Spielabbrüche bei den US Open:Rumhumpeln für 39 500 Dollar

Williams of the U.S. talks to Diatchenko of Russia after Diatchenko retired from their match after an injury at the U.S. Open Championships tennis tournament in New York

21 Minuten durchgehalten: Vitalia Dijatschenko (r.) im Gespräch mit Siegerin Serena Williams.

(Foto: REUTERS)
  • Die Russin Witalia Dijatschenko humpelte gegen Serena Williams über den Platz wie ein verwundetes Reh - und hielt 21 Minuten durch.
  • Die Regeln im Tennis besagen, dass nur derjenige Geld und Weltranglistenpunkte bekommt, der spielt.
  • Dieses Vorgehen sollte auch deshalb keine Schule machen, weil sonst gar wunderbare Geschichten verhindert werden.

Von Jürgen Schmieder, New York

Maria Scharapowa ist der breiten Öffentlichkeit als herausragende Tennisspielerin mit Hang zu starren Mundwinkeln bekannt, doch natürlich ist ihre Arbeit auf dem Platz fast als erträgliche Nebenbeschäftigung zu begreifen. Sie hat im vergangenen Jahr 6,7 Millionen Dollar an Preisgeld verdient - nicht wenig, gewiss, doch kamen über Werbeverträge und öffentliche Auftritte noch einmal 23 Millionen Dollar hinzu. Zudem verkauft die junge Frau überaus erfolgreich Gummibärchen, im Jahr 2014 wurden drei Millionen Päckchen Sugarpovas abgesetzt. Scharapowa ist seit elf Jahren die bestverdienende Sportlerin - oder eher: die sportlichste Bestverdienerin.

So jemand muss sich für 39 500 Dollar nicht anstrengen - schon gar nicht, wenn der Fuß schmerzt. Scharapowa sagte ihre Teilnahme an den US Open wegen einer Verletzung ab, an ihrer Stelle rückte Daria Kasatkina ins Hauptfeld nach, als sogenannter Lucky Loser aus der Qualifikation - und bekam alleine für die Teilnahme an der ersten Runde die oben erwähnte Summe.

Wie ein verwundetes Reh

Nicht jede Tennisspielerin allerdings produziert nebenbei Gummibärchen und verdient derart prächtig wie Scharapowa. Die meisten können jeden Cent gebrauchen, um sich den Verbleib auf der Tour zu finanzieren. Das sollten sich all jene vor Augen führen, die das erste Spiel von Serena Williams als Farce bezeichnen. Ihre Gegnerin, die Russin Witalia Dijatschenko, humpelte über den Platz wie ein verwundetes Reh. Sie schaffte in den 21 Minuten Spielzeit mehr Doppelfehler (sechs) als Punktgewinne, ihre Aufschläge sahen aus wie die von einem Kind. So mancher Besucher fragte sich: Das ist die Nummer 86 der Welt? Wenn es weltweit nur 85 Spielerinnen gibt, die besser sind als Dijatschenko, dann hat das Frauentennis ein gewaltiges Problem.

Das Tennis hat tatsächlich ein Problem, die Regeln besagen nämlich, dass nur derjenige Geld und Weltranglistenpunkte bekommt, der spielt. Nein, noch schlimmer: Geld bekommt der, der wenigstens ein paar Minuten lang über den Platz humpelt, was bei diesen US Open zu grotesken Momenten führte. Die Neuseeländerin Marina Erakovic brach die Partie gegen Simona Halep ab und erklärte danach, schon vorher verletzt gewesen zu sein und schon zu Beginn des Matches gelitten zu haben. Alexander Dolgopolow hörte vorzeitig gegen Sam Groth auf und entschuldigte sich damit, noch erschöpft gewesen zu sein vom Turnier in Cincinnati. Die zwölf Spielabbrüche in der ersten Runde sind die meisten in der Grand-Slam-Geschichte.

39 500 Dollar für ein paar Doppelfehler und ins Publikum gebolzte Bälle, das hört sich nicht schlecht an. Dennoch sollte dieses Vorgehen keine Schule machen - nicht nur wegen der teils lächerlichen Vorstellungen, sondern auch deshalb, weil dadurch gar wunderbare Geschichten verhindert werden wie zum Beispiel die von Daria Kasatkina, der Ersatzfrau von Scharapowa. Die erst 18 Jahre alte Russin gewann nämlich ihre erste Partie gegen Daria Gavrilova aus Australien und besiegte am Mittwoch noch Ana Konjuh (Kroatien). Damit hat sie bei diesen US Open bereits 120 200 Dollar verdient - das sind genau 70 079 Dollar mehr, als sie bislang insgesamt in ihrer Karriere eingenommen hatte.

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