Spanische Verhältnisse in der Bundesliga:"Da lachen ja die Hühner"

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Gegen spanische Verhältnisse in der Bundesliga: Uli Hoeneß gibt an, sich für kleine Klubs einsetzen zu wollen. (Foto: dpa)

Nach den Macht-Demonstrationen des FC Bayern und von Borussia Dortmund wird lebhaft über die Kräfteverhältnisse in der Fußball-Bundesliga diskutiert. Ausgerechnet Bayern-Präsident Uli Hoeneß will nun die Liga stärker machen - aber die misstraut dem Plan.

Von Claudio Catuogno

Mit Hans-Joachim Watzke hat Uli Hoeneß schon über das Problem gesprochen, das darf man als Beleg werten, dass es ihm Ernst ist damit. Mit dem Vorstandschef des Rivalen Borussia Dortmund bespricht der Präsident des FC Bayern sonst nur das Nötigste. Die beiden Männer mögen sich nicht besonders. Aber das Problem ist nun mal mit Händen zu greifen. Es lautet: Die Bundesliga ist zu schlecht.

Natürlich nicht jener Teil der Liga, der gerade ins Halbfinale der Champions League vorgestoßen ist - also Bayern und Dortmund. Sondern jener Rest, der nicht selten schon mit der weißen Fahne wedelt, wenn es gegen die zwei Branchenführer geht. 4:0 haben die Bayern am Samstag gegen Nürnberg gewonnen, 6:1 die Dortmunder in Fürth, beiden genügte dafür eine mit Jugendspielern aufgefüllte B-Elf.

War es nicht seit jeher der Markenkern der Bundesliga, dass jeder jeden schlagen konnte? Und hat nicht auch dieser Umstand dazu beigetragen, dass sie die publikumsstärkste Liga der Welt wurde? Perdu. "Spanische Verhältnisse" - das Wort macht derzeit die Runde, angelehnt an die Dominanz von Real Madrid und FC Barcelona in der Primera División. Spanische Verhältnisse. Fast klingt das, als handele es sich um eine besonders fiese Grippe.

Und Hoeneß sucht jetzt das Gegenmittel? "Es gibt ein großes Leistungsgefälle in der Liga", sagte er dem kicker, "das kann uns nicht recht sein. Wir müssen analysieren, warum das so ist." Mit Watzke habe er sich bereits ausgetauscht. 4:0, 6:1, 9:2: "Wir sehen Handlungsbedarf", wähnt sich der Bayern-Präsident mit dem BVB-Boss einig, "es kann auf Dauer nicht sein, dass solche Ergebnisse zustande kommen." Nach der Saison wolle man gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten suchen.

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Das wäre in der Tat ein bemerkenswertes Treffen: Zwei Männer, in herzlicher Abneigung verbunden, setzen sich bei einem Glas Wein zusammen - und überlegen dann mal, wie sie wieder so inkonstant und besiegbar werden können, dass die anderen 16 auch mal eine Chance haben?

So dürfte das auch wieder nicht gemeint sein mit der Verkleinerung des Leistungsgefälles, Watzke betont sogar: "Wir machen da keine Arbeitsgruppe." Wenn er sich über das Thema mit Hoeneß austausche, dann nicht über die Medien. Beim BVB-Vorstandschef klingt schon weniger Eifer durch, die Wettbewerbsfähigkeit der Konkurrenz zu stärken. Andere, etwa Werder Bremen, hätten ja auch "über Jahre Champions League gespielt, da frage ich mich: Wo ist das Geld geblieben?"

Und tatsächlich ist der Zielkonflikt unübersehbar: In erster Linie arbeiten Watzke und Hoeneß ja daran, ihre Klubs an der Spitze zu etablieren, Hoeneß hat das einst so beschrieben: "Wir müssen dafür sorgen, dass wieder das Wehklagen einsetzt, wenn die anderen uns in der Tabelle mit dem Fernglas anschauen." Und nun wollen ausgerechnet diese beiden die Kluft schließen?

Heribert Bruchhagen hat jedenfalls herzhaft gelacht, als er davon gehört hat. Der Vorstandschef von Eintracht Frankfurt, einem der soliden Mittelklasseklubs, erinnert daran, dass er "schon vor zwanzig Jahren diese Entwicklung vorhergesagt" habe: "Die Kluft wird immer größer." Dafür sei er von Hoeneß "medial verprügelt worden".

Und nun wolle ausgerechnet Hoeneß "den Samariter spielen - da lachen ja die Hühner". Bruchhagen, der Wert darauf legt, dass er mit dem Bayern-Präsidenten privat befreundet ist, kommt bei der Vorstellung regelrecht in Fahrt: "Da wird doch der Bock zum Gärtner gemacht!"

Der Rest der Liga scheint sich nur begrenzt helfen lassen zu wollen beim Kampf gegen spanische Verhältnisse. Den Eindruck erweckt auch Martin Kind, der Chef von Hannover 96: "Sollte Hoeneß da aber einen Solidargedanken entwickeln, wäre das spannend", sagt er. Kind vergisst auch nicht zu erwähnen, dass die Münchner die Zentralvermarktung der Fernsehrechte durch die Liga immer mittrugen, "die haben da im Vergleich zu Spanien auf viel Geld verzichtet".

Verhindert hat aber auch dieses Entgegenkommen nicht, dass von den zwei Milliarden Euro Umsatz, die von den 18 Erstligisten pro Jahr erwirtschaftet werden, alleine auf die Bayern (ca. 400 Millionen) und Dortmund (ca. 250 Millionen) fast ein Drittel entfallen. "Der Abstand ist nicht aufzuholen", glaubt Kind.

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Spanische Verhältnisse also - oder Momentaufnahme? Peter Peters, der Finanz-Vorstand des Verfolgers Schalke 04, macht sich bisher noch Mut mit der Einschätzung, "für eine Periodenbetrachtung" sei zumindest der Erfolg des BVB noch "zu frisch". Sollte er von Hoeneß oder Watzke dennoch nach einem Vorschlag für mehr Verteilungsgerechtigkeit gefragt werden, so hätte Peters wohl den gleichen, den man auch bei den Managern anderer Europa-League-Klubs erfragen könnte, wie auch bei Heribert Bruchhagen: die Europa League, wo es nur einen Bruchteil zu verdienen gibt, im Vergleich zur Champions League finanziell aufzuwerten.

"Ich könnte Hoeneß auch sagen, bei wem er da intervenieren muss", sagt Bruchhagen. Etwa beim Vorsitzenden der mächtigen Klub-Vereinigung ECA. Der heißt: Karl-Heinz Rummenigge.

© SZ vom 16.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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