Skifahrer Thomas Dreßen:Kitzbühel ist nur einmal im Jahr

Ski alpin: Weltcup

Siebter in Garmisch: Streif-Sieger Thomas Dreßen.

(Foto: Stephan Jansen/dpa)
  • Nach seinem Sieg in Kitzbühel wird Thomas Dreßen Siebter in der Abfahrt von Garmisch-Partenkirchen.
  • "Wenn ich damit nicht zufrieden wäre, gehörte ich geschlagen", sagt er - und will von hohen Erwartungen nichts wissen.

Von Saskia Aleythe, Garmisch-Partenkirchen

Natürlich merkte Thomas Dreßen, dass etwas anders war. Seit einer Woche war er schließlich nicht mehr nur Thomas Dreßen, der Skifahrer, sondern Thomas Dreßen, der Abfahrtssieger von Kitzbühel, was unter Sportlern seiner Art als selbst erkämpfter Ritterschlag gilt. Als Ritter Dreßen kehrte er nun also nach Garmisch-Partenkirchen zur Kandahar-Abfahrt zurück, da muss das Leben doch nun bitteschön ein anderes sein. Oder nicht?

"Was anders ist?", fragte der 24-Jährige zurück in die Runde, die Sonne schien ihm an der Gondel vorbei in den Nacken, "ja, dass a Gams dahoam steht", bayerte er, der Pokal für den Sieger also, und, auch das gab es vorher nicht: "Jetzt hängen mir halt 15 Mikrofone vor der Nosn statt eines." Im Grunde also: Alles beim Alten.

"Wenn ich mit Platz sieben nicht zufrieden wäre, gehörte ich geschlagen"

Thomas Dreßen hat das in der vergangenen Woche schon angekündigt und man kann ihm glauben, wenn er sagt, dass er sich immer noch als Außenseiter sieht bei den Abfahrten und nicht als Favorit, trotz seiner Leistung in Kitzbühel. Klar, er hatte als erster Deutscher nach 39 Jahren das legendäre Rennen gewonnen und so mancher hätte seine Geschichte nun gerne fortgeschrieben mit: dem ersten Sieg in Garmisch eines deutschen Abfahrers seit 26 Jahren. Doch der Schweizer Beat Feuz war am Samstag der Schnellste vor Dominik Paris aus Italien und Österreichs Vincent Kriechmayr, Dreßen belegte als bester Deutscher Rang sieben. "Wenn ich damit nicht zufrieden wäre, gehörte ich geschlagen", sagte Dreßen im Anschluss, nur fünf Zehntel trennten ihn vom Sieger, er weiß: Sowas wie Kitzbühel passiert nicht alle Tage.

Es kann ja dann ziemlich schnell gehen mit den Erwartungen um einen herum, es kann einen Sportler verändern und seinen Fokus, wenn die Aufmerksamkeit plötzlich zu sehr anwächst wie nach einem Kitzbühel-Sieg, und das auch noch vor Olympia. "Ich spüre jetzt nicht mehr Druck als vorher", hatte Dreßen vor seinem Rennen in Garmisch-Partenkirchen gesagt, es war ja nun sein Heimrennen gewesen, seine Heimat Mittenwald ist nur eine halbe Stunde Autofahrt entfernt. Anspannung merkte man ihm trotzdem nicht an, weder im Rennen noch danach.

Einfach so zum nächsten Sieg zu marschieren, hatte er sich nicht als Ziel auferlegt. "Für mich ist das Wichtigste die Konstanz", sagte Dreßen, was erstmal langweilig klang, aber eben auch so schwer zu erreichen ist: Bei den Skifahrern liegt ja meist kaum eine Sekunde zwischen dem ersten und dem zehnten Platz. "Ich bin jetzt bei jeder Abfahrt in die Top 15 gefahren", sagte er und Dreßen spricht dann ja immer in seiner unverstellten Art: "Die, die jetzt vor mir sind, sind auch keine Nasenbohrer."

Noch nie gewann ein deutscher Abfahrer Olympia-Gold

Die dahinter freilich auch nicht, Andreas Sander war ja schon wieder so gut drauf wie schon vor einer Woche, als aber alles von Dreßens Triumph überstrahlt wurde. Auch in Garmisch leuchtete eine grüne Zwischenzeit nach der anderen bei ihm auf, dann unterlief ihm ein Fahrfehler und bescherte ihm Rang elf. "Wenn der Andi da im freien Fall heute den Schnitzer nicht gemacht hätte, hätte er das Ding gewonnen", sagte Dreßen, der ohnehin findet: "Es steht keiner dem anderen irgendwas nach von der Leistung her", seine Kollegen im Team könnten sogar "mit Sicherheit so schnell sein wie ich". Josef Ferstl, der sich die vergangenen Tage mit einer Grippe geplagt hatte, wurde 35., Manuel Schmid 37., Christof Brandner landete auf Rang 41.

Am kommenden Freitag geht es für die Deutschen schon im Flieger nach Pyeongchang, einen deutschen Olympiasieger in der Abfahrt hat es noch nie gegeben. Dass er zu den Namen gehört, mit denen dort nun gehandelt wird, weiß Dreßen natürlich. Selbstvertrauen und Lockerheit will er nun mitnehmen nach Südkorea, "aber wie gesagt: mit einem kleinen Fehler merkst du, dass du nicht ganz vorne stehst, sondern auf Platz sieben oder zehn oder sonstwas", sagte er noch. Was wiederum nicht danach klang, dass man sich um ihn und seine Einschätzungsgabe derzeit sonderlich viel Sorgen machen müsste. Auch nicht nach einem Sieg in Kitzbühel.

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