Spanien:57 Zentimeter

Bislang weigerte man sich in der spanischen Fußball-Liga, Torlinientechnik einzusetzen, wie sie in Deutschland, Italien und England inzwischen nicht wegzudenken ist. Nach einer krassen Fehlentscheidung gegen Barça dürfte die Debatte von Neuem beginnen.

Von JAVIER CÁCERES, Berlin

Auch im nordrhein-westfälischen Würselen wird die spanische Liga aufmerksam verfolgt. Und was dort beim Spiel Betis Sevilla gegen den FC Barcelona (1:1) geschah, ließ am Montag bei der Würselener Firma GoalControl, die auf die so genannte Torlinientechnik spezialisiert ist, die Hoffnung keimen, "dass sich die Spanier doch noch einen Ruck" geben, wie Ex-Nationalspieler Simon Rolfes sagt, der inzwischen Vorstandschef bei GoalControl ist. Bisher hat der spanische Ligaverband LFP keine Anstalten gemacht, es Deutschland, Frankreich und Italien gleichzutun und die computergestützte Torlinientechnik (Hawk-Eye) anzuwenden. Doch ein nicht gegebenes Tor für den FC Barcelona hat die Debatte in Spanien nun entfacht.

Kurz nach dem 1:0 für Betis war der Ball nach einem Schuss von Barças Linksverteidiger Jordi Alba (77.) klar hinter der Linie gelandet (57 Zentimeter, wie ein Sender aufgrund der TV-Bilder später errechnete), ehe Betis-Verteidiger Mandi den Ball ins Feld zurück schlug. Kuriosität am Rande: Beinahe zeitgleich besiegelte eine Hawk-Eye-Entscheidung den Titelgewinn von Roger Federer bei den Australian Open im Tennis. "Der Ball war drin", sagte Barcelonas Trainer Luis Enrique.

"Die Referees brauchen Hilfe, und man kann sie mit technischen Mitteln leisten." Warum sie unterlassen wird? Der Verband RFEF, der bei einer Einführung ein Wörtchen mitzureden hätte, hüllte sich in Schweigen. RFEF-Präsident Ángel María Villar gilt als Gegner der Technik. Beim Ligaverband LFP hieß es, aufgrund der wirtschaftlichen Probleme sei die Sanierung der Klubs prioritär gewesen. Von der Einführung der Torlinientechnik von GoalControl oder dem in der Bundesliga eingesetzten britischen Konkurrenten Hawk Eye habe man aber nur "vorerst" abgesehen, heißt es jetzt. Sie würde etwa vier Millionen Euro jährlich kosten und nur bei zwei, drei Toren pro Jahr zum Einsatz kommen. Barça kam die Knauserigkeit der LFP teuer zu stehen. Der Ausgleich fiel in der 90. Minute - und damit zu spät. Real Madrid siegte gegen Real Sociedad San Sebastián (3:0) und führt in der Tabelle mit vier Punkten vor Barça und dem FC Sevilla, der sich auch benachteiligt fühlte. Sevilla musste bei RCD Espanyol wegen einer Fehlentscheidung 87 Minuten lang zu zehnt spielen - und verlor 1:3.

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