24. Spieltag der Bundesliga:Rehhagel besiegt die alte Liebe

Hertha BSC kann doch noch gewinnen: Gegen Otto Rehhagels früheren Klub Werder Bremen siegen die Berliner 1:0. Stuttgart fertigt Hamburg ab und Schalke wundert sich über eine 1:2-Pleite in Freiburg - beim FCK soll Trainer Marco Kurz trotz eines 0:0 gegen Wolfsburg bleiben.

Die Spiele im Überblick

Argwöhnische Fatalisten hatten in Berlin ja schon prognostiziert, dass die Hertha gar kein Spiel mehr gewinnen kann - doch sie hatten die besonderen Motivationskünste von Otto Rehhagel außer Acht gelassen: Bei seinem Heimspiel-Debüt gegen seinen alten Verein Werder Bremen siegte der kriselnde Hauptstadtklub erstmals seit 126 Tagen wieder in der Bundesliga - 1:0 (0:0) stand es am Ende, weshalb der Jubel im Olympiastadion enorm war.

Hertha BSC - Werder Bremen

Jubelnde Berliner: Otto Rehhagel erlebte mit der Hertha gegen Bremen seinen ersten Sieg.

(Foto: dpa)

"Unsere Jungs hatten heute ein bissel die Hosen voll, denn sie wussten: Wenn wir heute verlieren, dann ist alles vorbei. Nun ist ein Anfang gemacht. Ich habe seit Monaten nicht mehr so viel geschrien wie heute," sagte Rehhagel mit heiserer Stimme bei Sky. Hertha-Profi Christian Lell zeigte sich zuversichtlich: "Nach der Art und Weise, wie wir heute gespielt haben, bin ich sicher, dass wir unsere Ziele erreichen."

Mit 23 Punkten steht die Hertha nach dem Sieg erst einmal wieder auf Tabellenplatz 15, der am Saisonende den Klassenverbleib sichern würde. Genau dafür hatten die Verantwortlichen bekanntlich Rehhagel geholt. Den entscheidenden Treffer erzielte am Samstag vor 52.744 Fans der australische Nationalspieler Nikita Rukavytsya (62. Minute). Es war der erste Berliner Sieg im Jahr 2012 und selbstverständlich der erste unter Rehhagel. Werder Bremen (36) steht nach der zweiten Niederlage nacheinander als Sechster noch knapp auf einem internationalen Startplatz.

Der SC Freiburg ist schmerzhafte Ergebnisse durchaus gewohnt, weshalb eine Pleite gegen Schalke 04 sicher nicht schockiert hätte. Doch diesmal lief es anders als erwartet: Das bisherige Schlusslicht der Bundesliga bezwang den Champions-League-Kandidaten mit 2:1 (1:0) und hat damit zumindest vorübergehend den letzten Platz verlassen. Für Schalke ist nach dieser Enttäuschung der Titelkampf vorerst kein Thema mehr - zu schwach präsentierte sich der Klub an diesem Nachmittag.

Sebastian Freis (18. Minute) und Daniel Caligiuri per Foulelfmeter (66.) erzielten vor 24.000 Zuschauern im ausverkauften Stadion die Tore für den Sportclub. "Wir haben uns den Sieg verdient. Wir wollen uns Stück für Stück hocharbeiten, dazu will ich meinen Teil beitragen", sagte Freis. "Das Tor ist für mich eine Genugtuung, aber es zählt nur die Mannschaft."

Teemu Pukki traf für die Gäste zum Anschluss (72.), der jedoch zu spät kam. Der Schalker Kyriakos Papadopoulus sah nach wiederholtem Foulspiel die Gelb-Rote Karte (87.). Beim FC Schalke 04 fehlten Torjäger Klaas-Jan Huntelaar (Kopfverletzung), Jefferson Farfán (ohne Begründung) und Christian Fuchs (Leistenbeschwerden). Ohne den niederländischen Stürmer fehlte den Schalkern die übliche Durchschlagskraft und Gefährlichkeit im Angriff - wenn es so weiter läuft muss sich auch S04 auf weitere schmerzhafte Resultate einstellen.

"Die Niederlage war nicht nötig. Wir hatten in der ersten Halbzeit genug Chancen, aber wir haben das Tor nicht gemacht", sagte der Schalker Mittelfeldspieler Jermaine Jones. "Aber wir dürfen nicht vergessen, dass Huntelaar nicht dabei war. Wir wollen oben um die internationalen Plätze mitspielen, da musst Du in Freiburg mehr holen."

Schwache Hamburger, starker FCA

Thorsten Fink erlebte seine erste schwere Enttäuschung als Trainer des Hamburger SV. Sein Team ließ bei der 0:4 (0:2)-Niederlage gegen den VfB Stuttgart beinahe alles vermissen und verpasste gegen einen direkten Kontrahenten den angestrebten Anschluss an die oberen Mittelfeldränge. Vedad Ibisevic (23. Minute), Zdravko Kuzmanovic (31./47. - jeweils Foulelfmeter) und Martin Harnick (90.) schossen vor 55.263 Zuschauern in der Hamburger Arena die Tore für den VfB, der seinen ersten Auswärtssieg seit dem 30. September feierte und nun wieder Richtung Europa-League-Plätze schauen kann. "Als Sieger vom Platz zu gehen tut uns sehr gut", sagte VfB-Coach Bruno Labbadia, "wir haben taktisch ein sehr gutes Spiel geliefert und jeder hat für Geschlossenheit gesorgt."

Der HSV konnte dagegen auch das vierte Heimspiel dieses Jahres nicht gewinnen und blieb damit in dieser Saison erst zweimal vor eigenem Publikum siegreich. Zu allem Überfluss verloren sie auch noch Stürmer Paolo Guerrero mit einer Roten Karte. Der Peruaner ließ sich in der 54. Minute zu einem brutalen Einsteigen von hinten in die Kniekehle gegen Torwart Sven Ulreich hinreißen.

"Wir haben das heute überhaupt nicht gut gemacht. Wir müssen eine Lösung finden, sonst kommen wir keinen Schritt weiter", warnte Marcell Jansen, der hinzufügte: "Die Aktion von Paolo Guerrero ist unbegreiflich. Der Schiedsrichter hatte gar keine andere Chance, als die Rote Karte zu zeigen."

Dass Hannover 96 es besser kann, zeigte die Mannschaft zuletzt in der Europa League. In der Bundesliga verschenkten die Niedersachsen gegen den Abstiegskandidaten FC Augsburg zwei Punkte. Gegen den frech agierenden Bundesliga-Neuling führte der Europapokal-Achtelfinalist lange, kassierte aber durch einen Elfmeter von Jan-Ingwer Callsen-Bracker (89.) noch das späte 2:2 (1:1).

Dementsprechend unzufrieden zeigte sich Mirko Slomka: "Es waren auch ohne Pogatetz (der verletzt vom Platz musste, Anm. d. Red.) elf Spieler auf dem Platz, da muss man das zuhause einfach gewinnen", sagte Hannovers Trainer mit Blick auf die unstete Leistung seines Teams, lobte aber gleichzeitig den ambitionierten Aufsteiger: "Der Punkt für Augsburg war absolut verdient, wir hätten schon nach einer halben Stunde 3:0 zurückliegen können."

Vor 42.300 Zuschauern in der WM-Arena gelang den Schwaben bereits in der zwölften Minute der Führungstreffer. Nach einem Durcheinander in der Hintermannschaft der Norddeutschen, ausgelöst durch ein zögerliches Eingreifen des Innenverteidigers Emanuel Pogatetz, war FCA-Mittelfeldspieler Axel Bellinghausen mit einem direkt geschossenen Schlenzer von der Strafraumgrenze erfolgreich. Die erste klare Hannoveraner Chance nutzte Karim Haggui per Kopfball zum zwischenzeitlichen Ausgleich (33.). Mame Diouf (69.) drehte das Spiel Mitte der zweiten Halbzeit - für den Sieg reichte es aber nicht, weil Hannover kurz vor Ende in der Abwehr zu chaotisch wirkte und den Elfmeter zum Ausgleich zuließ. "Das war unsere beste Saisonleistung,"sagte FCA-Torschütze Bellinghausen.

Der 1. FC Kaiserslautern bleibt im Jahr 2012 weiterhin ohne Sieg in der Bundesliga. Die Pfälzer kamen daheim gegen den VfL Wolfsburg nicht über ein äußerst mageres 0:0 hinaus und stürzten nach der 14. Partie in Serie ohne dreifachen Punktgewinn ans Tabellenende.

Trotzdem ist die unmittelbare Zukunft von Trainer Marco Kurz offenbar nicht gefährdet. "Der Trainer bleibt", sagte FCK-Vorstandsboss Stefan Kuntz kurz nach der Niederlage. "Die Mannschaft hat heute alles in die Waagschale geworfen, ist aber leider nicht mit drei Punkten belohnt worden", sagte Kuntz. Eine Jobgarantie bis Saisonende wollte der Europameister von 1996 seinem Coach, der einen auch für die Zweite Liga gültigen Vertrag bis 2013 hat, jedoch nicht ausstellen. "Wir wissen alle, dass das ein Tagesgeschäft ist. Wir reden jetzt von Woche zu Woche," meinte Kuntz.

Immerhin stimmte beim FCK im Vergleich zum 0:4 im Derby beim FSV Mainz 05 eine Woche zuvor dieses Mal die kämpferische Einstellung. Der VfL Wolfsburg bleibt nach dem torlosen Remis im 100. Spiel von Felix Magath als Wölfe-Coach Mittelmaß - zumindest steht seine Position als Trainer bei den Niedersachsen derzeit nicht in Frage.

Hier geht's zum Spielbericht Borussia Dortmund - FSV Mainz 05

Hier geht's zum Bericht Bayer Leverkusen - FC Bayern München

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: