Heli Herdt hat es schon vor dem Start gewusst. „Der Wilmsi ist extrem gut drauf“, sagte der Sportdirektor Ski Cross/Freeski des Deutschen Skiverbands, „schau dir die Quali-Zeit an!“ Da hatte der Wilmsi, der eigentlich Florian Wilmsmann heißt und für den TSV Hartpenning (zwischen München und Tegernsee) fährt, beim Weltcup auf der Reiteralm die zweitbeste Zeit aller 46 Starter hingelegt. Nach der Qualifikation ging es noch viel besser weiter für den bald 29-Jährigen: je Platz eins in Achtel-, Viertel- und Halbfinale, und weil er sich an den Platz vor dem Feld schon gewöhnt hatte, ließ er am Donnerstag auch im Finale der Konkurrenz nur den Blick auf seinen Allerwertesten – und gewann als erster deutscher Skicrosser einen Weltcup auf der Reiteralm. Nicht mal ins Finale hatte es ein DSV-Athlet zuvor geschafft.
Nun also Wilmsmann. Zweiter Saisonsieg im sechsten Weltcuprennen, dazu ein zweiter Platz, nie schlechter als Sechster: So geht Konstanz. Tags darauf im zweiten Rennen geriet er im Halbfinale mit Teamkollege Tobias Müller aneinander, stürzte, wurde letztlich Fünfter, darf aber dennoch das goldgelbe Trikot des Gesamtführenden behalten. „Das hatten wir bei den Männern noch nie“, sagt Heldt.
Erfreulich für den Sportdirektor: Neben Wilmsmann ging auch Landsfrau Daniela Maier als Gesamtführende an den Start. Die Saisonbilanz der 28-Jährigen vom Skiclub Urach: fünf Rennen, vier Podien, darunter zwei Siege. Auf der Reiteralm erwischte sie am Donnerstag einen gebrauchten Tag und schied im Viertelfinale aus. Tags darauf rauschte sie im Halbfinale ins Fangnetz, wurde letztlich Siebte und fiel in der Gesamtwertung auf Rang zwei hinter India Sherret zurück.
Zwei Deutsche in der Weltspitze und im März ist die WM, aber Spordirektor Heli Herdt warnt: „Es kann immer alles passieren.“
Egal, das Gelbe Trikot hat nun einen Ehrenplatz im Kleiderschrank, neben der Rookie-Startnummer von 2015. Zwar profitiert sie vom verletzungsbedingten Ausfall der Olympiasiegerin und Weltmeisterin Sandra Naeslund aus Schweden, was Herdt aber nicht als Begründung für Maiers Erfolgsserie gelten lässt: „Man hat schon vergangenen Winter gesehen: Dani ist auf Augenhöhe mit Sandra. Beide haben bestimmte Bereiche, wo sie einen Vorteil gegenüber der anderen haben. Seit Olympia ist die Dani so aufgeräumt in ihrer Herangehensweise, dass man nur staunen kann.“ In Peking kam Maier als Vierte im Ziel, doch dann wurde die drittplatzierte Fanny Smith nach hinten versetzt, da sie Maier behindert haben soll. Die Jury-Entscheidung wurde jedoch revidiert, wodurch Smith doch Bronze bekam. Der DSV klagte, bekam Recht – und sowohl Maier als auch Smith eine Bronzemedaille. Herdt sagt: „Im ersten Moment war das natürlich eine Stresssituation. Aber sie hat diese Erfahrungen im Nachhinein als positives Erlebnis mitnehmen können. Sie ist daran gewachsen.“

Zwei Deutsche in der Weltspitze – da schwebt der Sportdirektor doch auf Wolke sieben, oder? „Das glaubt immer jeder“, sagt Herdt, „aber ich bin lang genug im Sport, um zu wissen, dass das riskant ist. In unserem Sport, in dem mehrere Athleten gleichzeitig um den Einzug in die nächste Runde fighten, kann halt immer alles passieren.“
So wie am Donnerstag, als Routinier Alex Fiva (Schweiz) heftig stürzte. „Den Fiva muss man auf der Rechnung haben!“, hatte Herdt vorab geunkt, „ansonsten höre ich aus der internationalen Trainerschaft, dass der Wilmsi, der Youri und vielleicht noch der David sind diejenigen sind, die das heuer unter sich ausmachen.“ Der Franzose Youri Duplessis Kergomard und der Schwede David Mobaerg liegen derzeit aber weit hinter Wilmsmann. Herdt erklärt, warum: „Wilmsi lernt jeden Tag dazu, aus jeder Erfahrung“, findet Herdt: „Zum Beispiel beim zweiten Rennen in Val Thorens, wo er mit Tyler Wallasch in Kontakt kommt, ein bissl zurückzieht und dadurch das Halbfinale verpasst, worauf der Wilmsi sagt, das wird ihm nicht noch einmal passieren! Seine Lernkurve geht immer noch steil nach oben.“
Wo soll das bloß alles hinführen? Herdt meint, man habe klare Ziele definiert: „Wir wollen in den nächsten drei Jahren bei den Großveranstaltungen performen. Das ist jetzt die Chance, für unseren Sport in Deutschland Aufmerksamkeit zu generieren.“ Die WM im März in St. Moritz, die Olympischen Winterspiele 2026 in Livigno und die WM 2027 im Montafon seien Stationen, die so nah an Deutschland dran sind, dass das mediale Interesse entsprechend ist. „Das merken wir jetzt schon. Und da helfen die aktuellen Erfolge natürlich.“