Süddeutsche Zeitung

Sportpolitik:Athleten starten Revolution im deutschen Sport

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Von Ulrich Hartmann, Köln

Max Hartung weiß, wie man etwas ausficht. Parade und Riposte heißt das in seinem Sport Fechten. Der 28-Jährige führt als Vorsitzender der Athletenkommission im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) dieser Tage seinen größten Kampf, einen, der für die deutsche Sportszene eine Revolution bedeutet. Die Vollversammlung der Athletenvertreter hat am Sonntag in Köln die Gründung einer Initiative namens Athleten Deutschland e.V. beschlossen, eines Vereins, der die Interessen der Athleten mit hauptamtlichen Mitarbeitern repräsentieren soll. Unabhängig vom DOSB. "Die rein ehrenamtliche Struktur in der Athletenkommission genügt angesichts immer größer werdender Herausforderungen nicht mehr", sagt Hartung, "es gibt Bedarf für eine professionelle Athletenvertretung."

45 Mitglieder haben zu diesem Zweck das Gründungsprotokoll unterschrieben. Der Verein wird seinen Sitz in Köln haben, ob die Geschäftsstelle dort ansässig sein wird, ist noch offen. Drei hauptamtliche Mitarbeiter wären der Wunsch der Athletenkommission, allerdings ist die Finanzierung, die auf 300 000 bis 400 000 Euro pro Jahr taxiert wird und durch Bundesmittel ermöglicht werden könnte, noch nicht gesichert. "Man darf nicht daran sparen, dass die Athleten sich mehr einbringen", findet Hartung. "Die Stärkung der Athleten ist kein Luftschloss - wir wollen auch Sportler in anderen Sportarten ermutigen, sich zu organisieren und zu engagieren."

Die Wortwahl deutet darauf hin, dass dieses Engagement gewerkschaftliche Züge haben könnte, auch wenn ein solches Vokabular vermieden wird. Die neue Initiative, die einst tatsächlich als Athleten-Gewerkschaft diskutiert wurde, wird formell ein Verein, der die Athletenkommission unterstützt.

Eine solche "Parallel-" oder auch "Hybridstruktur" wirft bei DOSB-Präsident Alfons Hörmann und seinem Vorstandschef Michael Vesper jedoch Zweifel auf. Vesper, der wie Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig bei der Vollversammlung dabei war und "konstruktive Gespräche" lobt, hält mit der provokanten Frage nicht hinter dem Berg, warum man neben der bewährten Athletenkommission überhaupt eine solche Parallelstruktur benötige. "Die Athletenkommission soll durch den neuen Verein nicht geschwächt werden", wünscht sich Vesper, räumt aber ein: "Es ist das gute Recht der Athleten, so einen Verein zu gründen, wir begrüßen auch jede Initiative, die die Athleten stärkt."

Auf wie viel Gegenliebe die professionelle Struktur mit deutlich mehr Einfluss für die Athleten beim DOSB trifft, wird erst die Zukunft zeigen. "Einige unserer Mitgliedsverbände haben Bedenken", sagt Vesper subtil warnend.

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Quelle:
SZ vom 16.10.2017
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