Spanien gegen Malta:Nach der Halbzeit fühlte er sich "besoffen"

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Ein Tor, das ohne den Kantersieg gegen Malta nicht passiert wäre: Maceda (l.) erzielt bei der EM 1984 gegen Toni Schumacher Spaniens 1:0-Siegtreffer (Foto: dpa)
  • Der 12:1-Sieg der Spanier gegen Malta gehört zu den ruhmreichsten Geschichten des spanischen Fußballs.
  • Doch nun unterstellen Maltas Fußballveteranen den spanischen Rivalen, gedopt gewesen - und ihrerseits von unbekannter Hand in der Halbzeit "vergiftet" worden zu sein.
  • In Spanien sorgen die Aussagen für eine Mischung aus Amüsement, Unglauben und Empörung.

Von Javier Cáceres

Wenn es vor dem Sieg im WM-Finale 2010 gegen die Niederlande je ein Fußball-Ereignis gegeben hatte, bei dem alle Spanier wussten, wo sie in diesem Moment waren, dann vor allem dieses Spiel: der sagenhafte 12:1-Sieg in Sevilla gegen die Amateure aus Malta. 1983 trug er sich zu, und jene, die damals vor dem Fernseher saßen, haben noch immer in den Ohren, wie sich die Stimme von TVE-Reporter José Ángel de la Casa überschlug, als Juan Señor in der 84. Minute das zwölfte Tor erzielte.

Jahrelang waren viele Spanier überzeugt, dass den Maltesern in der Kabine ein Koffer voller Geld überreicht worden war. Dass es nur mit rechten Dingen zugegangen sein soll, wollte keiner glauben. Die Rahmenbedingungen waren denkbar ungünstig gewesen: Spanien musste gegen Malta mit elf Toren Unterschied gewinnen, um sich noch für die EM 1984 in Frankreich zu qualifizieren. Drei Tage zuvor hatten Holland mit Gullit, van Basten und Rijkaard die Malteser mit 5:0 verprügelt und sich damit die Tabellenführung in der Gruppe gesichert.

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Jetzt wirft eine Dokumentation der Fußballsendung Fiebre Maldini ein neues Licht auf diese legendäre Nacht. Denn Maltas Fußball-Veteranen unterstellen den spanischen Rivalen, gedopt gewesen zu sein - und ihrerseits von unbekannter Hand in der Halbzeit "vergiftet" worden zu sein. Mit Zitronen.

Schon die Anreise der Malteser war von Qualen und Schikanen geprägt gewesen. Wegen eines Unwetters über Spanien hatten sie erst mit einem Tag Verzögerung aufbrechen können; als sie in Sevilla angekommen waren, bot man ihnen an, um 22 Uhr trainieren. Dumm nur, dass der Platz nach einem Wolkenbruch unter Wasser stand; zudem war niemand aufzutreiben, der einen Schlüssel hatte und das Flutlicht einschalten konnte. Einen Ausweichplatz lehnte Maltas Trainer ab. Zudem soll das Hotel, in dem die Gäste untergebracht waren, unterirdisch gewesen sein - ohne Restaurant; zum Frühstück hätte man in ein Lokal gehen müssen, hieß es nun. Doch das Schlimmste sei das Spiel gewesen.

Ein kleiner Mann im weißen Kittel brachte "bereits aufgeschnittene" Zitronen

Zunächst waren die Malteser, die das Hinspiel auf dem Holperrasen von La Valetta nur knapp verloren hatten (2:3), frohen Mutes. Señor vergab zu Beginn der Partie einen Elfmeter, und nachdem Santillana (15.) die Führung erzielt hatte, glich Silvio Demanuele (24.) aus. Dass es zur Halbzeit 3:1 für Spanien stand, war auch der Müdigkeit der Malteser geschuldet. Sie waren reine Amateure; und zwei Spiele gegen Profis in drei Tagen steckt man umso schlechter weg, wenn man nur 16 Spieler dabei hat, weil das Geld nicht für einen größeren Kader, aber für die Ehefrauen von acht Verbandsfunktionären reichte. Dennoch: Nichts deutete auf den Wahnsinn hin, der sich nach der Pause ereignete: neun Tore in weniger als 45 Minuten.

Der damalige Malta-Nationaltrainer Scerri berichtete nun, dass "ein kleiner Mann im weißen Kittel" in der Kabine aufgetaucht sei und "bereits aufgeschnittene" Zitronen gereicht habe: "Die Spieler lutschten sie aus und fühlten sich danach schlecht. Sie fragten mich: 'Kann es sein, dass sie uns unter Drogen gesetzt haben?'. Wir hatten keine Beweise, und ich hoffe, dass Spanien nichts davon gemacht hat, den sonst wäre der Fußball am Ende." Maltas Torschütze Demanuele berichtete dass er sich "besoffen" gefühlt habe, "als ob ich die ganze Nacht feiern gewesen wäre".

Und Demanuele hat noch eine andere pikante Erinnerung: "Die Energie der Spanier war jenseits des Normalen. Einige hatten Schaum auf den Lippen, ihnen floß flüssige Säure aus dem Mund, und sie hörten nicht auf, Wasser zu trinken." Sein Verdacht: Die Spanier waren gedopt. "Ich habe einen Bruder, der Bodybuilder war. Ich weiß, was passiert, wenn man Steroide nimmt." Sein Teamkollege Fabri erklärte, auch der türkische Schiedsrichter Erkan Göksel habe mitgeholfen: "Er pfiff gegen uns, Spanien brauchte Hilfe. Uns gestand er nichts zu - den Diven, den Spaniern, alles."

In Spanien sorgten die Enthüllungen für eine Mischung aus Amüsement, Unglauben und Empörung. Der damalige Torwart Paco Buyo nannte die Anwürfe "surreal"; Kapitän José Antonio Camacho fragte sich, warum die Malteser denn die Zitronen genommen hätten. Die Dopingvorwürfe seien "ein Irrwitz", die den "Mangel an Klasse" der Malteser belegten, und auch den Zahn der Zeit: "Wenn man in ein gewisses Alter kommt, fängt man an zu sabbern."

© SZ vom 21.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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