Lena Dürr Zweite im Slalom:Die Beste von fast allen

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1,75 Sekunden Respektsabstand: Auch am Semmering wurde Lena Dürr Zweite im Slalom. (Foto: Georg Hochmuth/AFP)

In Abwesenheit von Mikaela Shiffrin und Petra Vlhova gibt es in den technischen Ski-Disziplinen bei den Frauen eine Lücke, die Lena Dürr zu nutzen weiß. Allerdings ist eine 20-jährige Kroatin noch schneller: Zrinka Ljutic feiert am Semmering ihren ersten Weltcupsieg.

Von Felix Haselsteiner

Die finale Einblendung kannte Lena Dürr natürlich bestens, aber der Name war neu. Als Führende stand Deutschlands derzeit erfolgreichste Skifahrerin im schattigen Zielstadion am Semmering, nur noch eine Läuferin könnte ihr den Sieg nehmen. Im Grunde verläuft Dürrs gesamte Karriere nach einem ähnlichen Muster: Seit Jahren ist sie die Beste von fast allen, aber es gab eben stets zwei Überfiguren, die der Perfektion nahe waren, näher jedenfalls als Dürr oder sonst jemand in der Geschichte des alpinen Slaloms.

Mikaela Shiffrin und Petra Vlhova sind zwei prägende Figuren in der Karriere der 33-jährigen Deutschen, die vermutlich wesentlich mehr als einen Weltcup-Sieg vorzuweisen hätte inzwischen, wäre sie in einem anderen Zeitraum Skirennfahrerin geworden. Nun aber ergab sich ein verändertes Bild: Shiffrin feierte vor ein paar Tagen Weihnachten zu Hause mit einer schweren Verletzung und ist derzeit nicht im Weltcup unterwegs. Und Vlhova gab am Semmering in Zivil Interviews, in denen sie darüber sprach, dass sie es langsam angehen lasse, weil ihr Knie nach einem im Januar erlittenen Kreuzbandriss noch nicht wieder bereit sei für Weltcup-Pisten.

Also, ist es im alpinen Skiweltcup endlich Zeit für verdiente Siege der fleißigen, konstanten, geduldigen Lena Dürr? Wie jene finale Einblendung zeigte: nein.

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Ein zweiter Platz wurde es am Ende auch am Semmering, mal wieder. Mit dem höchst deutlichen, in giftigem Grün hinterlegten Abstand von 1,75 Sekunden, einer Marke, die selbst für Shiffrin und Vlhova bemerkenswert gewesen wäre, gewann am Sonntag eine junge Athletin, deren Karriere erst beginnt. Aber Zrinka Ljutic, 20, nutzt die derzeit entstandene Lücke in den technischen Disziplinen perfekt aus.

Ihren ersten Weltcupsieg feierte die Kroatin am Sonntag, es dürfte nicht der letzte gewesen sein. Ihr Helm und ihre Ski deuten darauf hin, dass einige der größten Sponsoren in ihr ein zukünftiges Gesicht des Skiweltcups sehen, schon jetzt hat sie das Zeug zur Dominanz. „Ich war total entspannt oben am Start“, sagte Ljutic, deren Vater – ein ehemaliger Schiffsingenieur aus Banja Luka – auch ihr Trainer ist. Auch deshalb erinnert Ljutic in Kroatien viele an Janica Kostelic, die einst von ihrem Vater Ante und gemeinsam mit ihrem Bruder Ivica den Skisport bekannt machte und 2006 den bis Sonntag letzten kroatischen Weltcup-Sieg einfuhr.

Neben Dürr bleibt dem DSV nur Emma Aicher als Garantin für positive Meldungen

Ljutic ist eines der neuen, sympathischen Gesichter des Weltcups, der in Abwesenheit von Shiffrin und Vlhova dringend nach Identifikationsfiguren sucht. Fraglich ist, wie die Etablierten mit dieser Herausforderung umgehen. Ähnliches wie für Dürr gilt schließlich auch für Läuferinnen wie die Österreicherin Katharina Liensberger, die am Sonntag Dritte wurde, aber eben mit einigem Respektsabstand. Zu beunruhigen schien sie das nicht, mit ihren Läufen am Semmering zeigte sich Dürr überaus zufrieden, wie überhaupt mit dem Jahresabschluss als Zweite im Slalomweltcup. Die Jagd nach einer kleinen Kugel spiele keine große Rolle, sagte sie, genauso wenig wie die Weltmeisterschaft in Saalbach-Hinterglemm im Februar: „Ich möchte jedes Rennen einzeln angehen, für alles Weitere muss schon wirklich alles passen“, erklärte Dürr im ZDF-Interview.

Ein wenig arg defensiv klingt das teilweise, sind doch die Technikerinnen im Team des Deutschen Skiverbands die Einzigen, die sich begründete Hoffnung auf größere Erfolge machen können. Bei den Männern ist das Bild unverändert: Linus Straßer hat zwar im Januar eine Reihe von Slalom-Klassikern (Adelboden, Wengen, Kitzbühel, Schladming) vor der Brust, die ihm grundsätzlich liegen. Er muss allerdings erst eine akute Formkrise bewältigen. Und im Speed-Bereich gab es am Wochenende den nächsten Ausfall: Simon Jocher wurde bei der Abfahrt in Bormio zwar starker 13., verkündete allerdings nach dem Rennen eine schmerzhafte, womöglich langwierige Verletzung: Bei einem Sprung zog er sich eine Prellung des rechten Fersenbeins zu.

Der nächste Ausfall: Simon Jocher hat sich eine Prellung des Fersenbeins zugezogen. (Foto: Leonhard Foeger/Reuters)

Übrig bleibt somit das Duo aus Dürr und Emma Aicher als Garantinnen für positive Meldungen. Aicher etwa fuhr am Semmering mit einem starken zweiten Durchgang noch auf den achten Platz und konnte ihre Saisonbilanz im Slalom ausgleichen: zwei Ausfälle, aber auch zwei Top-10-Platzierungen.

Anders als Dürr gehört Aicher zu der Generation, die nur noch das Ende der Dekade der übermächtigen Mikaela Shiffrin mitbekommt, daraus könnte man durchaus Hoffnung schöpfen. Vieles deutet allerdings darauf hin, dass die Zukunft nicht unbedingt leichter wird: Die lockere, freudige Art, wie Ljutic auch noch erklärte, sie würde in den kommenden Monaten gerne „noch besser trainieren, besser Ski fahren, ein besseres Setup finden“, ist ein weiteres Indiz dafür, dass eine sehr ambitionierte Fahrerin am Semmering nur ihren ersten von vielen großen Auftritten hatte.

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