Süddeutsche Zeitung

Neuer Sponsor:1860 bekommt die schnelle Liebe

Nach jahrelangen Experimenten mit Werbepartnern hat der TSV 1860 München endlich einen Sponsor fürs Leben gefunden, der so richtig zu ihm passt: eine Dating-Plattform.

Von Philipp Schneider

Zu den grundlegenden Prinzipien der Werbebranche gehört die Erkenntnis, dass Werbung nur funktionieren kann, wenn Werbeträger und Produkt zusammenpassen wie die Faust aufs Auge, oder zumindest ein Lederhut auf Clint Eastwoods Kopf. Wenn der Plan der Werbestrategen aufgeht, dann beschleicht die Nase eines Kinobesuchers die Illusion von Kaffeegeruch, nur weil George Clooney durchs Bild reitet, oder den Magen des Fußballfans ein unerklärlicher Heißhunger auf Nussnougatcreme, wenn Kevin Kuranyi einen Elfmeter verschießt.

Der Fußball-Zweitligist TSV 1860 München hat viele Jahre experimentiert, um den werbestrategischen Kern seines Wesens zu ergründen. In dieser Zeit prangte auf der Trikotbrust des Giesinger Arbeitervereins das Logo einer britischen Sportwagenmanufaktur (Beziehung scheiterte an unterschiedlichen Lebensentwürfen), der Name eines Ölfabrikanten (lief kurz wie geschmiert) sowie der einer Zeitarbeitsfirma (war natürlich nicht von Dauer).

Blind-Date mit einem Spielervermittler aus Spanien

Nun endlich aber scheint es, als habe 1860 den Partner fürs Leben gefunden. Und nur weil es sich bei diesem um eine Dating-Plattform zur Förderung der Polygamie handelt, ist das noch lange kein Widerspruch. Es gibt ja in Fußballdeutschland keinen Klub, der sich mit den Facetten des Anbandelns besser auskennt als Sechzig. Allein die Zahl der Trainer und Sportdirektoren, die ihm seit dem Bundesligaabstieg 2004 an die Angel gingen, ist beachtlich.

Es ist beispielsweise noch gar nicht lange her, da bezirzten die Sechziger einen Spielervermittler aus Spanien. Okay, die Beziehung erwies sich als Blind-Date, weil jener Spielervermittler, der als Sportdirektor die Seite wechseln musste, nicht verraten wollte, was er in seiner Vergangenheit alles so getrieben hatte. Aber dafür ließ der Spielervermittler schnell sein erstaunliches Talent fürs Speed-Dating aufblitzen, mit seinem Charme lockte er zahlreiche Gspusis aus allen Ländern der Erde, die nicht viel länger blieben als One-Night-Stands.

Wie professionell jener Spielervermittler vergleichsweise werkelte, wurde erst klar, nachdem er abgelöst wurde von einem Sportchef, der sich bei einem eigentlich supergeheimen Seitensprung mit Peter Neururer in flagranti am Düsseldorfer Flughafen erwischen ließ.

Spätestens in diesem Moment wurden die Betreiber der Dating-Plattform hellhörig und begannen 1860 wegen der Vielzahl ihrer gemeinsamen Interessen zu umgarnen. "Erleben Sie ihre Fantasien - jetzt!" schreiben sie auf ihrer Seite, und: "Geh' in die Verlängerung!". Fantasien hat der Löwe viele. Und wenn's blöd läuft, dauert auch seine Saison mal wieder zwei Spiele länger.

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Quelle:
SZ vom 12.04.2016/fued
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