Skifahrer Bode Miller:Schleudergefahr abseits der Piste

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Wieder schnell unterwegs: Bode Miller.

(Foto: AFP)

Bode Miller will sich in Sotschi mit einem Big Bang verabschieden - doch den 36-Jährigen belastet ein heftiger Familienstreit: Im Vergleich zu Millers Privatleben wirkt jede durchschnittliche deutsche Patchwork-Familie wie eine erzkatholische Vorzeige-Institution.

Von Christian Andiel, Lake Louise

Es fehlt etwas im Bode-Miller-Universum 2013. Zwar schlenderte der US-Skifahrer in diesen Tagen mit seiner Frau Morgan Hand in Hand über den weichen Teppich des noblen Château Fairmont am Lake Louise. Nachdem ein Stromausfall die Liftanlage lahmgelegt hatte, nutzten die beiden auch den trainingsfreien Donnerstag, um morgens in der ausgesprochen holzlastigen "Lodge of the Ten Peaks" am Fuß der Weltcupstrecke ihren "Sunriser" zu genießen, eine Semmel mit - in dieser Reihenfolge von unten - Mayonnaise, Speck, Tomate, Ei, Käse, Salatblatt und Cocktailsauce. Aber wo war der neun Monate alte Sohn Nate?

Beim Weltcupauftakt in Sölden vor wenigen Woche spielte Miller beim Frühstück im Hotel noch demonstrativ liebevoll mit ihm, während sich zur gleichen Zeit die Konkurrenten bei idealen Bedingungen auf dem Gletscher mit Trainingsfahrten abmühten. Damals sah es so aus, als habe er einen neuen Lebensmittelpunkt gefunden. Auf Schritt und Tritt war die Familie in Sölden zusammen. Jetzt aber ist Nate in New York und heißt Sam.

Das ist bemerkenswert. Weil Bode Miller nicht irgendein Skifahrer ist. Der 36-Jährige ist eine prägende Figur der Szene. Auch im anstehenden Olympia-Winter dürfte das wieder so sein - wenn ihn die Geschehnisse abseits der Piste nicht ins Schleudern bringen. Im Vergleich zu Millers Privatleben wirkt jede durchschnittliche deutsche Patchwork-Familie wie eine erzkatholische Vorzeige-Institution. Kurz die Chronologie: Im April 2012 lernte Miller auf einer Datingsite im Internet Sara McKenna kennen. Nach kurzer Beziehung wurde Sara im Mai schwanger. Im Oktober heiratete Bode aber die ehemalige Volleyballerin Morgan Beck, die kurz darauf eine Fehlgeburt erlitt.

Im Dezember zog Sara, im siebten Monat schwanger, von Kalifornien nach New York, wo im Februar 2013 Millers Sohn zur Welt - den sie Sam nennt, Miller aber Nate. Dass Miller aus einer anderen Beziehung bereits eine fünfjährige Tochter hat, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.

Inzwischen hat sich zwischen Bode Miller und Sara McKenna ein Streit ums Sorgerecht entwickelt, der weit über die unmittelbar Betroffenen hinaus Kreise zieht. Der berühmte Skifahrer hat eine allgemeine Diskussionen ausgelöst, die sich um die Frage dreht: Wie weit dürfen die Rechte des Vaters gehen? Miller wirft McKenna vor, dass sie nur an die Ostküste gezogen sei, weil dort das Sorgerecht traditionell eher der Mutter zugesprochen werde.

Bode Miller und Morgan Beck leben in Kalifornien. Zunächst durften die beiden Millers Sohn aufziehen, so hatte es ein kalifornisches Gericht entschieden, und so kam es zu den liebevollen Szenen in Sölden. Inzwischen aber haben Sara McKennas Anwälte durchgesetzt, dass der Geburtsort von Nate (beziehungsweise Sam) zuständig ist. Am 25. November fand vor dem Familiengericht in Manhattan eine Anhörung statt. Die entscheidende Verhandlung ist für den 9. Dezember anberaumt, bis dahin wurde das Kind der Mutter zugesprochen.

Großes Lob von seinen Trainern

Über die Vorgänge, die Miller gewiss bewegen, hüllt sich der Ski-Heros in Lake Louise in Schweigen. Am Samstag um 20 Uhr deutscher Zeit wird dort die Abfahrt gestartet, auch dazu will Miller nichts sagen, dabei böte auch seine Ski-Karriere einigen interessanten Gesprächsstoff. In Sotschi, bei Olympia, will es Miller noch mal richtig wissen - das zumindest sagen seine Trainer.

Dafür hat der mehrfache Weltmeister und Olympiasieger von 2010 von 100 auf 87 Kilogramm abgespeckt. Er könne schön darüber berichten, "wie schwierig es ist, mit einem anderen Gewicht wieder die Balance auf den Ski zu finden", erzählte Miller in Sölden, als er noch ein glücklicher Familienvater war. Jetzt reden nur noch die Coaches.

Sie berichten von ihrem Klienten nur das Beste. "Bei einigen Trainingsfahrten denkt man: Wow, der Hund hat wieder das Zeug, um ganz vorne reinzufahren", sagt der Österreicher Andi Evers, im zweiten Jahr Abfahrtstrainer beim US-Verband. Auch Cheftrainer Sasha Rearick ist voll des Lobes: "Es ist unglaublich, wie Bode auf den Rennsport fokussiert ist."

Schon beim Saisonauftakt in Sölden überzeugte Miller mit einigen sehr schnellen Schwüngen. Das Training in der Kombigruppe mit Ted Ligety hat sich offenbar ausgezahlt, auch wenn Miller nach 16 Monaten Pause wegen einer Knieverletzung das Level noch kein ganzes Rennen lang halten kann. Dass neben seinem langjährigen Freund und Gruppentrainer Forest Corey nun auch sein Onkel Mike Kenney wieder zum Betreuerteam gehört, rundet das Bild ab. Er habe nun "einfach gute Jungs" um sich, meint Miller, der früher gerne auf den Ski-Weltverband Fis oder die lästigen Medien schimpfte.

Derlei Tiraden waren von ihm schon lange nicht mehr zu hören. Vielleicht, weil er seine ganze Energie für einen letzten, großen Olympia-Aufritt bündeln will. Vielleicht aber auch, weil er sich im Moment generell als idealer Vater präsentieren möchte.

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