Sportgerichtshof kippt Osaka-Regel:Im Zweifel gegen saubere Spiele

Wer wegen Dopings verurteilt wurde, musste bislang einmal bei Olympischen Spielen aussetzen - diese Regelung wurde vom Sportgerichtshof Cas nun gekippt. Für Topathleten wie Justin Gatlin und Claudia Pechstein bedeutet dies die Chance auf Olympia. Für das IOC ist das Urteil ein Rückschlag - Präsident Rogge kündigte bereits härtere Strafen an.

Carsten Eberts

Für einige Hochkaräter des Sports bieten sich seit diesem Donnerstag ganz neue Perspektiven. Für die Leichtathletik-Olympiasieger LaShawn Merritt und Justin Gatlin etwa, auch für Claudia Pechstein, die fünffache Olympiasiegerin im Eisschnelllauf. Die neuen Perspektiven heißen Olympische Spiele 2012 und 2014 in London und Sotschi - zwei Großereignisse, bei denen diese drei bislang nicht hätten starten dürfen.

Best of Athens 2004

Darf bei den Sommerspielen 2012 in London starten - wenn er sich denn qualifiziert: Sprinter Justin Gatlin.

(Foto: REUTERS)

Grund war die "Osaka-Regel", die am Donnerstag vom Internationalen Sportgerichtshof Cas gekippt wurde. Alle Sportler, die mit einer sechsmonatigen Dopingsperre belegt wurden, durften bislang nicht an den darauffolgenden Olympischen Spielen teilnehmen. So wollte es das Internationale Olympische Komitee (IOC), das damit um ein wenig mehr Glaubwürdigkeit im Sport rang. Wer wegen Dopings verurteilt wurde, muss einmal aussetzen, so die Regel - 2012 in London hätte dies für Merritt und Gatlin, 2014 in Sotschi für Pechstein gegolten.

Als "ungültig und nicht durchsetzbar" bezeichneten die Cas-Richter in Lausanne nun diese Regelung. Das Schiedsgericht, das auf Antrag des Nationalen Olympischen Komitees der USA (USOC) verhandelt hatte, erklärte, dass die "Osaka-Regel" den Bestimmungen des Welt-Anti-Doping-Codes widerspräche. Der Grund: Ein Sportler sei durch seine Dopingsperre schon genug bestraft. Ein zusätzlicher Verweis von den Olympischen Spielen sei nicht rechtens.

Der Jubel bei den betreffenden Athleten ist groß. Der 100-Meter-Olympiasieger von Athen 2004, Justin Gatlin, hatte bereits vor dem Urteil verkündet, er werde bei den Sommerspielen in London an den Start gehen - so sicher ging er von der Abschaffung der Regel aus. Auch Claudia Pechstein will nun bei den Winterspielen 2014 in Sotschi starten. "Das Urteil konnte nicht anders ausfallen", verkündete sie am Donnerstag: "Die Gerechtigkeit hat gesiegt. Jetzt ist der Weg frei für meine zehnte Olympia-Medaille."

Eigentlich war das brisante Urteil bereits für September erwartet worden, nun ließen sich die Richter rund einen Monat länger Zeit. Es war schließlich eine Grundsatzentscheidung, die der amerikanische Verband für seinen Spitzenmann LaShawn Merritt klären ließ.

Der Olympiasieger über 400 Meter war im Winter 2009/10 insgesamt dreimal positiv auf ein Steroid getestet worden. Weil er angab, er habe lediglich privat ein Potenzmittel genommen, reduzierte ein amerikanisches Sportgericht die Strafe von zwei Jahren auf 21 Monate. Bei den Olympischen Spielen in London hätte er trotzdem nicht starten dürfen - so wollte es die "Osaka-Regel".

Rückschlag fürs IOC

Für das IOC ist das Urteil aus Lausanne entsprechend ein Rückschlag. Im Juni 2008 hatte das Komittee Regel 45 der IOC-Charta installiert - weil es nicht nur bestimmte Leistungen zu den Zugangsvoraussetzungen eines Olympiastarters machen wollte, sondern auch eine saubere Dopingakte. Drei Jahre später widersprachen die Richter nun diesem Plan.

IOC-Präsident Jacques Rogge hatte sich für den Fall bereits vorab Gedanken gemacht. "Hält der Cas die Osaka-Regel für nicht zulässig, werden wir für den neuen Antidopingcode, der ab 2013 eintritt, Druck machen, dass längere Sperren eingeführt werden für diese schwereren Vergehen", sagte Rogge kürzlich der Berliner Zeitung.

Auch Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB), erklärte enttäuscht: "Wir bedauern das Urteil des Cas, respektieren es aber. Die Osaka-Regel war dazu gedacht, die Rolle der Olympiamannschaften zu stärken und ihre Vorbildwirkung zu erhöhen." Auch Bach kündigte bereits an: "Wir treten nun dafür ein, dass der Wada-Code sobald als möglich geändert wird."

Für diejenigen Sportler, die ihre Dopingsperre abgesessen haben, ist das Urteil von Lausanne ein Sieg. Für das IOC ist es ein neuerlicher Rückschlag im ewigen Kampf um ein funktionierendes Anti-Doping-System.

Mit Material des sid

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