Footballer-Interview:Touchdown vor dem Mikro

Apollos Hester

Er hatte einiges zu sagen: Apollos Hester, seines Zeichens Motivator vor dem Mikro.

(Foto: TWC News/YouTube/Screenshot)

Fünf Millionen Klicks für ein Gespräch vor der Kamera: Der bis dato völlig unbekannte Footballer Apollos Hester erlangt mit ein paar enthusiastischen Aussagen nach einem Spiel viralen Ruhm. Davon können sich gelangweilte Sportler einiges abschauen.

Von Jonas Beckenkamp

Da drängen sich die Reporter nach einem Fußballspiel - sagen wir eines des FC Bayern - um einen jungen Millionär und wollen lauter seltsame Dinge wissen. Mario, jetzt mal ehrlich: Was war das für ein Gefühl, als der Ball drin war? Ist jetzt bei dir der Knoten geplatzt? War das der Durchbruch? Gehst du morgen aufs Oktoberfest? Und was sind überhaupt deine Ziele in dieser Saison?

Umringt von schwitzenden Männerleibern, postiert sich Mario Götze in der sogenannten Mixed-Zone, einer Art Begegnungsstätte zwischen Umkleide und Mannschaftsbus, und blickt die Fragesteller kaum an. Er wirkt gelangweilt, desinteressiert, unmotiviert. Dann versucht er zu antworten - ganz Profi, versteht sich: "Es war wichtig, heute ein gutes Spiel zu machen. Wir wussten, dass es schwer wird. Bei meinen vergebenen Chancen gibt es einiges zu verbessern." Hat alles so stattgefunden am Dienstag nach dem Spiel gegen Paderborn.

Wenn man die Sache zu Ende spinnt, hätte Götze auch noch weiterreden können bis zum Sanktnimmerleinstag, bis alle eingenickt wären und zwischen "Esistallesmöglich" und "DamüssenSiedenTrainerfragen" die unvermeidlichste aller Floskeln gekommen wäre: "Wir denken nur von Spiel zu Spiel". Da jauchzt das Phrasenschwein. Dabei gilt doch die Regel: Wer blöd fragt, bekommt eben eine blöde Antwort - oder wie die Amerikaner sagen würden: Don't hate the player, hate the game.

Apropos Amerika: Dort ist natürlich alles viel besser. Dort sondern Sportler keine auswendig gelernten Belanglosigkeiten ab. Dort zählt noch das gesprochene Wort. Dort kann es jeder Nobody zum Youtube-Wunder bringen, wenn er nur einen Funken Humor hat und ein paar lockere Sprüche kennt. Apollos Hester ist so einer. Ihn kannte bis vor ein paar Tagen - mit Verlaub - keine Sau. Doch jetzt wurde ein Video des Highschool-Football-Spielers über fünf Millionen Mal angeklickt.

Fünf Millionen, das ist knapp hinter Miley Cyrus (falls Sie Miley Cyrus nicht kennen: Sie sieht ein wenig aus wie Mario Götze und ihre Videos klicken auch viele Menschen an). Zu sehen ist nun also Apollos Hester, der Wide Receiver der East View High aus Texas, nach einem knappen Sieg seines Teams.

Die Reporterin fragt: Wie habt ihr das noch gedreht? Darauf Hester, mit funkelnden Augen und breitem Gewinnergrinsen: "Also, wir haben echt nachlässig begonnen. Aber das ist okay, denn manchmal startet man im Leben langsam. Aber wir haben uns gesagt: Das macht nichts, denn wir wussten, dass wir es am Ende noch biegen können ... In der ersten Halbzeit hatten sie uns im Griff, da mache ich keinen Hehl draus. Aber wir haben Eier bewiesen. Wir hatten Haltung. DAS ist alles!"

So geht es weiter und es entspinnt sich eines der schönsten Sportler-Interviews des ganzen Internets. Apollos Hester, dieser Motivationskünstler in Football-Uniform, ist jetzt berühmt, er ist ein menschgewordener American Dream. Er hat eine öffentliche Facebookseite mit tausenden Likes, einen eigenen Youtube-Song und firmiert auf Twitter unter dem Hashtag #ApollosHester. Alles erinnert ein wenig an den Film "Jerry Maguire", in dem Tom Cruise als Agent eines von Cuba Gooding Jr. gespielten Footballers eine ähnliche Szene aufführt.

Stichwort Aufführung: Ist das eigentlich alles echt? Hat sich schon einmal jemand gefragt, warum Hesters Facebookseite just an jenem 22. September 2014 auftauchte, an dem das Video viral ging? Und wie kann ein Footballer von seinen Heldentaten auf dem Feld schwadronieren ohne einen einzigen Grasfleck auf dem Trikot? Herrje, am Ende ist das alles ein Fake und der gute Apollos nur ein Elftklässler aus der Theatergruppe seiner Schule? Nein, niemals. Wer das glaubt, hat keine Ahnung von Amerika, dem Land der unbegrenzten Interviews. Hier wird nicht inszeniert, hier zählen dedication und hard work, damn!

Mario Götze sollte dringend Nachhilfe buchen bei Apollos Hester. Dann platzt auch vor dem Mikro der Knoten.

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