Spielunterbrechung in der Bundesliga:Felix Zwayer - ein Schiedsrichter greift durch

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Felix Zwayer: Entschlossen in Leverkusen (Foto: AFP)
  • Schiedsrichter Felix Zwayer sorgt für ein Novum in der Bundesliga: Er unterbricht die Partie zwischen Dortmund und Bayer Leverkusen, weil Trainer Roger Schmidt nicht auf die Tribüne geht.
  • Zwayer sagt: "Ich hatte keine andere Wahl."
  • Danach sorgt noch ein nicht gegebener Elfmeter für Diskussionen - und Bayers Sportdirektor Rudi Völler redet sich in Rage.
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Von Ulrich Hartmann, Leverkusen

Als am Sonntag um 16.56 Uhr der Schiedsrichter Felix Zwayer den Befehl erteilte, das Spielfeld im Leverkusener Stadion zu räumen, sorgte er für ein Novum in der Fußball-Bundesliga. Zwayer hatte zuvor vergeblich versucht, den schimpfenden Leverkusener Trainer Roger Schmidt auf die Tribüne zu verbannen. Als auch der Versuch fehlschlug, Schmidt über den Mittelsmann Stefan Kießling, den Bayer-Kapitän, zum Verlassen des Innenraums zu bewegen, brach Zwayer das Spitzenspiel zwischen Lever- kusen und Borussia Dortmund beim Stand von 0:1 ab.

Allerdings nur für etwa neun Minuten. Nachdem die Schiedsrichter und die Mannschaften zwischen 16.56 und 17.05 Uhr in den Kabinen verschwunden waren, wurde die Partie für die ausstehenden mehr als 20 Minuten fortgesetzt.

Am Endergebnis von 0:1 (0:0) bestand hinterher relativ wenig Interesse. Diskutiert wurde vorrangig jene strittige Szene, für die sich Trainer Schmidt im Laufe der frühen Nacht entschuldigte: "Da bin ich zu stur gewesen und habe zu emotional reagiert. Damit habe ich meiner Mannschaft geschadet."

Und weiter: "Ich habe natürlich eine Vorbildfunktion und der bin ich heute nicht gerecht geworden."

Der Unterbrechung vorausgegangen war ein Freistoß für Dortmund. Dieser wurde fünf bis sechs Meter vor dem eigentlichen Tatort von Matthias Ginter blitzschnell ausgeführt. Über Erik Durm landete der Ball bei Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang, der mit seinem 21. Saisontreffer die Führung in der 64. Minute erzielte. Das Spiel war zuvor zäh. Mit dem Freistoß, dem Tor, Schmidts Weigerung und Zwayers Abbruch kam die Hektik hinein.

Schmidt beklagte heftig die Ausführung des Freistoßes. Zwayer deutete auf die Tribüne, Schmidt blieb. Daraufhin wies Zwayer den Regeln entsprechend Kießling an, Schmidt den Verweis mitzuteilen. Kießling tat wie geheißen - Schmidt antwortete seinem Kapitän, er möge Zwayer ausrichten, er gehe nur dann, wenn Zwayer ihm eine Begründung liefere. Daraufhin marschierte Zwayer samt Assistenten energisch vom Feld. Später, weit nach Abpfiff, reichte Zwayer auch die Erklärung nach, warum er beim Freistoß vor dem 1:0 die Dortmunder nicht zurück pfiff: "Es liegt im Ermessen des Schiedsrichters, drei, vier, fünf Meter weiter entfernt ausführen zu lassen, weil eine Konterchance unterbunden wurde."

Während der Neun-Minuten-Pause wurden die Kapitäne Kießling und Mats Hummels in die Schiedsrichter-Kabine gerufen, wo Zwayer ihnen den Sachverhalt erklärte. "Er war ganz ruhig", berichtete Kießling, und Hummels ergänzte: "Er hat uns gesagt, die Partie könne nur fortgesetzt werden, wenn Leverkusens Trainer aus dem Innenraum verschwinde."

Zwayer konnte sich dabei auf Regel 5 der Bestimmungen des Fußball-Weltverbandes Fifa berufen, nach der es dem Schiedsrichter gestattet ist, "Maßnahmen gegen Teamverantwortliche zu ergreifen, die sich nicht verantwortungsbewusst verhalten, wobei er sie vom Spielfeld und dessen unmittelbarer Umgebung entfernen lassen darf". Das Fazit von Zwayer: "Ich hatte keine andere Wahl."

Entsetzt regierten die Leverkusener jedoch vollends, als Zwayer ihnen kurz nach Wiederanpfiff einen Handelfmeter verweigerte (71.). Dortmunds Verteidiger Sokratis hatte einen Kopfball von Stürmer Javier Hernandez im Sprung mit ausgestrecktem Arm abgewehrt. Die Szene war so eindeutig, dass sich Zwayer gar entschuldigte: "Dazu muss ich sagen, wir haben bedauerlicherweise falsch entschieden."

Gekrönt wurde die Veranstaltung durch einen Wutausbruch von Rudi Völler ("das war ein tausendprozentiger Elfmeter"). Leverkusens Sportdirektor redete sich vor den Kameras des TV-Senders Sky in Rage: "Der Schiedsrichter meinte, es ein bisschen spannender machen zu müssen. Natürlich kann man darüber diskutieren, ob unser Trainer auf die Tribüne muss oder nicht. Aber das liegt in der Entscheidung des Schiedsrichters ... Ich verlange von Herrn Zwayer, dass er unserem Trainer das erklärt, egal ob das in den Regeln steht oder nicht."

Es war ein sehr ernsthafter Vorfall am Sonntag, der in seiner Abwicklung am Ende aber doch ins komödiantische Fach lappte.

© SZ vom 22.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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