SpVgg Greuther Fürth:Im Hauruck-Milieu 

SpVgg Greuther Fürth: Branimir Hrgota (links) bejubelt seinen postwendenden Ausgleichstreffer mit Marco Meyerhöfer.

Branimir Hrgota (links) bejubelt seinen postwendenden Ausgleichstreffer mit Marco Meyerhöfer.

(Foto: Wolfgang Zink/Sportfoto Zink/Imago)

Mit dem 1:1 gegen Hannover durchbricht Fürth sein Muster der vergangenen Wochen. Das Unentschieden lässt zwei Lesarten zu.

Von Sebastian Leisgang

Bislang war man davon ausgegangen, dass sich das Internet auch in Hannover durchgesetzt hat. Nach allem, was man bis zu diesem Sonntag annehmen konnte, ist das sogenannte Netz auch im niedersächsischen Raum längst verfügbar. Hannover 96 hätte das also eigentlich wissen können: dass sich die SpVgg Greuther Fürth bei einem Anstoß mit neun Spielern an der Mittellinie aufstellen würde, um dann nach einem Flugball von Oussama Haddadi in die gegnerische Hälfte zu rennen und auf das Tor zuzusteuern.

Dennoch dauerte es nach dem 0:1 durch Hendrik Weydandt nicht einmal 60 Sekunden, bis Schiedsrichter Florian Heft auf der anderen Seite des Spielfelds auf den Elfmeterpunkt deutete. Der Fürther Plan war aufgegangen: Die Spielvereinigung hatte den Gegner überrumpelt und erzielte in Person von Branimir Hrgota das finale 1:1.

Als Heft der Partie gut eine halbe Stunde später ein Ende setzte, waren es zwei Lesarten, die die 90 Minuten zuließen. Zum einen hatten die Fürther bewiesen, dass sie unter Alexander Zorniger wieder so gefestigt sind, dass sie sich von Rückschlägen nicht mehr aus der Bahn werfen lassen - zum anderen hat die Mannschaft längst noch nicht alles verinnerlicht, was Zorniger einfordert.

Dass Fürths Trainer am Sonntagnachmittag festhielt, sein Team befinde sich "immer noch in einer Situation, in der es punktemäßig in Ordnung ist", hieß ja auch, dass es durchaus ein schmaler Grat ist, auf dem sich der Bundesliga-Absteiger bewegt. Die Fürther, so ist es im sogenannten Netz zu finden, haben in dieser Saison erst ein einziges Spiel im Ronhof verloren - auswärts allerdings auch nur eine von elf Partien gewonnen. Eine Diskrepanz, die durchaus gefährlich ist, weil die Mannschaft Heimspiel für Heimspiel unter Zugzwang steht.

"In bestimmten Bereichen war es gegen den Ball nicht so intensiv, wie ich mir das wünsche", sagte Trainer Zorniger

"Ich hätte die Entwicklung gerne ein bisschen schneller", hatte Zorniger schon vor dem Duell mit 96 gesagt. Hinterher meinte er: "In bestimmten Bereichen war es gegen den Ball nicht so intensiv, wie ich mir das wünsche. Und mit dem Ball hätten wir noch viel mehr Qualität gehabt, wenn man sich für den Ballbesitz verantwortlich gefühlt hätte."

Das ist es also, was Zorniger einfordert: eine gewisse Schonungslosigkeit gegenüber sich selbst und ein höheres Pflichtbewusstsein. Zwei Aspekte, die Fürth am Sonntag gebraucht hätte, um Hannover bei der Rückkehr seines früheren Trainers Stefan Leitl zu bezwingen. So war es dieses Mal eher eine kämpferische Note, die das Spiel im Ronhof ausmachte. Eigentlich hat sich der Bundesliga-Absteiger ja längst den Ruf erarbeitet, dass er einen besonders gepflegten Ball spielt. Ein Ansatz, der den Leuten gerade deshalb ins Auge sticht, weil die Fürther in einer Liga spielen, in der viele Mannschaften eher ein untergeordnetes Interesse am Ball haben.

In diesem Hauruck-Milieu darf es durchaus als tollkühn durchgehen, den Plan zu verfolgen, Fußball zu spielen und nicht bloß das Spiel des Gegners zunichte zu machen. Seit Zorniger an der Seitenlinie steht, hat sich aber auch die Fürther Idee etwas verändert. Das Kleeblatt paart seinen Ballbesitz-Ansatz nun mit dem, wofür sein Trainer schon seit Jahren steht: Balljagd, vertikales Spiel und eine gewisse Rastlosigkeit.

Auch diese Attribute sind es, die Fürth auszeichnen sollen. Bislang hat sich die Mannschaft unter Zornigers Führung zumindest so stabilisiert, dass sie deutlich befreiter auf den Platz gehen kann als noch in den ersten Saisonwochen unter Zornigers Vorgänger Marc Schneider - am Ende ihres Weges ist sie aber noch lange nicht.

Das Einzige, das bei den Fürthern in diesem Jahr beständig ist, ist ja die Unbeständigkeit. 1:2 in Kiel, 1:0 gegen Nürnberg, 1:2 in Karlsruhe, 2:1 gegen Düsseldorf, 1:3 in Kaiserslautern: Bis zum Hannover-Spiel hatten sich Sieg und Niederlage in unschöner Regelmäßigkeit abgewechselt. Eine Abfolge, die zwar genügt, um nicht in den unmittelbaren Abstiegskampf zu geraten, die allerdings auch zeigt, dass es kein linearer Pfad ist, den die Fürther beschreiten.

Und doch: Als Fortschritt darf der Auftritt gegen Hannover durchaus gelten. In den vergangenen Wochen habe er oft registriert, dass die Spieler bei Rückschlägen "ein bisschen die Schultern runternehmen", meinte Zorniger, "das haben sie dieses Mal gar nicht". Was die Fürther stattdessen taten, wurde prompt belohnt: Sie stellten sich an der Mittellinie auf und steuerten dann auf das gegnerische Tor zu. Wenig später stand es 1:1.

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