Skispringen:Die Landekatze wackelt kurz

Ski Jumping World Cup

Hat einmal Probleme beim Landen: Markus Eisenbichler

(Foto: KACPER PEMPEL/REUTERS)

Deutschlands Skispringer schaffen zum Weltcup-Auftakt in Polen den zweiten Platz im Teamspringen. Der Paradeflieger Markus Eisenbichler leistet sich einen kleinen Fehler.

Von Johannes Kirchmeier

"Samma vorn!", rief Markus Eisenbichler, wie gewohnt auf Bairisch. Und das mit einem dicken Lächeln, aber auch einigermaßen abgeklärt, nachdem er seine Skier zum ersten Mal abgelegt hatte. Mit einer Winzigkeit von 0,7 Punkten lag da seine Mannschaft nach vier Sprüngen vor der österreichischen beim ersten Teamwettbewerb der Weltcup-Saison in Wisla. Der Winter ging am Samstagnachmittag also schon mal ganz ordentlich los.

Das mit dem oberbayerischen Selbstverständnis des Vorne-Seins war allerdings nur eine Momentaufnahme. Die Österreicher, auch schon prächtig in Form, schlugen in Durchgang zwei zurück und gewannen das erste Springen in diesem Winter mit 1078,0 Punkten, etwa fünf Metern Vorsprung, vor den deutschen (1069,3) und polnischen Athleten (1061,5). "Wir sind total zufrieden. Es ist uns wichtig, dass wir mit dabei sind", sagte Bundestrainer Stefan Horngacher voller Erleichterung in der ARD, merkte aber noch an: "Wir sind nicht ganz fehlerfrei gesprungen, aber für den ersten Wettkampf sehr gut." Damit spielte er auch ein wenig auf Eisenbichler an, der den Sieg mit einem etwas wackligen zweiten Sprung vergab, bei dem zudem auch die Telemark-Landung nicht ganz klappte. Er wolle nun aber schnell wieder "eine Landekatze" werden, sagte der Siegsdorfer.

Die Eisenbichlersche Flapsigkeit unterstreicht natürlich nur: Das deutsche Quartett Constantin Schmid, Pius Paschke, Karl Geiger sowie eben Eisenbichler freute sich über den ersten Podiumsplatz der Saison nach einer ungewissen Vorbereitung.

Ein paar Zuschauer waren übrigens auch da. Ringsherum um die seit 2008 nach dem ehemaligen polnischen Weltklasse-Skispringer Adam Malysz benannten Schanze stehen in Wisla Bäume. Und so verteilten sich am Ende Anhänger in den Waldstücken. Im ansonsten immer prall gefüllten Stadion war Publikum ja verboten. Auch die Waldmenschen waren ja gespannt darauf, was sich da am Samstag so mitten in den Schlesischen Beskiden zutrug. Lange war dieser erste Quervergleich der Nationen ja nun schon erwartet worden, schließlich hatten sich die Springer im vergangenen Sommer fast gar nicht gesehen. Wettbewerbe, aber auch gemeinsame Trainings gab es ob der Pandemie nicht, zum ersten Mal war nicht ganz klar, wer am stärksten durch den Sommer gekommen ist.

Wer nun die Guten unter den neun angetretenen Ländern sind? Das stellte sich schnell heraus: Österreich, Deutschland und Polen sprangen von Beginn an vorneweg, tauschten immer mal wieder die Position, aber ließen sonst niemanden näher kommen. Und wer Nachholbedarf hat? Die viertplatzierten Norweger nicht. Die in der Vorsaison so starken Japaner und Slowenen folgten jedoch erst nach einer dicken Lücke. Sie werden in den kommenden Wochen wohl noch einmal nachjustieren müssen. In der vergangenen Saison waren aber auch die deutschen Springer schlecht gestartet: mit Rang fünf in Wisla, später wurden sie trotzdem das stärkste Team des Winters.

Auch Wellinger und Freund sind beim Einzel-Springen dabei

"Die ersten Stationen sind dafür da, dass man in den ganzen Zirkus reinfindet", sagte daher auch Eisenbichler schon. "Da muss man nicht gleich die Welt niederreißen." Muss man natürlich nicht, gegen eine gute Form hat aber niemand etwas einzuwenden: In der Qualifikation von Freitagabend wurde Eisenbichler Dritter, nur minimal hinter dem Lokalmatador Kamil Stoch und dem Japaner Yukiya Sato. Bereits im Oktober holte er erstmals den deutschen Meistertitel.

Am Samstag führte er nun das Team des Deutschen Skiverbandes an - auch wenn Horngacher nur mittel-zufrieden wirkte mit seinem Paradeflieger und dessen Sprüngen auf 123,5 und 127 Meter: "Er war heute nicht so gut, wie er sein kann, aber immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Das ist hier nicht seine Lieblingsschanze." Mehr als kleine Korrekturen muss er aber auch nicht vornehmen bis zum Einzel-Wettbewerb am Sonntag. Und auch Schmid (126 und 119 Meter), Paschke (126 und 128 Meter) sowie Geiger (131,5 und 130 Meter) präsentierten sich mehr als solide.

Horngachers Verzicht auf die Top-Springer Andreas Wellinger und Severin Freund stellte sich so als richtig heraus. Beide sind nach verletzungsbedingten Auszeiten noch nicht wieder ganz vorne dabei: Sie belegten in der Qualifikation die Ränge 37 und 38, sind also im Einzel dabei.

Dort wollen die deutschen Springer ihren soliden Start veredeln im Winter voller Highlights: Schon im Dezember findet die Skiflug-WM statt, kurz darauf dann die Vierschanzentournee. Und im neuen Jahr fliegt das DSV-Team um den viermaligen Weltmeister Eisenbichler dann im besten Fall um die Medaillen bei der Heim-WM mit. Neben der Meisterschaft hatte der Siegsdorfer übrigens schon einen weiteren Preis vor der Saison bekommen: Für seine "Verdienste um die bairische Mundart" wurde er Ende September ausgezeichnet. Die Urkunde nahm er in seiner Krachledernen entgegen: "I hab gar ned g'wusst, dass es so einen Preis gibt", sagte er.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: