Die Wunschliste des Verhandlungspartners war lang: 16 800 Dollar für ein Trainingszentrum in Jamaika. 84 900 Dollar für ein noch zu bauendes Geschäftsquartier des afrikanischen Leichtathletikverbands. 35 000 Dollar für eine karibische Trainervereinigung. 40 000 Dollar für "VIP-Geschenkpakete", darunter "wertvolle Uhren" der Marken Ebel, Rolex und Mont Blanc. 25 000 Dollar für Stipendien für Athleten an US-Universitäten. Und jeweils 78 000 Dollar an "Unterstützungen" für Wettkämpfe und "Reisehilfen".
Sollten seine Verhandlungspartner das alles zusammentragen, teilte der Mann des Welt-Leichtathletikverbands IAAF im Dezember 2004 schriftlich mit, würden ihre Chancen steigen, den Kontinental-Wettkampf "IAAF World Cup" 2006 zu beherbergen. Der Mann mit der Wunschliste war laut einem Bericht des englischen Senders Sky News der langjährige IAAF-Marketingberater Papa Massata Diack, seine Verhandlungspartner waren Vertreter der Stadt Stuttgart. Und Helmut Digel, damals Vizepräsident der IAAF.
Die IAAF kommt einfach nicht zur Ruhe
Die Erschütterungen, die Berichte über System-Doping in Russland und Korruption in der alten IAAF-Führung ausgelöst haben, klingen langsam ab; zur Ruhe kommt der Weltverband aber nicht. Nach Adidas will sich nun der zweite Groß-Sponsor vorzeitig absetzen, der Lebensmittelkonzern Nestlé; die IAAF gibt sich empört. Dabei geht es immer weiter. In Kenia erheben nun zwei Sprinterinnen, die bei der WM 2015 in Peking des Dopings überführten Joyce Zakary und Francisca Koki, einen Korruptionsvorwurf. Isaac Mwangi, Geschäftsführer des Kenia-Verbands, soll ihnen die Reduzierung der drohenden Sperre offeriert haben, gegen Zahlung von je 21 000 Euro.
Und dann der jüngste Bericht, der auch auf Digel kein gutes Licht wirft, das langjährige IAAF-Council-Mitglied. In den Fokus ist einmal mehr Papa Massata gerückt, der Sohn des langjährigen Präsidenten Lamine Diack. Das Duo soll Athleten erpresst haben, positive Dopingtests gegen Geld verschwinden zu lassen. Diack senior sieht einem Gerichtsprozess entgegen, sein Sohn wird per Interpol gesucht, wegen Geldwäsche, Erpressung und Korruption.
Papa Diack beriet den Weltverband rund ein Jahrzehnt lang mithilfe seiner Firma PMD Consulting, und wie so eine Beratung offenkundig aussah, schildert nun der Bericht des englischen Senders. Papa Diack traf demnach Digel und Vertreter Stuttgarts im Dezember 2004 im Mövenpick-Hotel am Stuttgarter Flughafen. Kurz darauf übermittelte Diack seine Wunschliste: Gaben im Wert von 365 439 Euro. Sollten die Stuttgarter damit ihre Bewerbung anreichern, könnte das die Counci-Mitglieder wohlstimmen, die über den Ausrichter abstimmen würden, so Diack.