Ski-WM: Super-G der Männer:"Christof, gib Vollgas!"

Erst scheiden die Favoriten reihenweise aus, dann gelingt dem Südtiroler Christof Innerhofer ein unerwartet fulminanter Lauf. Die größte Show des Tages liefert jedoch der Amerikaner Bode Miller.

Carsten Eberts

Und dann kam Bode. Man hatte gewissermaßen Angst um ihn, denn bevor Bode Miller mit Startnummer elf ins Rennen ging, waren bereits vier Kollegen ausgeschieden. Auch alle anderen hatten große Probleme mit der eisigen Piste. Wann also würde es den verrückten Amerikaner schmeißen, den aggressivsten Fahrer von allen?

Men's Super G

Der Weltmeister, mit dem niemand gerechnet hatte: Christof Innerhofer aus Südtirol.

(Foto: dpa)

Bode Miller begann verhältnismäßig klug und kontrolliert - dann fiel auch er der Strecke zum Opfer. In einer engen Rechtskurve im Steilhang touchierte Miller das Tor, riss die Fahne mit, verlor gar seinen rechten Stock. In spektakulärer Manier baute er seinen Vorsprung dennoch auf mehr als 90 Hundertstel aus. Er passierte sogar den "Freien Fall", die steilste Stelle überhaupt - und man malte sich aus, wie das wohl enden würde: Bode Miller, Weltmeister im Super-G, mit nur einem Stock?

Dazu kam es nicht, denn im unteren Steilhang hätte Miller seinen Stock tatsächlich gebraucht. Der Amerikaner drehte quer, verlor zu viel Geschwindigkeit, kam mit großem Abstand ins Ziel, wurde schließlich Zwölfter. Einer der großen Favoriten war raus - der Weg für andere damit frei. Am besten nutzte dies unerwartet der Italiener Christof Innerhofer, der die gelungenste Mischung aus Risiko und Wachsamkeit fand und in fulminanter Fahrt zum WM-Titel raste.

Es war ein großer Kreis an Favoriten, die sich alle Hoffnung auf den WM-Titel machten. Innerhofer überraschte sie alle: Titelverteidiger Didier Cuche aus der Schweiz, der nur Vierter wurde (1,03 Sekunden Rückstand); Olympiasieger Aksel-Lund Svindal, der nach einem Fahrfehler ausschied; Bode Miller, der seinen Stock verlor. Am besten machten es noch der Österreicher Hannes Reichelt, der mit sechs Zehntel Rückstand auf Platz zwei raste, vor dem Kroaten Ivica Kostelic (+ 0,72 Sekunden).

Überraschungssieger Innerhofer, den vor dem Rennen eigentlich niemand auf dem Zettel hatte, zeigte sich im Ziel fassungslos. "Das ist ein Traum, ich kann das gar nicht begreifen", sagte er, bevor er sein recht pragmatisches Erfolgsgeheimnis verriet: "Diese Chance hat man nur alle zwei Jahre. Ich habe mir gesagt: Christof, gib' Vollgas, jetzt fährst du volle Pulle."

Auch Ivica Kostelic, der wahrlich nicht als Super-G-Spezialist gilt, suchte nach den richtigen Worten: "Das war das schwerste Rennen überhaupt, sicherlich nicht gut für meine Knie und Gelenke. Aber ich bin einfach mit vollem Herzen gefahren."

Enttäuschende Deutsche

Einen passablen Tag erlebten auch die Österreicher. Die hatten sich nach den WM-Katastrophen vergangener Jahre in auffälligem Understatement geübt - und konnten mit dem zweiten Rang von Hannes Reichelt sowie den Plätzen fünf und sechs von Benjamin Raich und Romed Baumann hochzufrieden sein.

Einzig Mitfavorit Michael Walchhofer hatte sich mehr versprochen - er kam mit 2,20 Sekunden Rückstand als Elfter ins Ziel.

Die Deutschen hatten mit dem Ausgang des Rennens nichts zu tun. Man fragte sich natürlich, weshalb mit Tobias Stechert und Andreas Sander ausgerechnet bei der Heim-WM nur zwei Fahrer am Start waren - wo doch schließlich vier pro Nation antreten dürfen. Bundestrainer Karlheinz Waibel wollte den Kader jedoch nicht künstlich mit Fahrern auffüllen, die ohnehin chancenlos wären.

Das war verständlich, denn an diesem Tag waren selbst Sander und Stechert chancenlos. Sander, der Juniorenweltmeister von 2008, winkte fröhlich ins Publikum, obwohl er mit 4,09 Sekunden Rückstand ins Ziel kam und 21. wurde. "Es war ein brutaler Ritt. Das war ein Wahnsinnsgefühl, ins Ziel zu kommen", sagte Sander trotzdem zufrieden. "Für sein Alter ist das schon okay, was er zeigt. Für die Kulisse und die brutale Piste war das zufriedenstellend", lobte auch Alpin-Direktor Wolfgang Maier.

Stechert hingegen startete direkt nach Sander und schied bereits nach wenigen Sekunden aus - er verlor seinen rechten Ski. Wütend schmiss er seine Stöcke in den Schnee. Es war der 14. Ausfall des Tages.

Zu den Geschlagenen zählte auch Bode Miller: "Ich war gut unterwegs, aber ohne Stock hatte ich keine Chance", sagte der Amerikaner im Ziel, schon wieder ganz cool mit Sonnenbrille und keiner Regung im Gesicht: "Aber der Schnee ist super, sehr griffig, das macht Spaß." So klingt einer, der sich bereits auf die Abfahrt am Samstag freut.

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