Sommermärchen-Affäre:Warum DFB-Generalsekretär Sandrock geht

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DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock (Foto: Arne Dedert/dpa)
  • Der DFB gibt den Rücktritt von Generalsekretär Helmut Sandrock bekannt
  • Er gehörte zu dem kleinen Personenkreis, der als Erstes von den ominösen 6,7 Millionen Euro wusste.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner, Zürich

Für deutsche Delegationen war es bei den Präsidentschaftswahlen im Fußball-Weltverband Fifa üblich, dass der Generalsekretär die Stimme des nationalen Fußball-Bundes DFB abgibt. Insofern war es Helmut Sandrock nicht vergönnt, einen symbolischen Schlussakt unter seine Verbandskarriere zu setzen. Beim Urnengang am Freitag weilte der 59-Jährige nicht in Zürich, sondern erkrankt zu Hause im Hessischen; zur Wahlkabine ging stattdessen Reinhard Grindel, Schatzmeister und designierter Präsident des DFB. Eine zentrale Rolle in der deutschen Delegation spielte Sandrock gleichwohl: Zu Beginn des Kongresses am Freitag verkündete der DFB den sofortigen Rücktritt des Generalsekretärs.

Der Schritt war schon länger erwartet worden. Sandrock war in den vergangenen Jahren ein enger Vertrauter des früheren Präsidenten Wolfgang Niersbach, der im Zuge der WM-Affäre zurücktreten musste. Und er zählte gemeinsam mit Niersbach sowie Vize-Generalsekretär Stefan Hans zu jenem kleinen Personenkreis im DFB, der schon frühzeitig Kenntnisse von ominösen Vorgängen rund um das Sommermärchen hatte: sowohl über den Fluss der dubiosen 6,7 Millionen Euro aus dem WM-Organisationskomitee an die Fifa im Jahr 2005, als auch über die Existenz eines kurz vor der WM-Vergabe besiegelten Vertrages zwischen dem deutschen Bewerbungschef Franz Beckenbauer und dem Fifa-Skandalfunktionär Jack Warner.

Sandrock gilt nicht als aktiver Vertuscher - aber als Mitwisser

Niersbach trat zurück; dass er bald auch seine Ämter in den Vorständen von Fifa und Uefa verliert, erscheint als Formsache. Der Spiegel berichtet von weiteren Vertuschungsaktionen in Niersbachs Umfeld, unter anderem soll eine Akte mit dem Titel "WM 2006" aus dem DFB-Archiv verschwunden sein. Kollege Hans war im November 2015 fristlos gekündigt worden, er befindet sich mit dem DFB in einem Arbeitsgericht-Prozess. Und jetzt Sandrock - der allerdings mehr als Mitwisser gilt denn als aktiver Vertuscher.

Eng, offenkundig zu eng war die Vernetzung mit Niersbach und Hans in der schlüpfrigen Causa trotz alledem. In Zürich ließ die Interims-Spitze des DFB um Grindel, Liga-Chef Reinhard Rauball und Amateur-Vertreter Rainer Koch Erleichterung anklingen darüber, dass Sandrocks Rückzug rechtzeitig vor der Publikation des Sommermärchen-Prüfreports der Kanzlei Freshfields am nächsten Freitag erfolgte. Und damit allen Beteiligten eine Debatte um den Generalsekretär erspart, die es sicher gegeben hätte.

Der Posten bleibt für die kommenden Wochen unbesetzt. CDU-Politiker Grindel wird am 15. April auf einem außerordentlichen Bundestag zum neuen DFB-Chef gekürt. Dann hat er das Vorschlagsrecht für den neuen General. Liga-Chef Rauball traf in Zürich im Hinblick auf die Fifa-Wahlen eine Feststellung, die sich ebenso auf den DFB anwenden lässt: "Der neue Präsident sollte rasch klären, wer Generalsekretär wird, weil sich auf den künftig die Arbeit verdichtet." Grindel hielt sich in Zürich bedeckt, vorerst geht es DFB-intern so weiter wie seit Sandrocks Erkrankung: Einige Aufgaben übernimmt Interimschef Koch, die Direktoren erhalten zudem mehr Befugnisse.

Dem Vernehmen nach bevorzugt die DFB-Spitze eine interne Lösung; auch soll der neue Generalsekretär über juristische Expertise verfügen. Ein Stellenprofil, das auf Friedrich Curtius zulaufen könnte. Was auch nicht unproblematisch wäre: Der leitete bisher das Büro von Wolfgang Niersbach.

© SZ vom 27.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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