Süddeutsche Zeitung

Sportpolitik:Unter Allgäuern

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Sportamt und Aufsichtsratsjob von DOSB-Chef Alfons Hörmann kreuzten sich. Deutschlands oberster Sportfunktionär hat viele Tätigkeitsfelder.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Alfons Hörmann, 59, ist ein vielbeschäftigter Mann. Seit 2013 steht der gebürtige Allgäuer als Präsident an der Spitze des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), aber daneben hatte und hat er noch eine Reihe weiterer Tätigkeitsfelder. So saß und sitzt er in verschiedenen Aufsichtsräten, seit 2018 ist er Vorstandsvorsitzender eines Baden-Badener Bauzulieferers, und erst kürzlich kürte ihn die Oberallgäuer CSU zum Kandidaten für das Amt des Landrates.

Nach SZ-Recherchen kam es dabei zu einer Konstellation, in der sich seine sportpolitische Funktion und ein Job in der Wirtschaft kreuzten. Denn der DOSB vergab Aufträge im IT-Bereich ausgerechnet an ein Unternehmen, dessen Aufsichtsratschef Hörmann viele Jahre lang war: die Scaltel AG mit Sitz in Waltenhofen im Oberallgäu, nur wenige Kilometer entfernt von Hörmanns Heimatort. Auf einen sechsstelligen Betrag belaufen sich die Ausgaben des DOSB für diese Zusammenarbeit.

Ihren ersten Auftrag für den deutschen Sportdachverband erhielt die Scaltel AG demnach im Sommer 2017. Nach Angaben des DOSB ging es dabei darum, die bestehende Situation im IT-Bereich analysieren und ein Konzept für eine mögliche Neuaufstellung erarbeiten zu lassen. Im November 2017 entschied sich der DOSB tatsächlich für eine Neuaufstellung seiner IT - Software, Netzwerke, Computer. Und ein Jahr danach ging wieder ein Auftrag an die Scaltel AG, laut DOSB im "Managed Service", das sind gewisse regelmäßige Dienstleistungen für den Kunden im IT-Bereich.

Für das Allgäuer Unternehmen ist das eine lohnende Zusammenarbeit. Eine Summe im niedrigen fünfstelligen Bereich erhielt es nach DOSB-Angaben für die Evaluierung der IT-Situation. Jetzt gibt es 90 000 Euro pro Jahr für den "Managed Service", der jährlich kündbar sei.

Hörmann war bei der Scaltel AG von Oktober 2010 bis Juli 2018 Vorsitzender des Aufsichtsrates. Als er den Job aufgab, verabschiedete ihn das Unternehmen mit umfangreichen Dankesworten: Eine positive Entwicklung habe es seit seinem Eintritt gegeben, die Zahl der Beschäftigten sei von 80 auf 210 gestiegen und der Umsatz von 20 auf 54,5 Millionen Euro; man verliere Hörmann zwar als Aufsichtsrat, aber nicht als Freund der Familie. Die Scaltel AG wollte sich zur Zusammenarbeit mit dem DOSB auf Anfrage nicht äußern.

Der DOSB beteuert, rund um die Scaltel-Aufträge sei alles korrekt zugegangen. Für die Evaluierung der IT-Situation habe ein externer Sachverständiger unter drei Angeboten Scaltel vorgeschlagen. Für die Vergabe der Teilaufträge im Rahmen des IT-Gesamtprojektes seien jeweils mindestens drei Angebote eingeholt worden und die Teilaufträge "konsequent an den jeweiligen Anbieter mit dem besten Preis-/Leistungsverhältnis" gegangen. Scaltel habe den Auftrag fürs "Managed Service" erhalten, den überwiegenden Teil der Aufträge aber bekamen andere Anbieter.

Zur konkreten Rolle seines Präsidenten teilt der DOSB mit, dass Hörmann und das gesamte Präsidium weder bei den Vorgesprächen noch bei der finalen Auswahl des Anbieters in irgendeiner Form beteiligt gewesen seien. Die grundsätzliche Entscheidung für eine Neuaufstellung im IT-Bereich sei im Präsidium diskutiert worden, allerdings ohne Hörmann, der "bei keiner Beratung oder Entscheidung anwesend oder in irgendeiner sonstigen Form in Gespräche einbezogen" gewesen sei. Hörmann habe zuvor den möglichen Interessenskonflikt angemeldet und für den Zeitraum der gesamten Beratung den Raum verlassen. Zudem sei Hörmanns Scaltel-Funktion im öffentlichen Interessensregister erfasst gewesen.

Beim DOSB ist seit einer Strukturreform für das operative Geschäft der hauptamtliche Vorstand verantwortlich, während sich das von Hörmann geführte Präsidium formal nur noch um die Aufsicht des Vorstandes sowie die strategische Ausrichtung kümmert. Bis Ende 2017 leitete diesen Vorstand der frühere Grünen-Politiker Michael Vesper, der inzwischen Präsident des deutschen Galopprennsports ist; danach löste ihn Veronika Rücker ab.

Dass sich verschiedene Tätigkeitsfelder so kreuzen, dass Kritiker einen Interessenskonflikt attestieren, dürfte bei Hörmann bald wieder der Fall sein. Denn seine Chancen, im nächsten Jahr zum Landrat gewählt zu werden, sind gut. 2021 steht dann gleich in Oberstdorf im Allgäu die Nordische Ski-WM an - ein Prestigeprojekt für den deutschen Sport, dessen oberster Vertreter Alfons Hörmann auch im Fall einer erfolgreichen Landrats-Wahl bleiben möchte.

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Quelle:
SZ vom 05.11.2019
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