Süddeutsche Zeitung

Sportpolitik:Provokation auf der Mütze

Das russische Olympia-Team stellt sein Outfit für die Sommerspiele in Tokio vor - von den Konsequenzen des Doping-Urteils gegen das Land ist nicht viel zu sehen.

Als Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), im vergangenen Winter mal wieder zum russischen Staatsdoping-Skandal befragt wurde, forderte er ein "klares" und "eindeutiges" Urteil. Worin sich diese Klarheit manifestieren sollte, war nicht ganz ersichtlich - unbestritten war jedenfalls, dass fast alle kritischen Beobachter einigermaßen entsetzt waren, als der Internationale Sportgerichtshof kurz darauf das Urteil in der Causa sprach. Die russischen Sportverbände erhielten, grob gesagt, ein besseres zweijähriges Fahnen- und Wimpelverbot aufgebrummt. Bei Großereignissen wie den Olympischen Spielen in diesem Sommer in Tokio dürfen sie dennoch mit einer großen Auswahl antreten; mit Athleten, die nicht in das jahrelange Dopingprogramm eingebunden waren. Wobei eine Datenbank aus dem Moskauer Anti-Doping-Labor, mit der ein derartiger Nachweis eindeutig zu führen gewesen wäre, von russischer Seite nachweislich manipuliert worden war.

Wie wachsweich die ohnehin milde Strafe nun umgesetzt wird, zeigte sich jetzt in Moskau, als Russland das Outfit seiner Olympia-Mannschaft für die Spiele in Tokio (23. Juli bis 8. August) der Öffentlichkeit präsentierte. Die russischen Landesfarben sind darauf eindeutig zu identifizieren, an mancher Stelle wird provokant der Schriftzug "Russia" präsentiert. Von den Konsequenzen des CAS-Urteils ist offenkundig wenig zu sehen.

Man wolle beweisen, dass Russland weiterhin "eine große Sportmacht" sei, sagt der Sportminister

Bei einer Modenschau vor Dutzenden Zuschauern wurde auch die russische Flagge geschwenkt und am Ende der Präsentation die Nationalhymne gesungen. Auf diese Elemente wird das Riesenreich in Tokio allerdings verzichten müssen, und nicht nur dort: bei beiden kommenden Olympischen und Paralympischen Spielen sowie Weltmeisterschaften ist kein Start unter russischer Flagge und mit russischer Hymne erlaubt. Die Strafe des Internationalen Sportgerichtshofes gilt noch bis zum 16. Dezember 2022.

Die Athletinnen und Athleten werden in Tokio unter dem Kürzel "ROC" - für "Russisches Olympisches Komitee" - antreten. Das Logo auf den Uniformen ist jenes des ROC, nicht das Staatswappen. ROC-Präsident Stanislaw Posdnjakow gab sich deshalb nun allerdings keineswegs betrübt. "Die Nationalflagge ist eine wichtige Motivation für unsere sportlichen Siege, und leider können wir sie nicht verwenden. Aber auch ohne viel Fantasie ist es möglich, die Nationalflagge durch die gezeigten Farben zu erkennen", sagte der viermalige Olympiasieger im Fechten.

Es sei übrigens in Abstimmung mit dem Ausrüster und dem IOC gelungen, "dass die aktuelle Kollektion genehmigt wird und in Einklang mit dem CAS-Urteil steht." Russlands Sportminister Oleg Matysin erklärte: "Wir haben den Ehrgeiz, einmal mehr zu beweisen, dass unser Heimatland eine große Sportmacht ist."

An der farblichen Ausgestaltung dürfte dieses Unterfangen jedenfalls nicht scheitern.

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