glücklich: Der Fürther Julian Green (l.) erzielt das 4:0 am Ronhof gegen den FC St. Pauli.

(Foto: imago/Sportfoto Zink)

Dass diese wieder in Azzouzis Hände fällt, darf als bezeichnender Reflex von Helmut Hack gelten, vertraut der Präsident in heiklen Phasen doch am ehesten den Leuten aus den eigenen Reihen. Zu diesen zählt Azzouzi. Er war bereits zwischen 2005 und 2012 in Fürth angestellt, ehe er sich in Richtung St. Pauli verabschiedete, später in Düsseldorf scheiterte und sich nun wieder bei den Mittelfranken zurückmeldete. Und den Erfolg mitbrachte.

So konnten die 10 810 Zuschauer am Laubenweg ein Phänomen bestaunen, das man in der Branche nur selten erlebt: den Sportdirektor-Effekt. Man kennt das ja: dass ein Trainer freigestellt wird und die Mannschaft im ersten Spiel unter der Federführung seines Nachfolgers wie entfesselt aufspielt. Dass ein Team aber derart aufblüht, nur weil der Klub den Manager ausgetauscht hat, das darf als Neuigkeit gelten. "Das Lob gebührt der Mannschaft und dem Trainer", bekräftigte Azzouzi zwar, erklärte aber auch: "Ich bin nicht auf dem Trainingsplatz, aber in der Kabine. Ich habe den Spielern durch meine Erfahrung Tipps, Hinweise und eine gewisse Art von Zuversicht gegeben. Es geht auch oftmals um ein gutes Gefühl - das haben wir."

Die Spieler hingegen wollten dem Personalwechsel in der Führungsetage keine allzu hohe Bedeutung beimessen. "Ich kann nicht sagen, dass das ausschlaggebend war", sagte Torwart Sascha Burchert und unterstrich: "Auf das Spiel hat uns der Trainer eingestimmt - so wie immer." Linksverteidiger Wittek pflichtete ihm bei und betonte: "Wir haben das auf dem Platz zu regeln. Da kann keiner Einfluss von außen nehmen."

Klar ist allerdings auch: In Fürth spielten sich am Sonntag auf einmal Szenen ab, die man in diesem Stadion lange nicht mehr erlebt hatte. Etwa diese: Die Fans bejubelten ihre Mannschaft in der zweiten Hälfte bei jedem erfolgreichen Zuspiel, vor wenigen Wochen noch hallten Pfiffe durch das Stadion, selbst bei einem erfolgreichen Pass - etwa zum Torwart.

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Freude beim Rückkehrer: Fürths Sportdirektor Rachid Azzouzi.

(Foto: imago/Sportfoto Zink)

Dieses 4:0 gegen St. Pauli, das ist eine der Erkenntnisse der 90 Minuten, hat die Kraft, als Fürther Wende herzuhalten. Die wenigen Saisonsiege erwiesen sich allesamt als Strohfeuer. Diese errang die Spielvereinigung, mit Ausnahme vom 3:1 gegen Düsseldorf, aber auch nicht mit der Souveränität vom Sonntag und jenem spielerischen Glanz, der imponierend war, bedenkt man, dass die Mannschaft von Damir Buric auf einem Abstiegsplatz steht.

St. Paulis Trainer Olaf Janßen wirkte nach der Begegnung mitgenommen

Der Vortrag von St. Pauli hingegen glich einem Offenbarungseid. Trainer Olaf Janßen wirkte nach der Begegnung mitgenommen. Er sprach von einem "sehr speziellen Spiel" und einem Gesicht, "das ich von meiner Mannschaft bis dato nicht gekannt habe". So blieb ihm nur der Glückwunsch an den Gegner. "Ich kann den Fürthern nur zu einem hochverdienten Sieg gratulieren", meinte Janßen, bevor sein Gegenüber Buric am anderen Ende des Podiums sagte: "Es klingt wie eine kaputte Schallplatte, wenn ich immer wieder sage, die Jungs haben gute Trainingsleistungen gebracht. Aber es war wirklich so."

Nun trumpfte sein Team auch in einem Pflichtspiel auf - und verhalf Buric in die Position, in dieser Woche eine andere Schallplatte auflegen zu können.

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