"Selbstverständlich" werde er persönlich erscheinen, hatte Theo Zwanziger angekündigt, drei Ausrufezeichen inbegriffen, und entsprechend erwartungsvoll nahm er Dienstagvormittag im Saal 1.120 des Düsseldorfer Landgerichts an der Seite seines Verteidigers Platz. Jackett, Krawatte und V-Ausschnitt-Pullover kleideten ihn akkurat, die modische Aktentasche, Block und Kugelschreiber lagen griffbereit. Zwanziger war als Beklagter vor der 6. Zivilkammer erschienen, aber er machte nicht den Eindruck, als wäre die Situation ihm unangenehm. Eher schien ihm der Auftritt willkommen zu sein. Die Zuschauerreihen waren dicht besetzt, viele Kamerateams warteten vor der Tür.
Sie fingen nach der Verhandlung Bilder eines siegesgewiss lächelnden Mannes ein, der sich in seinem Meinen und Handeln abermals bestätigt sah. Ob er aber tatsächlich als Sieger den Kampfplatz verließ, ist zumindest fraglich: Formell hatte er in seiner Sache vorläufig recht bekommen, die Gegenseite vermochte aber ein paar Treffer zu landen, die einerseits den leicht entflammbaren Zwanziger in Rage versetzten, andererseits den Vorsitzenden Richter zu dem Bekenntnis anregten, man werde sich "noch mal Gedanken machen".
Zwanzigers Gegner werden von Peter Gauweiler vertreten
Den Gerichtstermin hätte Zwanziger mit Leichtigkeit vermeiden können. Der 70-Jährige hätte lediglich zusagen müssen, eine Äußerung, die er im Sommer 2015 in einem Telefoninterview mit dem Hessischen Rundfunk getätigt hatte, nicht zu wiederholen. Damals hatte der ehemalige DFB-Präsident erklärt, er habe "immer klar gesagt, dass Katar ein Krebsgeschwür des Weltfußballs" sei. Im Emirat am arabischen Golf wurde diese Formulierung als Beleidigung aufgefasst. Weil Zwanziger nicht davon abrücken wollte, reichte der katarische Fußballverband Unterlassungsklage ein, die Anwaltskanzlei von Peter Gauweiler übernahm die Vertretung vor Gericht. Für Prominenz und öffentliches Interesse war also gesorgt, und wie es aussieht, bildete dieses kleine Justizstück nur den Anfang einer Reihe von Gerichtsterminen, in denen Zwanziger gern den Mittelpunkt einnimmt. Ein weiterer Rechtsstreit kommt im April in Köln zur Verhandlung, dann ist Günter Netzer der Prozessgegner, und kaum, dass er in Düsseldorf den Saal verlassen hatte, kündigte Zwanziger an, die ARD wegen angeblich verleumderischer Umtriebe verklagen zu wollen.
Die Verhandlung am Dienstag nahm für Zwanziger zunächst einen befriedigenden Verlauf, das Gericht stellte bei der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts fest, dass der frühere DFB-Chef "eine noch gerechtfertigte Meinungsäußerung" abgegeben habe. Es sei ihm darum gegangen, die öffentliche Debatte um die Vergabe der WM 2022 "erneut anzustoßen" und hierbei "eine kritische Äußerung zu tätigen".
Die nötige Befugnis dürfe ihm als anerkannter Vertreter des Fußballs nicht abzusprechen sein, und "gewisse Überzeichnungen" seien hinzunehmen, befand die Kammer. Diese Ansicht begründete sie mit der "Reizüberflutung", der das Publikum in der vielstimmigen Auseinandersetzung um das Politikum der WM-Vergabe ausgesetzt sei. Die interessante Schlussfolgerung lautet: Je höher die Wogen im öffentlichen Diskurs, umso schärfer darf der Tonfall sein. Zwanziger saß mit verschränkten Armen da und hörte es mit Genuss.