Ski-WM: Teamwettbewerb:Felix und die kranken Frauen

Neue Erfahrung für die deutschen Männer: Weil Maria Riesch, Kathrin Hölzl und Viktoria Rebensburg pausieren, kommt es im Team-Wettbewerb vor allem auf Felix Neureuther an.

Michael Neudecker, Garmisch

Am Sonntag ist Felix Neureuther bei der Ski-WM angekommen, am Montagabend hat er sich den Reportern gestellt, und die wichtigste Nachricht lautet nun: Felix Neureuther ist gesund. Es wäre ratsam, dass der Deutsche Skiverband ihn sofort unter Quarantäne stellt, zum Selbstschutz, schließlich ist er der letzte gesunde und nicht geschwächte Medaillenkandidat, den sie im Team noch haben.

Und für Neureuther beginnt die WM jetzt, an diesem Mittwoch, mit dem Team-Wettbewerb, ehe am Freitag der Riesenslalom ansteht und am Sonntag der Slalom. "Ich freue mich, dass ich jetzt WM-Luft schnuppern kann", sagte Neureuther am Montag, er hustete nicht.

Der Teamwettbewerb ist nicht die wichtigste Disziplin bei einer Ski-WM, aber Medaillen gibt es ja doch, und Gerüchten zufolge sollen diese Medaillen auch die üblichen Legierungen Gold, Silber und Bronze haben. Der DSV möchte daher eine Mannschaft aufstellen, die einen dieser Preise gewinnen kann; eine Mannschaft besteht aus zwei Männern und zwei Frauen, dazu können zwei Reservefahrer/innen nominiert werden.

Was die Männer angeht, hat der Verband die besten Athleten nominiert, die er für so einen Parallel-Riesenslalom aufbieten kann: Neureuther, dazu Fritz Dopfer und den jungen Stefan Luitz. Bei den Frauen ist das nicht so einfach, und das ist irritierend.

Bislang waren sie es beim DSV gewohnt, sich über die Männer Sorgen zu machen und die Siege der Frauen zu feiern. Aber jetzt, bei der Heim-WM, ist es andersherum: Der Verband muss sich um die Frauen sorgen. Maria Riesch ist noch dabei, sich von ihrem grippalen Infekt zu erholen, Viktoria Rebensburg hatte vor kurzem hohes Fieber, und Kathrin Hölzl? Auch die Weltmeisterin von 2009 im Riesenslalom darf offenbar froh sein, wenn sie überhaupt antreten kann.

Hölzl hatte schon im Sommer Schwierigkeiten, sie klagte damals über Muskelschmerzen, die so heftig waren, dass sie kein Krafttraining absolvieren konnte. Woher die Schmerzen kamen, war unklar, Hölzl wurde von einem Arzt zum nächsten geschickt, nach Berlin, Traunreuth und anderswohin, ohne Ergebnis. "Kein Spezialist in Deutschland konnte uns sagen, was los ist", sagt Wolfgang Maier, der Alpin-Direktor des DSV. Im Grunde, fügt er an, "hatten wir ihre Teilnahme an der WM schon abgehakt".

Ohne Ursache ist eine wirksame Behandlung kaum zu definieren, weshalb "monatelang falsch therapiert" worden sei, wie Maier sagt. Erst jetzt nämlich scheint das Krankheitsbild gefunden: Hölzl leide an einer Erkrankung, für die es mehrere Ursachen gebe, sagt Maier, eine sei eine Art Rheuma-Virus, der - wie jeder Virus - sich entfaltet, wenn das Immunsystem geschwächt ist. Hölzl hatte im Sommer viel trainiert, "sie war nahe am Übertraining", sagt Maier, da trat die Krankheit erstmals auf.

Dann ging es ihr besser, bis zum Riesenslalom in Semmering im Dezember: Da war sie von einer leichten Grippe geschwächt, die Schmerzen kamen wieder. Der Arzt behandelte sie damals "mit allen erlaubten Medikamenten", sagt Maier - Hölzl wurde Dritte, aber die Treppe zum Start konnte sie ohne fremde Hilfe nicht hochgehen.

In der Tat wurden bei ihren Blutwerten Indikatoren festgestellt, die auf Rheuma deuten können, Genaueres aber kann auch Kathrin Hölzl selbst nicht sagen. Immerhin: Die Behandlung, die sie vergangene Woche bei einem Therapeuten in Potsdam bekam, zeige Wirkung, sie fühle sich nun fast schmerzfrei, sagte Hölzl am Dienstag.

Für eine Teilnahme am Teamwettbewerb genügt das nicht, Hölzl hat bis zu ihren ersten Einheiten am Wochenende drei Wochen kein Skitraining mehr absolviert. "Sie hat einen gigantischen Muskelkater", sagt Maier. Beim Riesenslalom am Donnerstag will sie zwar starten - die Verteidigung ihres Titels wäre unter diesen Umständen aber geradezu sensationell.

Riesch entscheidet selbst

Olympiasiegerin Viktoria Rebensburg ist da schon eher zuzutrauen, die Kandahar mit einer Medaille zu verlassen. Allerdings auch nicht am Mittwoch: Rebensburg wird wie Hölzl nicht im Teamwettbewerb starten, sondern erst am Donnerstag im Riesenslalom. Vor rund einer Woche, kurz nach dem Weltcup-Rennen in Zwiesel, erkrankte Rebensburg: Sie bekam Fieber, 39,8 Grad. Noch am Tag des Super-G-Rennens am Dienstag vergangener Woche fuhr sie heim nach Kreuth, um sich zu erholen.

Jetzt, mehr als eine Woche später, geht es ihr wieder gut, sie sei "fast bei hundert Prozent", sagt Rebensburg. Zuhause ließ sie sich täglich in der Praxis des Osteopathen und Heilpraktikers Thomas Merkel in Schliersee behandeln, der auch mit dem DSV zusammenarbeitet. Am Sonntag fuhr sie nach Saalbach-Hinterglemm zum Trainieren, noch am Dienstag absolvierte sie dort vier Übungsfahrten, ehe sie am Nachmittag nach Garmisch-Partenkirchen weiterreiste.

Das Training verlief gut, sie übte zwar nicht bis zur Erschöpfung, aber allein, um wieder ein Gefühl für Ski und Schnee zu bekommen, sei das Training wichtig gewesen, sagt sie. Im Riesenslalom ist Rebensburg also die größte Medaillenhoffnung der Deutschen, neben Maria Riesch, die nach ihrem Husten ebenfalls wieder auf dem Weg der Besserung ist. Was nicht heißt, dass es ihr gut geht: Auch Riesch fehlt im Kader für den Teamwettbewerb.

Riesch konnte selbst entscheiden, ob sie teilnimmt, und ihre Entscheidung gegen den Teambewerb ist nicht überraschend. Auch für sie stehen wichtigere Rennen auf dem Programm, für die sie all ihre Kraft brauchen wird: eben der Riesenslalom, dazu der Slalom am Samstag. Stattdessen werden Veronika Staber, 23, sowie die 19-jährigen Lena Dürr und Veronique Hronek antreten. Staber beeindruckte im Riesenslalom von Zwiesel vor eineinhalb Wochen mit einem zwölften Platz, Dürr gilt als eine der talentiertesten Nachwuchsfahrerinnen im DSV, die im Weltcup noch unerfahrene Hronek ist als Reservistin eingeplant.

Staber und Dürr sind gute Technikerinnen, nur: Dürr steht kurz vor dem Abitur, sie hat wenig Zeit zum Trainieren. Und Staber war Rebensburgs Zimmerkollegin in Zwiesel, sie schickte ihr an jenem Dienstag, als Rebensburg krank wurde, eine SMS, mit dem Inhalt: Bin krank, habe Fieber.

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