Sorgen bei Dirk Nowitzki:In der NBA kracht es

Aufgrund eines Tarifstreits haben die NBA-Klubs nur wenig Zeit für Transfers, Spieler und Vereine sind in Aufruhr. Die Los Angeles Lakers und die New York Knicks wollen aufrüsten - doch die Liga verhinderte in der Nacht zum Freitag bereits den Wechsel eines prägenden Spielers. Auch das Meisterteam um Dirk Nowitzki droht zu zerfallen.

Jürgen Schmieder

Dirk Nowitzki ist offensichtlich unzufrieden. "Was zum Teufel ist da los", schreibt er auf seiner Twitter-Seite. Er echauffiert sich über die Temperaturen in Dallas ("genauso kalt wie in Deutschland") und darüber, dass er schon um fünf Uhr morgens hellwach ist: "Jetlag ist ein Biest."

Dallas Mavericks forward Dirk Nowitzki and teammate Tyson Chandler react as they defeat the Miami Heat to win the NBA Championship in Miami

Dirk Nowitzki (im Bild mit dem wechselwilligen Tyson Chandler) vor dem Start des Trainingslagers: "Es wird die turbulenteste Vorbereitung meines Lebens."

(Foto: REUTERS)

Über den Irrsinn, der an diesem Freitag in der nordamerikanischen Basketballliga NBA beginnen wird, sagt Nowitzki nur: "Es wird die turbulenteste Vorbereitung meines Lebens." Sieben von Nowitzkis Teamkollegen stehen derzeit ohne Vertrag da, das Meisterteam der Dallas Mavericks droht zu zerfallen.

Gewöhnlich haben die Vereine mehr als vier Monate Zeit, Verträge zu verlängern, Transfers zu tätigen oder vertragslose Akteure zu verpflichten. Aufgrund des Streits um einen neuen Tarifvertrag, der 149 Tage andauernden Aussperrung und des damit verbundenen Verbots, dass sich Akteure und Verantwortliche überhaupt unterhalten, gibt es nun eine Transferperiode auf Speed: Am Freitag startet nicht nur das Trainingslager, von diesem Tag an dürfen neue Verträge unterschrieben werden.

Nur 16 Tage später, am 25. Dezember, beginnt die auf 66 Spiele verkürzte neue Saison: Zuerst spielen die New York Knicks und die Boston Celtics gegeneinander, gleich danach die Finalisten der vergangenen Saison, die Dallas Mavericks und Miami Heat.

Der neue Tarifvertrag ermöglicht es den Vereinen nach wie vor, interessante Transfers zu tätigen - und Nowitzkis Mavericks haben mehrere interessante Spieler auf dem Markt. Center Tyson Chandler war in der vergangenen Saison laut Nowitzki "einer der Schlüssel für unseren Titel, er hat uns mit seiner Mentalität enorm geholfen".

Nun wird er mit einem halben Dutzend Vereine in Verbindung gebracht. Chandler sagt: "Ich gehe davon aus, mit einem neuen Team ins Traininscamp zu gehen." Favoriten auf eine Verpflichtung sind derzeit die New York Knicks. "Er würde sehr gut zu uns passen", sagt Carmelo Anthony, New Yorks prägender Akteur. Der zuletzt lange verletzte Flügelspieler Caron Butler steht offenbar vor einem Engagement bei den Los Angeles Clippers.

Die anderen Mavericks-Akteure ohne Vertrag sind J.J. Barea, DeShawn Stevenson, Peja Stojakovic, Brian Cardinal und Alexis Ajinca. "Es sieht nicht gut aus hier in Dallas", klagt Barea, "es ist enttäuschend, dass man hier nicht das tut, was nötig ist, um das Meisterteam zusammenzuhalten." Besitzer Mark Cuban will seinen Spielern offenbar nur Ein-Jahres-Verträge anbieten, um nach der kommenden Saison prominente Zugänge präsentieren zu können.

Aufgrund der Gehaltsobergrenzen und Wechselregeln gilt das Timing bei Verhandlungen im amerikanischen Sport als entscheidender Faktor für Erfolg auf dem Transfermarkt: Welcher Spieler muss schnell von der Gehaltsliste gestrichen werden, damit ein anderer einen besser dotierten Vertrag bekommen kann? Wer kommt nach der kommenden Spielzeit auf den Markt? Welcher Konkurrent lässt sich auf einen Transfer ein?

Normalerweise werden diese Fragen monatelang debattiert, in diesem Jahr verdichten sich die Gespräche auf weniger als drei Wochen. Die Ziele: eine spektakuläre Verpflichtung, ein Tranfers-Coup, ein sogenannter Blockbuster-Deal.

NBA verbietet Transfer

Die Los Angeles Lakers, in der Vorsaison in der zweiten Play-off-Runde kläglich an den Mavericks gescheitert, planen offensichtlich gleich mehrere dieser Blockbuster-Deals: Der Verein sei bereit, so heißt es, mehrere Akteure abzugeben, um ihrem prägenden Akteur Kobe Bryant sowohl Center Dwight Howard (derzeit Orlando Magic) als auch Aufbauspieler Chris Paul (New Orleans Hornets) an die Seite zu stellen.

In der Nacht zum Freitag hat die NBA jedoch einen Wechsel von Paul zu den Lakers abgelehnt. Im Gegensatz zu anderen Klubs, die meist Einzelpersonen gehören, befinden sich die New Orleans Hornets im Besitz der Liga. 45 Minuten nach der Einigung zwischen Hornets, Lakers und den ebenfalls involvierten Houston Rockets soll NBA-Boss David Stern laut New York Times sein Veto eingelegt haben.

Die Zeitung zitiert dabei einen Verantwortlichen, der bei den Verhandlungen der Vereine dabei war: "Die Liga hat den Transfer gekillt. Das bedeutet, dass sie diktiert, wohin Spieler wechseln." Es wird vermutet, dass die NBA verhindern möchte, dass sich die Lakers - in den vergangenen elf Jahren fünf Mal Meister - erneut eine Titelmannschaft zusammenkaufen.

"Ich sehe nicht, wie wir diesen Transfer erlauben können", schrieb Dan Gilbert, Eigentümer der Cleveland Cavaliers, in einem Brief an Stern. Ob Paul nur nicht zu den Lakers wechseln darf oder ob ihm ein Transfer grundsätzlich verboten wurde, ist derzeit unklar. Er wird auch mit den Los Angeles Clippers und den New York Knicks in Verbindung gebracht.

Die Miami Heat dagegen haben aufgrund der großzügigen Verträge von LeBron James, Dwayne Wade und Chris Bosh nicht viel Gehaltsspielraum, weshalb es als wahrscheinlich gilt, dass Miami entweder Center Greg Oden oder Flügelspieler Shane Battier verpflichtet - oder einen erfahrenen Aufbauspieler wie Grant Hill oder Vince Carter. Die sind offensichtlich bereit, für eine Meisterschaft auf üppiges Gehalt zu verzichten.

"Es wird interessant, wie sich der Markt entwickelt", sagt Shawn Marion von den Mavericks, "aber ich bleibe optimistisch. Derzeit gibt es viele Aussagen, die Gerüchte befeuern. Wenn die Transfers abgeschlossen sind, dann erhält man ein klares Bild, wie die NBA in der kommenden Saison aussehen wird."

Eines wird jedoch schon vor dem Beginn der Transferperiode deutlich: Der neue Tarifvertrag sollte die kleineren Klubs begünstigen und für mehr Chancengleichheit sorgen - auch das Veto der NBA gegen den Wechsel Pauls zu den Lakers darf so interpretiert werden. Wenn jedoch am Ende Chris Paul, Caron Butler, Tyson Chandler und Dwight Howard in die Metropolen Los Angeles, Chicago und New York wechseln, dann wären laut New York Times "15 der 25 besten Spieler auf sechs Klubs verteilt". Das klingt nun wahrlich nicht nach Ausgeglichenheit.

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