Sonntagsspiele der Bundesliga:Träume von Madrid und Barcelona

Verschiedenheit der Gefühle: Mönchengladbach feiert beim 3:0 über Köln ausgelassen die Rückkehr ins internationale Geschäft nach 16 Jahren. Bei den Kölnern muss man sich langsam fragen, ob sie überhaupt am Klassenerhalt interessiert sind - in der zweiten Partie verpasst der SC Freiburg beim 0:0 gegen Hoffenheim die endgültige Rettung.

"Europapokaaaal", sangen die Fans vor dem Anpfiff, denn es hatte bereits vor dem rheinischen Derby gegen den 1. FC Köln festgestanden, dass Borussia Mönchengladbach im Herbst erstmals seit 16 Jahren wieder im internationalen Geschäft mitmischen darf. Mindestens in der Europa League, vielleicht sogar in der Champions League.

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Marco Reus zaubert, Köln schaut zu: Der Moment des Gladbacher 3:0 gegen den FC.

(Foto: AFP)

Dorthin haben die Gladbacher am Sonntag mit ihrem 3:0 (1:0)-Sieg gegen Köln einen großen Schritt getan: Sie liegen nun sieben Punkte vor den auf Rang fünf platzierten Stuttgartern und dürfen allmählich anfangen, von Real Madrid oder dem FC Barcelona zu träumen. "Alles ist noch möglich. Aber wir werden weiter von Spiel zu Spiel denken. Es war ein verdienter Sieg. Wir haben 3:0 gewonnen, das wollten wir. Aber es war heute nicht einfach. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn Köln den Führungstreffer erzielt hätte," meinte der Gladbacher Coach Lucien Favre.

Die Kölner haben andere Sorgen: Sie bleiben Drittletzter und fürchten sich vor zweitklassigen Gegnern wie Aue, Cottbus, Ingolstadt. "Wir müssen uns mit dem Relegationsplatz beschäftigen, das ist eine wichtige Option nach diesem Spiel", meinte Interimstrainer Frank Schaefer, der Nachfolger des entlassenen Stale Solbakken, der gegen den starken Erzrivalen auch einen Aufwärtstrend ausgemacht haben wollte. Immerhin habe man gegen Gladbach bis zum 0:2 ein gutes Spiel gemacht.

"Schärfer als Köln geht nicht", hatten sie vor dem Derby in Mönchengladbach gesagt, doch das vermeintliche Kompliment entpuppte sich als Warnung, weil der Mönchengladbacher Polizeisprecher Willy Theveßen mit seinem Ausruf nur auf das Gefahrenpotenzial dieses von rabiaten Fans gern für Krawall missbrauchten Spiels hatte hinweisen wollen. Aber beim 1. FC Köln hat in den vergangenen Wochen außer dem Klub und dem Fußball auch die Sympathie der Anhänger gelitten. 1200 Karten aus dem Gästeticketkontigent hatte Köln an Gladbach zurückgegeben. So etwas hätte es früher nicht gegeben.

1200 Kölner Fans weniger sahen folglich eine FC-Mannschaft auflaufen, die Frank Schaefer auf drei Positionen verändert hatte. Der unter Solbakken suspendierte Milivoje Novakovic stürmte neben Lukas Podolski, der vormals ebenfalls suspendierte Slawomir Peszko durfte die rechte Außenbahn beackern und Christian Eichner kehrte auf die Position des Linksverteidigers zurück. Diese drei Personalien aber konnten nicht jene Veränderung ausgleichen, die Schaefer von seinen Spielern am strengsten eingefordert hatte: "Körpersprache!"

Die Kölner waren von Beginn an viel zu beschäftigt, um sich mit so etwas wie Körpersprache befassen zu können. Die Gladbacher kamen mit enormem Adrenalin auf den Platz und flugs zu mehreren guten Möglichkeiten. Juan Arango benötigte allerdings eine Standardsituation für die Führung: In der 19. Minute traf er bei einem Freistoß aus 20 Metern zum 1:0.

Seit Freitagabend, seit Bremen in Stuttgart verloren hat, wussten die euphorisierten Borussen, dass sie zumindest die Teilnahme an der Europa League sicher haben. Dem Stürmer Mike Hanke half dieses Wissen jedoch nicht dabei, nach 40 Minuten allein vorm Kölner Torwart Michael Rensing die frühere Vorentscheidung zu erwirken und Gladbachs Überlegenheit in eine adäquatere Pausenführung zu münzen.

Kölns Körpersprache blieb zumindest wenige Minuten nach der Pause noch respektabel, die Gäste machten sogar ein ganz kleines bisschen Druck. Doch der Schwung verging ihnen jäh. Dass Gladbach zur zweiten Halbzeit für den verletzten Roman Neustädter den bislang als Rechtsverteidiger etablierten Tony Jantschke ins defensive Mittelfeld einwechselte, machte sich nicht nur nicht negativ bemerkbar - der nur 1,77 Meter kleine 22-Jährige köpfelte in der 53. Minute nach einem Freistoß von Marco Reus mit dem 2:0 auch noch sein erstes Saisontor.

Das muss die Kölner so geschockt haben, dass sie nun jede Orientierung verloren. Der Jubel über Jantschkes Tor war kaum verklungen, als der dribbelnde Reus zwei Minuten später die Innenverteidiger Geromel und Sereno düpierte und mit seinem 16. Saisontor zum 3:0 endgültig alles klar machte. Die übermütigen Gladbacher Fans nahmen den nun feststehenden ersten Heimsieg seit mehr als einem Monat sogleich zum Anlass, den 1. FC Köln im Choral aus der Bundesliga zu verabschieden. Später besangen sie natürlich auch noch einmal ihre eigene Mannschaft: "Europapokaaaal!" (Ulrich Hartmann)

Derby ohne Sieger

Es war ein spannendes Derby zwischen Breisgauern und Kraichgauern, in dem es durchaus einiges zu sehen gab - nur eines nicht: Tore. Der SC Freiburg hat die endültige Rettung im Abstiegskampf zwar verpasst, aber einen weiteren Schritt Richtung Klassenerhalt gemacht. Die Mannschaft von Trainer Christian Streich erkämpfte sich zum Abschluss des viertletzten Spieltages im Baden-Duell gegen 1899 Hoffenheim ein 0:0, blieb zum achten Mal in Folge ohne Niederlage und baute den Vorsprung vor dem 1. FC Köln auf den Relegationsplatz auf sieben Punkte aus.

Die aufkeimenden Hoffnungen der Hoffenheimer auf die Qualifikation zur Europa League sind dagegen wieder etwas dezimiert. Vor 23.500 Zuschauern und unter den Augen von Bundestrainer Joachim Löw waren die Freiburger zunächst die bessere Mannschaft. Wie immer permanent angetrieben von Streich an der Außenlinie setzten die Gastgeber Hoffenheim enorm unter Druck, agierten dabei allerdings phasenweise zu hektisch. "Von den Spielanteilen her war es ausgeglichen", analysierte Freiburgs Sebastian Freis und ergänzte: "Wir hatten bessere Torchancen, mit ein bisschen mehr Kaltschnäuzigkeit hätten wir als Sieger vom Platz gehen können."

Rechnerisch, so Freis weiter, sei "durchaus noch drin, dass wir unten rein rutschen. Wir haben noch Köln und noch zwei schwere Auswärtsspiele und dürfen das Restprogramm nicht unterschätzen." Die besten Chancen in der ersten Halbzeit hatte Sebastian Freis. Zunächst wurde ein Schuss des Angreifers vom früheren Freiburger Daniel Williams in höchster Not abgeblockt (16.), wenig später verfehlte Freis mit einem Kopfball aus zehn Metern das Tor (24.).

Die Hoffenheimer hatten mit dem aggressiven Sport-Club erhebliche Probleme. Die einzige Möglichkeit im ersten Durchgang hatte Kapitän Andreas Beck. Nach einer Unaufmerksamkeit in der Freiburger Defensive kam der Rechtsverteidiger in der 39. Minute frei zum Schuss, traf mit seinem schwächeren linken Fuß aber den Ball nicht richtig. Zwtl.: Babel eingewechselt Bei Freiburg war Cedrick Makiadi nach abgelaufener Gelb-Sperre für den verletzten Mensur Mujdza in die Startelf gerückt.

Bei Hoffenheim ersetzte Williams den gelb-gesperrten Tobias Weis. Der niederländische Nationalstürmer Ryan Babel, der beim 4:0-Sieg gegen den Hamburger SV von Trainer Markus Babbel eine Denkpause erhalten hatte, stand zwar wieder im Aufgebot, saß zu Beginn aber ebenso nur auf der Bank wie Srdjan Lakic. Babel wurde in der 49. Minute für den verletzten Roberto Firmino eingewechselt. Der Brasilianer war auf dem glitschigen Rasen unglücklich ausgerutscht und konnte nicht weiter spielen. Nach Informationen des TV-Senders Sky wurde Firmino mit Verdacht auf Unterschenkelbruch ins Krankenhaus gebracht.

Nach dem Seitenwechsel fand Hoffenheim etwas besser in die Begegnung. Beide Mannschaften lieferten sich einen Kampf auf Augenhöhe. Klare Gelegenheiten blieben zunächst Mangelware. Dann aber kam Freiburgs Daniel Caligiuri immer stärker auf: In der 52. Minute konnte er einen Kopfball nicht auf das Tor platzieren. Knapp zwanzig Minuten später scheiterte er nach schöner Vorarbeit von Freis an Hoffenheims Keeper Tom Starke (71.), ehe er kurz darauf aus spitzem Winkel nur den Pfosten traf (73.). Die mangelnde Chancenauswertung hätte sich dabei fast noch gerächt: Nach einer Hereingabe von Babel verfehlte Williams das Tor der Freiburger nur ganz knapp (84.). (dapd)

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