Slalom in Levi:Neureuther tauft sein Rentier "Matti"

Felix Neureuther GER poses with a reindeer at the prize giving ceremony after Alpine Skiing FIS Wo

Streicheleinheit: Felix Neureuther freut sich ganz offensichtlich über das junge Rentier, das er für seinen Weltcup-Sieg in Levi erhielt.

(Foto: Kalle Parkkinen/imago/Newspix24)
  • Felix Neureuther gewinnt den Slalom-Saisonauftakt in Levi und bekommt danach ein Rentier geschenkt.
  • Es ist der bestmögliche Start in den Olympia-Winter.

Von Barbara Klimke

Es ist nur ein Gerücht, dass der alpine Ski-Weltcup so früh in Levi Station macht, weil nördlich des Polarkreises schon im November die Fjälls unter einer weißen Decke liegen. Ebenso falsch ist die Annahme, dass die Attraktion im Kuschelpreis für den Sieger besteht: Ihm wird ein hübsch herausgeputztes Rentier vermacht, das er zwar nicht mit nach Hause, aber in Patenschaft nehmen darf. Stattdessen liegt der Reiz der Rennen in dem Skiort selbst, wie die finnischen Veranstalter versichern: Denn Levi, so ihre Werbebotschaft, "inspiriert die Seele das ganze Jahr über". Balsam für die Seele: Das also ist die Verheißung, die Felix Neureuther nach seinem Sieg im ersten Rennen nun in den olympischen Winter mitnehmen kann.

Für die alpinen Ski-Rennfahrer hatte die Saison mit Unruhe begonnen, nachdem ihr Weltcup-Auftakt mit dem Riesenslalom in Sölden Ende Oktober wegen Sturms abgesagt worden war. Am Sonntag in Levi, unter Flutlicht und im leichten Schneegestöber, erlebte Neureuther nun eine perfekte Premiere. Zwei makellose, harmonische Slalom-Durchgänge glückten ihm auf der Piste, die er als "etwas einfach" charakterisierte; er wusste, dass er aggressiv fahren musste, um schnell zu sein.

Neureuther lässt die Elite hinter sich

Schon im ersten Lauf ließ er fast die gesamte Slalom-Elite hinter sich; nur der Brite David Ryding tanzte noch furioser durch die Stangen und setzte sich mit vierzehn Hundertstelsekunden Vorsprung an die Spitze. Im zweiten Lauf lag Neureuther vor Henrik Kristoffersen (Norwegen) und Mattias Hargin (Schweden) in Führung; allein Ryding, 30, der Zweite des Kitzbühler-Slaloms der vorigen Saison, hätte ihn als letzter Läufer noch abfangen können: Schnellster war Ryding nach dem Start, Schnellster nach der ersten Zwischenzeit, er beschleunigte noch einmal im Flachen - und rutschte dann im Steilhang über den Innenski und aus der Spur.

Im Zielraum blickte Neureuther fast bedauernd auf den Unglücksraben auf dem Hang; es wäre der erste Ski-Weltcupsieg für Großbritannien gewesen. "Etwas Glück", räumte Wolfgang Maier, der Alpinchef des Deutschen Skiverbands (DSV) ein, "hatte Felix natürlich auch." So wurde Neureuther zum Gewinner in Levi ausgerufen, zum 13. Mal in seiner Laufbahn, zum ersten Mal seit Februar 2016 und einem langen, sieglosen Winter.

"Das ist unglaublich, ganz ehrlich", sagte er im Ziel: "Ich hätte nie gedacht, hier gewinnen zu können. Ich bin 33 Jahre alt, das war mein erstes Rennen als Vater. Es bedeutet mir viel." Dann schritt er zu ersten Siegerpflicht, die in Levi darin besteht, das skandinavische Nutztier zu taufen, das nun sein Eigentum ist. Lange nach einem Namen suchen musste er nicht: Das Tier sollte erst Matilda heißen wie seine kleine Tochter. "Aber es ist ein Rentier-Junge", fand er dann heraus: "Deswegen nenne ich es Matti, das ist der Spitzname von Matilda und das passt auch für einen Jungen."

Ein magischer Moment also für die Familie Neureuther. Und auch den anderen Rennfahrern des DSV dienten die Lapplandrennen als Quelle der Inspiration: Fritz Dopfer wagte sich erstmals nach seiner schweren Verletzung, einem Schien- und Wadenbeinbruch, wieder bei einem Weltcup-Rennen auf die Piste. Er wurde Fünfzehnter nach einem Jahr Pause und schaffte auf Anhieb die halbe Olympianorm; zweimal Platz 15 ist erforderlich für eine Teilnahme in Südkorea. "Für ihn ist das ein enormer Motivationsschub", sagte Maier. Dopfer war sogar schneller als der österreichische Seriensieger Marcel Hirscher bei seinem Comeback, der Platz 17 belegte. Allerdings hatte Hirscher, der sich im Sommer das Sprunggelenk gebrochen hatte, auch nur wenige Tage auf Schnee trainiert. Er komme sich vor wie ein Formel-1-Fahrer "mit zwei platten Reifen", hatte er kürzlich nach den ersten Gletscherschwüngen noch geklagt.

Guter Start für das deutsche Team

Für den Deutschen Skiverband hat der Winter somit erfolgreicher begonnen als die Verantwortlichen noch im Sommer zu hoffen wagten: In Sölden gewann Viktoria Rebensburg bereits den Riesenslalom. Der DSV hat schon weniger inspirierende Schnee-Premieren erlebt. Das war auch das Fazit, das der neue Frauen-Bundestrainer Jürgen Graller zog: "Man kann schlechter in eine Saison starten", bemerkte er, als Lena Dürr am Samstag den Slalom in Levi auf Platz sechs abgeschlossen hatte.

Das klang kühl, war aber als Komplimente zu verstehen. Denn Dürr, 26, hat nun schon bei ihrem ersten Rennen das Frühziel erreicht: die Qualifikation für die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang, für die Platz acht verlangt war.

Zur Rentier-Taufe reicht das noch nicht ganz. Bei den Frauen durfte das die Slowakin Petra Vlhova, 22, übernehmen, die im zweiten Lauf noch die Favoritin Mikaela Shiffrin aus den USA schlug. Aber Shiffrin, die Dauersiegerin, hat auch schon zwei nordische Patentiere.

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