Süddeutsche Zeitung

Skispringen:Hand im Schnee

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Das Team des DSV startet mit Platz vier in den Winter. Beim Mannschafts-Springen in Wisla missglückt Markus Eisenbichler gleich die erste Landung. Es ist der Fehler, der den Wettbewerb entscheidet.

Von Max Ferstl

Manchmal genügt im Teamspringen ein einziger Sprung, um dem Wettkampf eine Richtung zu geben. Am Samstag beim Saisonauftakt im polnischen Wisla war dieser richtungsweisende Sprung gleich der erste. Verantworten musste ihn Markus Eisenbichler, der deutsche Startspringer. Leicht verdreht hatte er den Schanzentisch verlassen, den Sprung aber zunächst unter Kontrolle gebracht. Als Eisenbichler nach 123 Metern aufsetzte, verlor er die Balance, stürzte beinahe, fasste mit der Hand in den Schnee. Die Haltungsnoten fielen entsprechend niedrig aus. Eisenbichler schlug sich mit der Hand gegen den Helm.

Zehn Punkte, rechnete Skisprung-Bundestrainer Werner Schuster später vor Fernsehkameras vor, habe seine Mannschaft durch die missglückte Landung verloren: "Diese zehn Punkte haben uns immer gefehlt." Das deutsche Team beendete den ersten Wettbewerb der neuen Saison auf dem vierten Platz. Fast 34 Punkte betrug der Rückstand auf den Sieger Norwegen. 16,5 Punkte auf Österreich und Polen, die sich den zweiten Rang teilten. Der Abstand war größer, als viele erwartet hatten. Allen voran Schuster: "Wir hatten natürlich gehofft, hier um den Sieg oder zumindest das Podest zu springen."

"Von Anfang an verkorkst"

Diese Erwartung erschien nach der Qualifikation am Freitag als durchaus gerechtfertigt. Stephan Leyhe hatte mit Platz zwei überrascht, nur der zweimalige Weltmeister Stefan Kraft war besser. Und auch der Rest hatte überzeugt, unter den besten Zehn hatten sich fünf Deutsche platziert. Es fiel kaum auf, dass der am Kreuzband verletzte Severin Freund fehlte. Eine "sehr solide Leistung" hatte Schuster gesehen. Er dürfte sich in seiner Einschätzung bestätigt gefühlt haben, dass seine Mannschaft generell auch ohne Freund "mit den Besten mithalten" könne. Am Samstag allerdings konnte sie es noch nicht. "Das war von Anfang an verkorkst", klagte Schuster: "Wir sind es normalerweise gewohnt, gut zu starten." Stattdessen griff Eisenbichler in den Schnee, und von diesem Moment an wurde der Wettkampf für den Bundestrainer zum "Testlauf". Er hatte gesehen, "wie die Mannschaft reagiert".

Seine Springer gingen mit der Ausgangssituation ziemlich unterschiedlich um. Leyhe tat sich eher schwer und landete nach 121 beziehungsweise 122 Metern. Eisenbichler kämpfte im zweiten Durchgang mit den komplizierten Bedingungen, kam auf 118 Meter, büßte allerdings in seiner Gruppe nur im Vergleich zum starken Norweger Johann André Forfang ein. Andreas Wellinger sprang zwei Mal solide, aber eben auch deutlich kürzer als Favorit Kraft. Er wolle beim Einzelspringen am Sonntag "zwei bis drei Meter mehr raushauen", sagte er. Richard Freitag hingegen überzeugte, vor allem im zweiten Durchgang, als er erst nach 130,5 Metern auf dem Hang aufsetzte. Mit dem weitesten Sprung des Tages schob Freitag das deutsche Team vorbei an Österreich auf Platz drei. Es war der Moment, in dem das Feld eng beisammen lang. "Es deutet auf eine spannende Saison hin", sagte Freitag nach seinem Sprung. Da schien das Podest aus deutscher Sicht zumindest erreichbar zu sein. Doch Leyhe und Schlussspringer Wellinger konnten mit den besten Österreichern, Michael Hayböck und Kraft, nicht mithalten. "Wir sind nicht in den Lauf gekommen", fand Schuster. Dann reicht es nicht für einen Platz unter den besten drei Teams.

"Es war ganz okay", fand Wellinger. Er sagte aber auch: "Auf dem Niveau darf man sich keine leichten Fehler erlauben. Wir haben uns zwei oder drei erlaubt." Es war eben nicht nur Eisenbichlers unglücklicher Start. In der Endabrechnung fehlten schließlich nicht zehn Punkte aufs Podest, sondern deutlich mehr.

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Quelle:
SZ vom 19.11.2017
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