Süddeutsche Zeitung

Ski-nordisch-WM:Bronze zum Abschluss

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Sammlung komplett: Skispringerin Katharina Althaus belegt am Ende ihres Auftritts bei der Weltmeisterschaft in Planica Platz drei. Das verpasste vierte Gold ist für sie kein Thema - der Titel geht überraschend nach Kanada.

Von Volker Kreisl, Planica

Die Haltungsnoten passten, die Weite war die beste, die "1" stand abermals vor dem Namen "Althaus" - alles war also wie in den Tagen zuvor nach den Springen der Frauen in Planica. Nur, diesmal standen noch zwei weitere Springerinnen oben, und die waren an diesem Abend und dieser Großschanze doch noch besser: die Norwegerin Maren Lundby und die Kanadierin Alexandria Loutitt.

Dieser Name dürfte den wenigsten Zuschauern und selbst wenigen Kennern geläufig gewesen sein: Loutitt? Sie ist 19 Jahre alt, hat einen fabelhaften Sprungstil, der ihr am Mittwochabend bei der Weltmeisterschaft in Planica neben ihres weiten Satzes auf 136,5 Metern auch eine passable Flug- und Landungsnote von 53,5 Punkten eingebracht hat. Und so ganz aus der Randzone dieses Sports kam Loutitt dann auch nicht dahergeflogen. In Peking, bei den Olympischen Winterspielen 2022, hatte sie bereits Bronze gewonnen, mit ihrer Mannschaft. Darüber hinaus war sie auch schon einmal in einem Weltcupspringen ganz oben gestanden, kürzlich erst, im Januar in Yamagata/Japan.

Wirklich gerechnet hatten die etablierten Springerinnen aus der Weltspitze aber kaum mit der kanadischen Teenagerin. Der Fokus an diesem Abend war - und das nicht nur bei den Deutschen - auf die Deutsche Katharina Althaus gerichtet. Ein großes Ereignis stand möglicherweise bevor, jedenfalls für Rekordliebhaber. Katharina Althaus hatte ja schon drei Goldmedaillen bei dieser Weltmeisterschaft gewonnen, von der Normalschanze, im Team und im Mixed, und wäre nun Bronze ebenfalls Gold gewesen, dann hätte sie mit viermal Gold eine Marke gesetzt, die so schnell kaum übertroffen worden wäre. Mit insgesamt sieben WM-Titeln ist sie bereits zur alleinigen Rekordweltmeisterin aufgestiegen, acht Titel hat geschlechterübergreifend nur der Österreicher Thomas Morgenstern geschafft.

Nur, Katharina Althaus, ist keine, die irgendwelche Rekorde jagen muss. Sie hatte die Erfolge von Planica genommen, wie sie kamen, und steht für das Prinzip, dass Siege in ihrem Sport einfach nicht planbar sind. Im Gegenteil, wer es erzwingen will, scheitert relativ sicher. Ein zweiter oder dritter Platz in der Hand war ihr stets lieber als ein Sieg in weiter Ferne, so ähnlich ist wohl immer noch ihre Philosophie im Sport.

Althaus ist keine, die irgendwelche Rekorde jagen muss

"Gratulation an Katha, unglaublich", sagte Bundestrainer Maximilian Mechler. Und: "Bei diesen Bedingungen heute solche Sprünge zu zeigen und Dritte zu werden - großer Respekt." Wichtig, das war zu spüren, erschien ihr der erste große Sieg im Einzel am vergangenen Donnerstag zum WM-Start, das war an ihren minutenlang vergossenen Tränen abzulesen. Ansonsten war Althaus später wieder Althaus. "Bronze hat mir noch gefehlt", sagte sie, "jetzt ist die Sammlung komplett, jetzt habe ich einen ganzen Satz."

Sie strahlte also über WM-Bronze von der Großschanze und fiel dann den Siegerinnen aus Kanada und Norwegen um den Hals. Zuvor schon war deutlich geworden, dass Althaus ihre Stärke auf der weiten Schanze diesmal nicht so ausspielen konnte, wie sie es sich vorgenommen hatte. Ihren Flug konnte sie zweimal nicht bis ganz nach unten ziehen. Und im zweiten Durchgang hatte sie sich zwar an die Spitze gesetzt, doch Höhe und Geschwindigkeit reichten diesmal nur für drei Punkte Vorsprung. Die beiden Springerinnen vor ihr kamen deutlich weiter.

Für das Frauenspringen insgesamt war dieser Abend trotz vieler windbedingter Verzögerungen durchaus eine weitere Werbeaktion. Nicht nur wegen der Siegerin - Alexandria Loutitt hatte ja schon im Januar ihre etablierten Gegnerinnen überrascht, wie die Weltcupführende Eva Pinkelnig nach dem Weltcupsieg der Kanadierin bemerkte: "Ich muss sagen: Hut ab! Die ist super g'hupft, sie hatte die Schanze im Griff."

Loutitt, nun Weltmeisterin, ist also offensichtlich mehr als nur eine einmalige Siegerin, sondern sie erweitert die neue Vielfalt, die sich diesmal besonders unter den besten zehn Springerinnen der Welt versammelte. Sechs verschiedene Nationen kamen da auf der Großschanze zusammen, und insgesamt haben alle Springen der Frauen bei dieser Weltmeisterschaft gezeigt, dass sich dieser Wettkampf weiterentwickelt hat.

Und die Protagonistinnen entwickeln auch stetig ihren Stil. Im Falle von Loutitt, die eben erst 19 ist, sind es vermeintlich simple Eigenschaften. "Ich bin nicht mehr so nervös", sagte sie, "meine Sprünge sind sicherer geworden." Das führt dann selbst in einem kaum planbaren Sport ziemlich sicher zum Erfolg.

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