Spielertransfers in der Bundesliga:Die Born-Verschwörung

Werder Bremens Vorstandschef Jürgen Born soll an Transfers verdient haben. Der Fall könnte ein Beispiel für die Abkassierer-Mentalität im weltweit populärsten Sport sein.

Jörg Marwedel, Bremen

Jürgen Ludger Born, 68, ist zwar Banker und zählt somit zu einer der aktuell umstrittensten Berufsgruppen. Dennoch war sein Ruf bislang besser als der vieler Kollegen. Denn Born, der einst in Südamerika für die Deutsche Bank arbeitete und Honorarkonsul von Uruguay ist, stand einem Bundesligaklub vor, der als einer der solidesten im Millionengeschäft Fußball galt: Werder Bremen. Seit Samstagabend aber lässt Born sein Amt als Vorsitzender der Werder-Geschäftsführung ruhen. Schon am Mittag hatte der Aufsichtsrat der "Werder Bremen GmbH und Co. KG auf Aktien" unter Vorsitz von Willi Lemke einstimmig beschlossen, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft den Fall Born zu übergeben. Denn nicht nur Lemke fürchtet um das "gute Image" von Werder Bremen.

Werder Bremens Vorstand Jürgen Born

Werder Bremens Vorstandschef Jürgen Born soll an Transfers verdient haben.

(Foto: Foto: dpa)

Ausgerechnet von einer Spielerberatungsagentur namens "Image" soll Born nämlich viel Geld kassiert haben. Bei dieser Agentur ist Werders Stürmer Claudio Pizarro Mitinhaber, den Ton gibt Carlos Delgado an. Dieser ist laut Borns eigenen Worten "ein guter Freund", vor allem aber wichtigster Berater auf dem peruanischen Fußballmarkt. Delgado soll dem Werder-Vorstandschef am 29. August 2001 50.000 Dollar auf das Konto einer Bank in Montevideo überwiesen haben. Angeblich kassierte Jürgen Ludger Born das Geld für den Wechsel des Stürmers Roberto Silva. Der war 2001 als Pizarro-Nachfolger für 1,35 Millionen Dollar zu Werder Bremen gewechselt, absolvierte aber nur sechs Spiele für den Bundesligaklub - ein teurer Flop.

Pikant ist, wie die Sache in die Öffentlichkeit kam. Delgados Noch-Ehefrau Fiorella Fore soll - offenbar aus Rache - der Zeitung La Repubblica belastendes Material zugespielt hat. Ob Born Opfer eines Rufmordes ist oder wirklich mit Spielerberatern zu seinem eigenen Vorteil Geschäfte gemacht hat, soll jetzt schnellstmöglich herausgefunden werden. Seine Version lautet anders: Er habe seinem Freund Delgado 50.000 Dollar für eine Weltreise vorgestreckt, die dieser später zurückgezahlt habe.

Diese Erklärung gilt Kennern des Fußball-Business als wenig glaubwürdig. Der Fall des Werder-Chefs sei womöglich eher ein Beispiel für die Abkassierer-Mentalität im weltweit populärsten Sport. In England gibt es Urteile über Trainer, die an Spielertransfers mitverdient haben. In Deutschland muss der frühere Manager von Bayer Leverkusen, Reiner Calmund, mit Vorwürfen leben, viel Geld auf illegale Weise hin- und hergeschoben zu haben. Etliche Trainer, von Otto Rehhagel bis zu Frank Pagelsdorf oder Vorstandsmitglieder wie der frühere Boss des 1.FC Kaiserslautern, Jürgen Friedrich, haben am liebsten mit einem gut vertrauten Berater zusammengearbeitet. Die Gerüchte sind nie verstummt, dass das auch finanziell nicht von Nachteil für sie war. Der frühere Bundesliga-Trainer Klaus Toppmöller sagte: "Der normale Fan soll froh sein, dass er nicht weiß, was hinter den Kulissen vorgeht."

50.000 Dollar, wie sie Born bekommen haben soll, gelten dabei nicht als außergewöhnlich hohe Summe. Meistens sind Transaktionen allerdings nicht nachzuweisen, denn das Geld geht selten so direkt auf ein Konto wie es bei Born der Fall war. Und noch seltener spielt die Rache einer Ehefrau eine entscheidende Rolle. Auch in Werders Aufsichtsgremium wird gerätselt, ob die Weltreise-Erklärung des Vorstandschefs nur eine Ausrede ist. "Vielleicht", witzelte einer aus dem Werder-Ausschuss, "gehört ja dem Born sogar die ganze Bank in Montevideo".

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