Süddeutsche Zeitung

Regionalliga:Gewartet seit der Wiedervereinigung

Die SpVgg Bayreuth beendet ihre All-in-Aktion mit dem souveränen Drittliga-Aufstieg. Doch die Zukunft von Erfolgstrainer Timo Rost ist ungeklärt.

Von Christoph Leischwitz

Oft fehlt einer Meister- oder Aufstiegsfeier, wenn sie mit Ansage stattfindet, die letzte Spritzigkeit. Aber wohl kaum, wenn man 32 Jahre lang auf sie gewartet hat. Und so hatten sie bei der SpVgg Bayreuth am Samstag zwar die Medaillen schon vor dem Anpfiff umgehängt bekommen, weil bereits am Freitagabend der Verfolger FC Bayern München II die entscheidende Schwäche gezeigt und zu Hause 0:4 gegen Burghausen verloren hatte. Die Oberfranken waren damit uneinholbar geworden. Trotzdem konzentrierten sich die Noch-Regionalligaspieler dann aber wieder, gewannen 2:1 gegen Aschaffenburg, und als ein großer Teil der 4000 Zuschauer schließlich auf den Platz stürmte, waren die krakeelenden Spieler kaum noch von den Fans zu unterscheiden. Bier, sagte Offensivspieler Ivan Knezevic, sei ja "übertrieben klebrig", aber das müsse man jetzt in Kauf nehmen.

Am Abend ging es dann auf einem Sponsoren-Lkw über den Innenstadtring zum so genannten Stadtparkett am Marktplatz. Bei der Oldschdod ging es fast wieder zu wie in einer Fußball-Großstadt, was der historischen Bedeutung dieses Tages angemessen war. Schließlich hatten die Bayreuther zum letzten Mal kurz vor der Wiedervereinigung im Profifußball gespielt.

93 Punkte, kein Auswärtsspiel verloren: "Mehr verdient geht nicht", findet Knezevic

Ebenso völlig angemessen war das, was da auf den T-Shirts stand: "Rekordmeister". 93 Punkte haben die Bayreuther gesammelt, ein Spiel steht sogar noch aus. Kein einziges Auswärtsspiel ging verloren, sie haben sich immer wieder selbstbewusst aus jeder Krise gezogen, noch ehe sie richtig entstehen konnte. Selbst die höchst beeindruckende Zahl von 110 Toren, die Verfolger Bayern schon geschossen hat, verblasst angesichts der oberfränkischen Überlegenheit. "Mehr verdient geht nicht", sagte deshalb Knezevic beim Lokalsender TVO Sport.

Die Entwicklung dieses Teams war rasant. Es ist noch nicht einmal ein Jahr her, da hatte die SpVgg Bayreuth an selber Stelle aufgezeigt bekommen, wie weit sie noch vom Profifußball entfernt war. 0:4 hatte sie ihr Heimspiel gegen den FC Schweinfurt verloren in der entscheidenden Playoff-Partie. Die Schnüdel scheiterten dann in der Relegation knapp am TSV Havelse. Die Bayreuther hingegen haben ihren Dreijahresplan gut getimt, denn heuer stehen keine Aufstiegs-Playoffs an, die Spielvereinigung darf direkt nach oben. "Man kann es nicht planen, aber wir hatten einen Plan", sagte am Samstag Geschäftsführer Wolfgang Gruber, der als finanzieller Vater des Erfolgs gilt.

Die Mannschaft muss sich in der dritten Liga nicht groß umstellen - sie ist mit Umschaltfußball Meister geworden

Die Spieler stammen fast ausnahmslos aus bayerischen Nachwuchs-Leistungszentren, darunter die meisten von 1860 München. Knezevic ist einer der Dienstältesten in Bayreuth, hinzu kamen nach und nach Spieler wie Markus Ziereis, Nico Andermatt oder Felix Weber, um nur einige frühere Löwen zu nennen. Den Sechzigern wird ja immer wieder vorgeworfen, dass sie oft gute Spieler für andere Vereine ausbilden. In diesem Fall haben sie sich einen der beiden bayerischen Gegner der kommenden Saison herangezüchtet - neben dem FC Ingolstadt, nachdem Türkgücü Pleite ging und Würzburg abstieg. Benedikt Kirsch übrigens, ein früherer Türkgücü-Spieler, feiert nun mit Bayreuth seinen zweiten Drittliga-Aufstieg in zwei Jahren.

Die Mannschaft soll weitgehend zusammenbleiben, beim BR sprach Gruber von "vier, fünf Verstärkungen". Es wird in der kommenden Saison einzig und allein um den Ligaverbleib gehen, denn dem Vernehmen nach wird neben den TV-Geldern kein zusätzlicher Geldregen erwartet. Überhaupt soll es sich bei der nun abgeschlossenen, kostspieligen Saison um eine All-in-Aktion gehandelt haben. Einen Vorteil hat die Bayreuther Mannschaft allerdings gegenüber vielen anderen Aufsteigern: Sie ist nicht mit Dominanzfußball Meister geworden, sondern mit Umschaltfußball. Sie wird sich deshalb gegen stärkere Gegner spielerisch nicht groß umstellen müssen.

Ein Wermutstropfen für die Bayreuther Fans ist, dass die Zukunft ihres Erfolgstrainers nicht geklärt ist. Bis zur Meisterfeier durfte man sogar sicher davon ausgehen, dass Timo Rost zum künftigen Ligakonkurrenten FC Erzgebirge Aue wechselt. Jetzt klingt das plötzlich nicht mehr ganz so sicher, Gruber legte die Chancen auf einen Verbleib auf fünfzig-fünfzig fest, zumindest öffentlich, über das Stadionmikro. "Ich kann es mir natürlich gut vorstellen, dass ich nach einem Aufstieg hier in Bayreuth bleibe", hatte Rost schon einmal im April gesagt, als die Meisterschaft schon absehbar war. Im Laufe der Woche solle nun die Entscheidung fallen, und diese liege bei Rost, sagt Gruber. Ein Verbleib ist offenbar möglich, aber übertrieben klebrig war am Samstag dann doch nur das Bier.

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