Sportfunktionär Thomas Bach:Doping? Kein Thema

Thomas Bach

Kommt er zur Sondersitzung? DOSB-Chef Thomas Bach hat eventuell andere Pläne. 

(Foto: dpa)

Bei der Aufarbeitung der viel diskutierten Doping-Studie gerät Deutschlands oberster Sportfunktionär Thomas Bach in die Bredouille: Er soll auf einer Sportausschuss-Sondersitzung auftreten, doch Bach lässt seine Teilnahme offen. Dabei wäre seine Anwesenheit dringend erwünscht - und sein Fernbleiben wäre kein gutes Signal.

Von Johannes Aumüller

Thomas Bach ist gerade viel unterwegs. Am Wochenende war er bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Moskau, der Wahlkampf um den Präsidentschaftsposten im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) geht nun in die entscheidende Phase - und Anfang September trifft sich die Weltsportfamilie in Buenos Aires, wo er sich von den IOC-Mitgliedern zum Nachfolger von Jacques Rogge wählen lassen möchte.

Doch zwischendrin stünde für den Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) eigentlich noch ein wichtiger Termin in der Heimat an. Der Sportausschuss des Bundestages will sich Ende August in einer öffentlichen Sondersitzung mit den Ergebnissen, aber auch den vielen offenen Fragen im Umgang mit der Studie "Doping in Deutschland von 1950 bis heute" befassen.

Dabei sollen auch diverse externe Sachverständige auftreten: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wird erwartet, ebenso der Historiker Giselher Spitzer, der das Berliner Projektteam der Studie leitete. Und auch an Thomas Bach, 59, erging eine Einladung - doch derzeit deutet vieles darauf hin, dass er überhaupt nicht teilnimmt. In Moskau sagte er lediglich, dass "auf jeden Fall (. . .) ein Vertreter des DOSB dabei sein" werde.

Viele halten eine Teilnahme von Bach an der Sondersitzung für bedeutsam. Der DOSB-Chef ist der mächtigste Sportfunktionär im Land - und er hatte sich ja auch stets als Initiator des mit mehr als 500 000 Euro Steuergeld geförderten Projekts gerühmt. Doch zugleich haben sich in der Debatte viele Fragen an ihn ergeben. So erklärte Bach beispielsweise, zu seiner aktiven Zeit als Fechter in den Siebzigerjahren sei "Doping nie ein Thema" gewesen. Diese Aussage erstaunte viele andere Sportler aus der damaligen Zeit ebenso wie den Nürnberger Anti-Doping-Experten Fritz Sörgel: Von Doping etwas mitzubekommen, "gehörte damals ja fast schon für Laien zur Allgemeinbildung", sagte er.

Warum zog sich die Publikation hin?

Zudem zeigte sich, dass eine Zeitzeugen-Passage aus dem Langbericht, in der auch Bach vorkam, nicht veröffentlicht wurde (SZ vom 7.8.). Und ganz generell ist für viele klärungsbedürftig, warum sich die Publikation der seit Langem abgeschlossenen Studie über so viele Monate hinzog. Erst auf immensen öffentlichen Druck hin war zu Wochenbeginn die Basisversion der Ergebnisse veröffentlicht worden.

Ein von den Berlinern Forschern als "Abschlussbericht" betiteltes 804-Seiten-Dokument aus dem Jahr 2012, in dem sich unter anderem diverse Zeitzeugen-Berichte finden, hingegen wird weiter zurückgehalten; immerhin liegt es nun den Sportausschuss-Mitgliedern vor. "Wenn es schon eine Sitzung des Sportausschusses gibt, sollte es zwingend geboten sein, dass die Teilnahme des Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes gesichert ist", sagt Viola von Cramon, die sportpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion.

Doch das ist in diesen Tagen nicht so leicht. Gemäß der bisherigen Planung der Sitzungswochen wäre der 2. oder der 3. September als Termin möglich. Doch schon am 4. September beginnt in Buenos Aires die IOC-Session; da hätte Bach einen triftigen Grund, um die Einladung des Sportausschusses auszuschlagen. Von daher hat das Gremium nun beim Bundestagspräsidium beantragt, dass die Sitzung bereits in der vorangehenden Kalenderwoche stattfinden soll, nämlich am 29. August. "Da Minister Friedrich bereits zugesagt hat, würde ich mir schon wünschen, dass Bach auch kommt", sagt die SPD-Politikerin Dagmar Freitag, die Vorsitzende des Sportausschusses. "Da möchte ich mich ungern mit einer Vertretung zufriedengeben."

Nur die CDU/CSU-Fraktion hat sich bisher gegen diesen Terminvorschlag aussprochen, die Sportpolitiker richten sich daher auf eine Sitzung am 29. August ein. Doch selbst wenn das Bundestagspräsidium ein Zusammenkommen des Gremiums an diesem Tag genehmigen würde, heißt das nicht automatisch, dass Bach teilnimmt. Ein Sprecher des DOSB-Präsidenten will weder eine Zu- noch eine Absage für diesen Tag bestätigen. Er sagt, man befinde sich gerade noch in der finalen Planung der Reise.

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