Süddeutsche Zeitung

Spanien:Millionenschwere Praktika

Spanische Erstliga-Klubs besetzen in der Rückrunde Planstellen in ihren Teams mit saudi-arabischen Nationalspielern - ein Deal, der unter anderem den Protest der Spielergewerkschaft hervorruft.

Von Javier Cáceres

Es muss sich nicht grämen, wer die Namen Salem Al Dawsari, Yahia Sheri oder Fahad Muwallad noch nicht gehört hat. Ihren künftigen Chefs, den Trainern der spanischen Erstligisten FC Villarreal, CD Leganés beziehungsweise UD Levante ging das neulich nicht anders; das Sammelbilder-Album für die Fußballweltmeisterschaft in Russland 2018 ist ja noch nicht erschienen. Die drei Spieler dürften dort auftauchen, denn sie sind Nationalspieler von Saudi-Arabien, das gegen Russland das WM-Eröffnungsspiel bestreiten wird. Auf ebendiese WM sollen sich diese Spieler nun also in Spaniens erster Liga vorbereiten; weitere sechs Profis mit WM-Optionen kommen in vier Klubs der zweiten Liga unter. Auf Weisung ihrer Regierung, die das eigentümliche Geschäft bezahlt: Für die Besetzung einer ihrer 25 Planstellen mit saudischen Profis erhalten die aufnehmenden Klubs, darunter Traditionsvereine wie Rayo Vallecano oder Sporting Gijón, angeblich Summen zwischen einer und fünf Millionen Euro. Eine vertragliche Verpflichtung, den Saudis auch Spielpraxis zu gönnen, besteht angeblich nicht.

Organisiert hat den Deal Spaniens Fußball-Liga LFP, die dem Vernehmen nach recht stolz ist auf das weitgehend einmalige Geschäft, sich aber jenseits einer Pressemitteilung und einer Vorstellung in Riad in Schweigen hüllt. Bekannt ist, dass die LFP vor Monaten einen Rundbrief an alle Profiklubs geschickt hatte, in dem das Interesse der Saudis erklärt wurde, ihren Spielern eine Art Praktikum angedeihen zu lassen. Es folgte ein Scouting, sieben von 42 Klubs zeigten Interesse, vor allem an den Petrodollars, die für die Leihe und Sponsorenverträge fließen sollen. Die LFP wiederum hofft, ihre Übertragungsrechte im arabischen Raum teurer als bisher verkaufen zu können. Der LFP-Botschafter für den arabischen Raum, Fernando Sanz, hält das Interesse für garantiert: "Der, den Levante geholt hat (der 23-jährige Muwallad, Anm. d. Redaktion), ist ein absoluter Star. Er ist der Cristiano oder Messi von Saudi-Arabien!" Einen Vorgeschmack auf das gesteigerte Interesse erhielt der FC Villarreal, dessen Internet-Auftritt nach Bekanntgabe des Wechsels von Al Dawsari, 26, unter dem Ansturm arabischer Fans zusammenbrach.

Der spanischen Profi-Gewerkschaft AFE ist der Deal freilich ein Dorn im Auge. Er füge sich ein in eine Reihe von "besorgniserregenden Entwicklungen" wie der Zerstückelung der Spieltage oder dem Verlust von Arbeitsplätzen für spanische Nachwuchsfußballer - was dafür stünde, dass alles nur noch dem Geld untergeordnet werde.

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Quelle:
SZ vom 24.01.2018
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