Slalom in Kitzbühel:Rechts von der Gams

Audi FIS Alpine Ski World Cup - Men's Slalom

Linus Strasser, hier beim Weltcup-Slalom in Wengen am vergangenen Wochenende, hat großen Respekt vor dem Hang in Kitzbühel.

(Foto: Alexis Boichard/Agence Zoom/Getty Images)

Abseits des ganz großen Rummels hat Linus Strasser gute Aussichten auf einen Spitzenplatz. Doch die Strecke ist noch schwieriger geworden.

Von Felix Haselsteiner, Kitzbühel

Eine rote Gams trennt die gefährlichste Skirennstrecke der Welt von einer der technisch anspruchsvollsten. Links von der nachts hell beleuchteten Gams-Statue, die ein paar hundert Meter über Kitzbühel thront, kommen am Samstag die besten Abfahrer mit knapp 140 Kilometern pro Stunde den Zielschuss hinunter, nach 1:50 Minuten Kampf über die Streif müssen sie auf den letzten Metern noch eine Kompression überstehen sowie einen finalen 20-Meter-Zielsprung. Die Abfahrer sind die großen Helden eines jeden Rennwochenendes in Kitzbühel, sie werden oft bejubelt, manchmal betrauert, immer bewundert. Im Abfahrts-Zielraum zieht Arnold Schwarzenegger seinen Hut vor denjenigen Verrückten, die sich den Hahnenkamm so furchtlos hinunterstürzen, die Stimmung unter den 50 000 Zuschauern am Samstag ist nicht nur im Ski-Weltcup einzigartig.

Knapp 100 Meter davon entfernt, rechts von der Gams, liegt eine Herausforderung, die weniger Aufmerksamkeit bekommt. Sicherlich, auch die 20 000 Schaulustigen am Sonntag sorgen für Stimmung und manchmal schaut auch Schwarzenegger noch einmal vorbei, je nachdem wie lang in der Nacht von Samstag auf Sonntag gefeiert wurde. Aber ganz so viel Prestige bekommen die Slalomfahrer in Kitzbühel nicht.

Ungerechterweise, wenn es nach Linus Strasser geht. "Ich kenne keinen schwereren Slalomhang als in Kitzbühel, da trägt der Veranstalter einiges dazu bei", sagt Strasser, der deutsche Slalomfahrer mit den besten Aussichten auf eine Spitzenplatzierung beim Slalom am Sonntag (10.30 und 13.30 Uhr). Der Ganslernhang, auf dem der Slalom in Kitzbühel stattfindet, war für die besten Techniker schon immer eine ebenso große Herausforderung wie die Abfahrtsstrecke für die besten Speed-Fahrer. Doch wie an der Streif haben die Kitzbüheler auch an ihrem Ganslern gearbeitet. Sie haben die vielen Wellen, die im Sommer, wenn kein Schnee liegt, Querstraßen sind, noch einmal mehr konturiert und die Herausforderung so noch größer gemacht.

Linus Strasser hat seinen Platz unter den besten 20 im Slalom gefestigt

"Die Übergänge sind extrem geworden in den letzten drei, vier Jahren", sagt Strasser: "Du kommst nie in den Rhythmus rein. Das ist hier so: ein Tor fahren, rausnehmen, ein Tor fahren, rausnehmen. Du musst eine gute Mitte treffen, sonst passieren sehr leicht Fehler. Es ist wahnsinnig viel taktisches Fahren." In Kitzbühel geht es nicht darum, durchgehend zu attackieren, sondern geschickt zu fahren, was in den vergangenen Jahren nicht immer Strassers große Stärke gewesen ist. "Ich sollte mir das zu Herzen nehmen und es nicht so machen wie in Wengen", sagt der 27-Jährige daher. Beim letzten Slalom in der Schweiz hatte Strasser zu viel riskiert - und dennoch war der 17. Platz in gewisser Weise auch eine gute Nachricht. Selbst wenn es einmal nicht hervorragend läuft: Der DSV-Athlet hat zum Jahresstart seinen Platz unter den besten 20 im Slalom gefestigt.

Den Grund dafür sieht Strasser in einer veränderten Mentalität. "Mir ist es mittlerweile ziemlich wurscht, was Reporter denken, was andere denken", sagt der Münchner, der den Fokus auf gutes Skifahren und nicht mehr wie in den vergangenen Jahren vor allem auf den Kampf um gute Ergebnisse legen will. Ob ihm in Kitzbühel ein weiteres gutes Ergebnis gelingt, liegt allerdings ohnehin nicht nur an Strasser, sondern auch daran, was seine Konkurrenten leisten. Der derzeit beste Slalomfahrer etwa, der Vorjahressieger Clement Noel, hat - anders als Strasser - einen sehr ruhigen, sachlichen Fahrstil, der wie gemacht zu sein scheint für den tückischen Ganslernhang. Auch der Norweger Henrik Kristoffersen hat bei seinen zwei Kitzbühel-Siegen 2016 und 2018 bewiesen, dass ihm die Strecke liegt - und die Österreicher haben gleich ganz andere Geschütze aufgefahren: Beim Abschlusstraining in Kössen ließen sich die ÖSV-Athleten extra mit Pistenraupen Hügel aufschütten, um die vielen Rhythmuswechsel am Ganslernhang noch einmal zu üben.

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