Sorgen bei Borussia Dortmund:Auf Saarbrücker Niveau herunterverletzt

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Große Personalsorgen bei Dortmunds Trainer Jürgen Klopp.

(Foto: AFP)

Nun auch Bender, Reus, Blaszczykowski und Sahin: Vor dem DFB-Pokalspiel beim Drittligisten Saarbrücken kann sich BVB-Coach Jürgen Klopp keine weiteren Ausfälle leisten. Ungewohnt ist die Häufung von Muskelproblemen im Kader.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Es war mal wieder typisch, dass das Wort des Tages wenig mit der Analyse des gerade beendeten Spiels zu tun hatte, dafür aber sehr viel mit dem nächsten. Der schwer erkämpfte 3:1-Sieg von Borussia Dortmund bei Mainz 05 hallte zwar für Trainer Thomas Tuchel noch als bejammernswerte verpasste Möglichkeit nach, für den Kollegen Jürgen Klopp aber ging es schon wieder um die nächste Umdrehung im Hamsterrad: "Wir sind ja nett genug, uns vor dem Spiel gegen Saarbrücken auf das Niveau herunter zu verletzen, dass es am Ende doch wieder ein spannender Wettkampf wird." Dortmund muss am Dienstag im DFB-Pokal beim Drittliga-Vorletzten antreten.

In Mainz hatte Jürgen Klopp, sonst eher ein Freund später Auswechselungen, sein Wechselkontingent schon nach 45 Minuten ausgeschöpft. Das hätte leistungsbedingt seine Berechtigung haben können, es hatte aber andere Gründe: Nach einer halben Stunde war der trotz eines frischen Nasenbeinbruchs aufgelaufene Sven Bender vom Feld gegangen, diesmal mit Muskelproblemen im Oberschenkel.

Zur Pause meldeten sich dann auch Marco Reus mit Muskelproblemen in der Wade und Jakub Blaszczykowski mit Hüftschmerzen ab. "Nach Spielschluss", ergänzte Klopp, "kam noch Nuri Sahin und sagte, dass sein Oberschenkelmuskel zugemacht hat."

Gerade die ungewohnte Häufung von Muskelproblemen belegt wohl: Die Knochenmühle aus Bundesliga, Champions-League, Vereinspokal und Länderspielen fordert in Dortmund allmählich ihren Tribut. Wenn man die Langzeitverletzten Mats Hummels (Sehnenabriss am Fersenbein), Neven Subotic (Kreuzbandriss), Ilkay Gündogan (Wirbelgleiten) und Marcel Schmelzer (Muskelfaserriss) dazu rechnet sowie die noch nicht wieder auf bestem Fitnessniveau angelangten Lukasz Piszczek, Sebastian Kehl und Manuel Friedrich, dann lässt sich Klopps Ausblick nachempfinden: "Ich weiß im Moment nicht, wen ich eigentlich noch aufstellen kann."

Zu allem Übel ist der Saarbrücker Ludwigspark neben dem ebenso ehrwürdigen Stadion Rote Erde, in dem Dortmunds zweite Mannschaft ihre Heimspiele austrägt, das einzige Drittliga-Stadion ohne Rasenheizung. Mit einem muskelfreundlichen Teppich ist dort also nicht zu rechnen. Dass die körperlichen Malaisen vieler Spieler schon vor dem Spiel in Mainz für ungewohnte Unruhe gesorgt haben, konnte man dem Spiel ansehen.

Klopp probiert den Systemwechsel

"Wir haben hier mit einem Spieler gespielt, der das erste Saisonspiel gemacht hat und mit einem, der fünf Monate nicht gespielt hat - und wir haben gewonnen", sagte der ehemalige Mainzer Klopp in einer Mischung aus Entschuldigung und Trotz. Gemeint waren der nach einer schweren Hüft-Operation erstmals von Beginn aufgebotene Piszczek und der frühere Mainzer Friedrich, der bis vor zwei Wochen arbeitslos war.

Klopp kann sich keine weiteren Ausfälle mehr leisten angesichts der bevorstehenden Spiele gegen den aktuellen Bundesliga-Zweiten Bayer Leverkusen am kommenden Samstag und gegen Olympique Marseille in der letzten und fürs Weiterkommen entscheidenden Champions-League-Partie in zehn Tagen. Genau genommen kann Jürgen Klopp deshalb in Saarbrücken nur Spieler einsetzen, bei denen keine absehbare Gefahr einer schlimmeren Verletzung heraufbeschworen wird. Der 1. FC Saarbrücken rangiert in der dritten Liga derzeit sechs Punkte hinter der zweiten Mannschaft von Dortmund.

Dass der Mainzer Trainer Thomas Tuchel nach dem Spiel erstaunlich ausführlich klagen konnte, dass das Schicksal zu ihm und seiner Mannschaft hätte gnädiger sein können, war nicht zuletzt den Verletzungssorgen der Dortmunder geschuldet - und ihrem nicht ganz glücklichen Taktieren damit. Im Versuch, Kräfte zu schonen, hatte Klopp zunächst beide Spielmacher, Sahin und Mkhitaryan, aus der Mannschaft rotiert, dazu auch Kapitän Kehl.

Damit nicht genug, probierte Dortmunds Coach noch einen Systemwechsel: Statt des blind eingespielten 4-2-3-1 spielte der BVB eine Halbzeit lang ein wenig praktiziertes 4-3-3. "Mit so vielen Auswechslungen", bekannte Klopp später im Nebensatz, "wollten wir dann der Mannschaft nicht auch noch ein ungewohntes System zumuten." So spielte die Borussia nach dem Wechsel zwar geschwächt, aber wenigstens in gewohnter Struktur.

Die bis dahin sehr ordentlichen Spielanteile der Mainzer schwanden nun. Um zu gewinnen, benötigte der BVB aber einen sensationell geschossenen Freistoß des Franzosen Pierre-Emerick Aubameyang, zwei von Robert Lewandowski verwandelte Elfmeter sowie einen Platzverweis gegen den Mainzer Soto, der ein sicheres Tor von Aubameyang per Handspiel verhindert hatte. Eric Maxim Choupo-Moting hatte zwischenzeitlich, ebenfalls per Elfmeter, den Ausgleich geschafft. Der Schütze war für den - ebenfalls verletzten - Jung-Nationalspieler Nicolai Müller ins Spiel gekommen.

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