Süddeutsche Zeitung

SpVgg Greuther Fürth:Der Lebkuchen­mann 

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Der ehemalige Club-Spieler Stefan Leitl wurde in Fürth frostig empfangen und musste sich die Akzeptanz der Anhänger erst erarbeiten. Vor dem Derby sendet die Spielvereinigung ein Signal - und verlängert den Vertrag mit dem Trainer.

Von Thomas Gröbner

Über die Zutaten hat Rachid Azzouzi nichts preisgegeben, aber Manager und Bäckermeister bewahren ja gerne ihre Erfolgsrezepte für sich. Sicher ist also nur, dass das aufgegangen ist, was sie in Fürth seit Februar angefangen haben. "Wenn wir uns einen Trainer für Fürth backen könnten, käme Stefan dabei heraus", verkündete Sport-Geschäftsführer Rachid Azzouzi nun am Donnerstag, vorweihnachtlich gestimmt. Das heißt, um im Bild zu bleiben: Der Vertrag von Fürths Lebkuchenmann Stefan Leitl wird verlängert, haltbar bis Sommer 2021.

Diese Wendung war wohl nicht von den Fürther Fans erwartet worden, die Leitl zum Amtsantritt im Februar frostig empfangen hatten. Damals störten sich einige an Bildern von Leitl im Club-Trikot, als er für die Nürnberger Traditionsmannschaft bei einem Benefizturnier spielte. "Ich schlafe nicht in Club-Bettwäsche", sah sich Leitl genötigt zu erklären. In Nürnberg habe er damals die Chance auf Profifußball bekommen, "als junger Bursch", wie er nach seinem ersten Sieg mit Fürth erzählte. "Die Zeit liegt lange zurück", sagt Leitl heute, "in anderen Vereinen war ich wesentlich länger."

Wenn man sich unbedingt Stefan Leitl in der Bettwäsche eines Klubs vorstellen will, dann in der Wäsche Marke "Schanzer". Zwölf Jahre prägte Leitl den FC Ingolstadt, als Spieler und als Kapitän. Bis er mit 35 Jahren beim FCI keinen Vertrag, aber dafür einen Karriereplan vorgelegt bekam. Der ging auf: 2017 wurde Leitl in Ingolstadt Profi-Trainer, mit 40, in dem Gewerbe läuft man da noch unter "junger Bursch". Doch nach nur einem Jahr endete die Ära Leitl mit der Entlassung. Ein halbes Jahr später folgte das Engagement in Fürth - und der frostige Empfang. Doch der ist längst vergessen, die Stimmung ist schnell aufgetaut.

Auch, weil Fürth vor dem Derby gegen den strauchelnden Nachbarn Nürnberg am Sonntag auf Rang sechs steht, der FCN nur auf Platz 14. Das Kleeblatt vor dem Rivalen aus der Nachbarschaft - ein Bild, das viele Fürther am liebsten einrahmen möchten und Leitl wohl weitere Sympathien verschafft auf den Rängen. Er sagt: "Wir stehen auf jeden Fall zurecht dort, wo wir stehen. Aber die Antennen sind angeschaltet."

"Gegen Nürnberg wird es sicherlich kein Hacke, Spitze, Einszweidrei geben."

Fünf Punkte sind es auf einen Aufstiegsplatz, fünf Punkte auf einen Abstiegsplatz, so eng geht es im Moment in der zweiten Liga zu. Die Situation erinnert Leitl an die vor zwei Jahren, als Fürth in letzter Sekunde dem Abstieg entronnen war, und nur acht Punkte auf Platz vier fehlten. Der Vergleich mit Nürnberg wird Aufschluss geben, wohin es gehen kann in dieser Saison für Fürth. Für Leitl ist klar, wohin der Blick geht - nach unten: "Ein Sieg gegen Nürnberg wäre wichtig. Wir wollen Punkte sammeln, um uns weiter von der Abstiegsregion zu entfernen."

Doch der Gegner aus der Nachbarschaft ist diesmal die große Unbekannte in der Rechnung. In der letzten Woche ersetzte beim Club Jens Keller den glücklosen Damir Canadi. Jener Keller also, den sie in Ingolstadt engagierten, um sie vor dem drohenden Abstieg zu retten - und der im April dort entlassen worden war. Nun soll er den Club umkrempeln und könnte mit Überraschungen aufwarten. Leitls Lösung: "Dann müssen wir eben den Fokus noch stärker auf uns selbst richten, auf unsere Stärken."

Und die liegen in Fürth mittlerweile im gepflegten Angriffsfußball. "Wir haben mittlerweile ein komplett anderes Spiel als vergangenes Jahr, als wir viel über Umschaltaktionen und Konterspiel gekommen sind", sagt Leitl. Die Zugänge Branimir Hrgota und Havard Nielsen unterstützen den wieder unverzichtbaren Daniel Keita-Ruel, der nun nicht mehr alleine das Angriffsspiel tragen muss. "Wir haben eine Grundordnung gefunden, in der fühlen wir uns wohl." Wichtiger als die Neuen sei aber, dass diesmal das Team nicht auseinandergerissen wurde, sondern Fürth fast die komplette Mannschaft zusammenhalten konnte: "Wir hatten zuletzt eine große Fluktuation in der Mannschaft, das wollten wir dieses Jahr nicht."

Zuletzt hatten sie aber Anschauungsmaterial produziert, wie man besser nicht auftritt, schon gar nicht gegen Nürnberg. Bei der 2:3-Niederlage in Sandhausen war Leitl über die Sorglosigkeit seiner Mannschaft verärgert, die mit Leichtigkeit statt Leidenschaft gewinnen wollte, zweimal eine Führung verspielte und in der Nachspielzeit in einen Konter lief. Noch sei seine Elf nicht in der Lage zu erkennen, wann sie das Spiel entscheiden könne, bemängelt Leitl. "Gegen Nürnberg wird es sicherlich kein Hacke, Spitze, Einszweidrei geben. Das werden wir seriös angehen", kündigte er an. "Das ist ein wichtiges Spiel für uns - und für alle Fürther." Dass es auch ein wichtiges Spiel für die Nürnberger ist, ist ihm vergleichsweise egal.

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Quelle:
SZ vom 24.11.2019
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