Sportpolitik:IOC-Vize Bach und die Siemens-Connection

Siemens staffiert Peking-Spiele aus, IOC-Vize Bach berät den Konzern und sagt, er trenne Sport und Geschäft.

Thomas Kistner und Klaus Ott

Welche Verheißung: Wer nach Peking zu den Olympischen Sommerspielen reist, ob als Sportler oder Zuschauer, wird sich dort vom ersten bis zum letzten Moment in einer Welt voller Siemens-Technik bewegen. Für den neuen, drachenförmigen Flughafen des Stararchitekten Norman Foster liefert der Technologiekonzern ein mehr als 50 Kilometer langes Gepäcktransportsystem. In den U-Bahnen werden Steuer-, Signal- und Sicherheitsanlagen eingesetzt. Und an mehreren Wettkampfstätten stellt das Unternehmen die Stadion-Infrastruktur, in Hotels die Gebäudetechnik. "Die Olympischen Spiele sind für uns ein sehr wichtiges Projekt", sagt Richard Hausmann, Siemens-Chef in China, "wir rechnen mit einer Reihe weiterer Aufträge."

Sportpolitik: Das Olympiastadion in Peking leuchtet dank der Unterstützung von Siemens.

Das Olympiastadion in Peking leuchtet dank der Unterstützung von Siemens.

(Foto: Foto: AP)

So kraftvoll beschrieb der Weltkonzern bereits im Herbst 2006 sein Engagement in China, nachzulesen unter siemens.com. Dort steht auch, für das Wassersportzentrum biete das Unternehmen ein "Rundum-Sorglos-Paket". Der Sport in China ist offenbar in besten Händen, Siemens kümmert sich um alles. Ob der Konzern selbst neuerdings noch so rundum sorglos ist, sei dahingestellt.

Vom Fechter zum Funktionär

Am Wochenende wurde bekannt, dass der Konzern einen der mächtigsten Männer im Weltsport seit langem als Berater unter Vertrag hat: Thomas Bach, einst Weltmeister und Olympiasieger im Fechten, seit 2000 (mit einer kurzen, turnusmäßigen Unterbrechung von Sommer 2004 bis Winter 2006) Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees, seit Mai 2006 erster Präsident des damals gegründeten Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Das Beraterhonorar soll anfangs 400 000 Mark betragen haben, über die heutige Höhe schweigen sich die Vertragspartnern aus.

Im Hauptberuf agiert Bach als Wirtschaftsanwalt. Als solcher, sagt er, berate er Siemens bei der "Gestaltung geschäftlicher Beziehungen im Ausland". Die Vermittlung von Aufträgen zähle nicht dazu. Er trenne strikt zwischen Sport und Beruf, beteuert der 54-jährige. Neuerdings gibt es allerdings, wegen des Engagements bei Siemens, Anlass zu der Frage, ob das immer und in jedem Fall so war oder ist. An der Anbahnung des fruchtbaren Kontakts zwischen dem Konzern und dem Sportfunktionär Bach war ein Nürnberger Geschäftsmann und langjähriger Siemens-Partner beteiligt, der Unternehmensberater Wilhelm Schelsky. Der war auch ein großer Förderer des Sports.

Heute sitzt er wegen mutmaßlicher Finanzdelikte, die nichts mit Bach, aber viel mit Siemens zu tun haben, in Untersuchungshaft, seit 14 Monaten schon. Schelsky hat über fast zwei Jahrzehnte hinweg mit Millionen des Konzerns die Betriebsräteorganisation AUB als Kampftruppe gegen die IG Metall aufgebaut und betrieben.

Auf der nächsten Seite: Wie Thomas Bach bei Siemens eingeführt wurde.

IOC-Vize Bach und die Siemens-Connection

Daneben fand Schelsky auch Zeit, den ihm bekannten Thomas Bach bei Siemens einzuführen. Nach Angaben des Magazins Spiegel bereitete der Nürnberger Geschäftsmann im September 1999 den damaligen Konzernvorstand Volker Jung mit folgender Notiz auf ein Essen mit Bach vor: "Seit Jahren konnte ich beobachten, dass er glänzenden Zugang zu fast allen Regierungen dieser Welt hat, da Besuche immer eine Mischung aus ehrenamtlicher Tätigkeit (IOC) und Interessenvertretung sind." Bach war damals schon Vorstandsmitglied des IOC, im Jahr darauf wurde er zum Vizepräsidenten berufen.

"Langjährige internationale geschäftlichen Erfahrungen"

Schelskys Notiz erweckt den Eindruck, Bach vermenge doch Sport und Geschäft, entgegen seinen Beteuerungen, das nicht zu tun. Der DOSB-Chef und IOC-Vize widerspricht heftig: "Ich achte auf eine strikte Trennung." Er habe mit Siemens auch keine Gespräche über die Projekte des Konzerns für die Sommerspiele in China geführt.

Für den Konzern sei er weder als IOC-Vizepräsident noch als DOSB-Präsident tätig. Der Beratervertrag sei aufgrund der "langjährigen internationalen geschäftlichen Erfahrungen" seiner Anwaltskanzlei in Tauberbischofsheim zustande gekommen, lässt Bach mitteilen. Dort hat der gebürtige Würzburger als Fechter große Erfolge gehabt, dort ist er jetzt als Wirtschaftsanwalt erfolgreich, mit vielen Mandanten, die gut zahlen.

Bach sagt, er habe seine Mandate und Funktionen schon vor seiner Kür zum DOSB-Chef gegenüber der damaligen Findungskommission des deutschen Sports offengelegt. Die wurde von Theo Zwanziger geleitet, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Zwanziger bestätigt den Vorgang generell: "Herr Bach hat von sich aus gesagt, dass er selbständig tätig sei, und er wolle seine Funktionen offenlegen." Dabei habe er auch "die Tätigkeit für Siemens und in anderen Geschäftsfeldern" benannt. Details aber muss sich Zwanziger erst noch aus den Akten besorgen.

Brief an Kommissionschef Mbaye

Auch der Ethik-Kommission des IOC, lässt Bach mitteilen, habe er seine Beratertätigkeit für Siemens "nicht nur allgemein und frühzeitig" offen gelegt, sondern auch "im Einzelfall dafür Sorge getragen, auch nur den Anschein eines Interessenkonflikts zu vermeiden". So habe er bei einer IOC-Exekutivsitzung im Februar 2003, als ein Mitglied eine Frage zum Thema Sicherheit bei den Athener Spielen aufwarf, "auf seine Beratertätigkeit für Siemens hingewiesen und deutlich gemacht, dass er auch nur den Anschein oder die Konstruktion eines Interessenskonflikts vermeiden möchte".

Dann habe er "den Sitzungssaal verlassen" - und anderntags den Chef der IOC-Ethikkommission darüber unterrichtet. Dazu gibt es einen Brief vom 24. Februar 2003 an den damaligen Kommissionschef Keba Mbaye, der mittlerweile verstorben ist.

In diesem Zusammenhang hatte Bach ein Mal bei Siemens direkt mit Aktivitäten für die Athener Spiele 2004 zu tun - und dies an höchster Stelle. Auf die Frage nach etwaigen Mitwirkungen an dem Sicherheitsprojekt C4I für die Spiele in Athen, räumte Bach via Anwalt ein: "Herr Dr. Bach hat in diesem Zusammenhang neben anderen Themen für die Siemens AG ein Gespräch mit einem Vertreter des Bundeskanzleramtes geführt."

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