Spaniens Aus bei der Fußball-WM:Tiki-Taka fährt nach Hause

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Casillas, Iniesta, Torres: Sie haben alles gewonnen - bei dieser WM endet ihre Serie. (Foto: dpa)

Weltmeisterlich gescheitert: Titelverteidiger Spanien verliert auch sein zweites Gruppenspiel gegen Chile - und scheidet nach einem 0:2 bereits in der Vorrunde aus. Gegen die geschickten Südamerikaner offenbart sich einmal mehr, dass die Selección nicht mehr genügend Wucht entwickeln kann. Damit ist eine Ära fürs Erste vorbei.

Von Peter Burghardt, Rio de Janeiro

Kurz bevor Spaniens Nationalmannschaft bei dieser WM endgültig abstürzte, trat in Madrid der König ab. Juan Carlos überlässt die Krone nach 39 Jahren seinem Sohn Philipp VI., ein historischer Moment. Danach erlebten vermutlich auch die spanischen Monarchen im fernen Madrid, wie einige Tausend Kilometer entfernt in Rio de Janeiro die heimische Fußball-Auswahl mit dem königlichen Banner auf der Brust vom Thron stürzte. Nach der 0:2-Niederlage am Mittwochabend im Maracanã-Stadion ist der Weltmeister von 2010 in Brasilien nach der Vorrunde ausgeschieden.

Dem 1:5-Debakel beim Start gegen die Niederlande folgte ein weiteres Desaster. Zwei Spiele, null Punkte, 1:7 Tore. Nach zwei Europameisterschaften und einem WM-Titel ist die spanische Ära fürs Erste vorbei, in Rio wird der Pokal am 13. Juli an eine andere Equipe vergeben.

Den Rest gab den Spaniern in dieser mythischen und überrenovierten Arena unter gleißendem Flutlicht ein inspiriertes Ensemble aus Chile, mit dem bei diesem Turnier zu rechnen sein wird. Schnell, dynamisch, zielstrebig, ideenreich.

Stürmisch war bereits eine Schar von Anhängern aus dem Land zwischen Anden und Pazifik, die Hundertschaft enterte vor Anpfiff überraschend über einen Nebeneingang das Pressezentrum und machte sich ohne Eintrittskarten Richtung Tribünen auf. Am Rande des Reporterraumes gingen während des Flashmobs ein paar Wände zu Bruch, ehe die Polizei zugriff.

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:Flashmob im Pressezentrum

Eine Gruppe chilenischer Fans entert vor dem Spiel gegen Spanien den Pressebereich des Estádio do Maracanã in Rio. Interessant ist die Reaktion der Journalisten. Was SZ-Reporter in Brasilien erleben.

Von Claudio Catuogno

Beim Gesang waren die erlaubt anwesenden Chilenen dann ebenfalls offensiv, was damit zu tun hatte, dass sie erstens in der Mehrheit waren und ihre Nationalhymne anders als die von Spanien einen Text besitzt. Auch begannen ihre Männer in den weißen Dressen auf dem Rasen enorm schwungvoll, als die schicksalshafte Partie losging. Der erste Versuch von Gonzalo Jara rutschte bereits nach zwei Minuten am spanischen Tor vorbei, und man hatte auch in diesem zweiten Spiel der Spanier schnell den Verdacht, dass der Titelverteidiger nach wie vor nicht in Hochform ist.

Trainer Vicente Del Bosque hatte statt des zuletzt schwachen Manndeckers Gerard Piqué den Bayern Javi Martínez in die Startelf geholt und für den indisponierten Künstler Xavi Hernández dessen Kollegen Pedro Rodríguez vom FC Barcelona. Der sollte neben David Silva hinter der Sturmspitze Diego Costa angreifen - der gebürtige Brasilianer Costa erlebte im Alter von 25 Jahren sein Debüt im Maracanã und könnte sich bis zu einer Auswechslung kurz vor Schluss mehrfach gefragt haben, ob er sich nicht lieber für die brasilianische Seleção hätte entscheiden sollen. Die Chilenen und auch einige Brasilianer pfiffen ihn von Anfang bis zum Ende nach Kräften aus.

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Überhaupt mussten sich die Spanier vorgekommen sein wie Fremde. Xabi Alonso probierte nach einer Viertelstunde sein Glück, doch da war nicht mehr viel von La Furia, der Furie, und der spanischen Leichtigkeit von 2008 bis 2012. Im Grunde hatte Del Bosques Team seine Unschuld bereits vor knapp einem Jahr an dieser Stelle beim 0:3 im Finale des Konföderationen-Pokals gegen Brasilien verloren. Pässe liefen ins Leere, die einst so traumhaft flüssigen Kombinationen aus der Ära des Tiki-Taka misslangen.

Nach 20 Minuten nahm das Schicksal dann auch diesmal seinen Lauf. Alexis Sánchez, bei Barça Mitstreiter vieler seiner spanischen Gegenspieler, bediente Charles Aranguiz, der trat die Kugel zu Eduardo Vargas vom FC Valencia. Vargas schlug zwei Haken, Sergio Ramos rutschte ins Leere, und Vargas schoss vorbei an Torwart Iker Casillas ins Netz, 0:1.

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Ratlos saß Del Bosque mit seinem Seehundschnauzer auf der Bank, Xabi Alonsos verzweifelter Distanzschuss flog nachher über das chilenische Tor. Das war wieder nicht das Spiel der Spanier, obwohl La Roja anders als beim ersten Teil des Dramas vor vier Tagen immerhin in ihrem traditionellen Rot gekleidet war.

Nur zwei Wechsel nach der Abfuhr gegen die Holländer waren zu wenig, obendrein setzte kurz vor der Pause der in seiner Karriere oft so grandiose Schlussmann und Kapitän Casillas seine neue Schwächeperiode fort. Sánchez' Freistoß ließ er unglücklich abprallen, Aranguiz nutzte die Vorlage, 0:2.

Da näherte sich Spanien bereits zur Halbzeit seines zweiten WM-Spiels 2014 der baldigen Heimreise. Del Bosque brachte für die zweite Halbzeit Koke von Atlético Madrid für den ebenso wackeren wie erfolglosen Xabi Alonso. Erst hätte Diego Costa dann für Hoffnung sorgen können, doch er scheiterte allein vor Chiles Tormann Claudio Bravo. Dann war Sergio Busquets an der Reihe, aus nächster Nähe rollte sein Versuch nach David Silvas Freistoß am linken Pfosten vorbei.

Das Publikum rief "Olé" und "Chile", während Spanien litt, so ändern sich die Zeiten. Auch Fernando Torres für den bedauernswerten Diego Costa und Santi Cazorla für Pedro blieben Staffage. Vier Jahre nach dem Triumph von Johannesburg ist Spaniens große Zeit auf dem Feld bis auf weiteres nur noch eine wunderbare Vergangenheit.

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