Zukunft der Parallelrennen:Könige ohne Königreich

Zukunft der Parallelrennen: Alexander Schmid holte im Parallelrennen den WM-Titel für Deutschland.

Alexander Schmid holte im Parallelrennen den WM-Titel für Deutschland.

(Foto: Fabrice Coffrini/AFP)

Die Parallelwettbewerbe sollten den Alpinsport einem jüngeren Publikum öffnen. Nun scheint der Weltverband die halbwegs etablierten Formate abzuwickeln - das zeugt mal wieder von besonderem sportpolitischem Ungeschick.

Kommentar von Johannes Knuth, Méribel

Die Website des Ski- und Snowboard-Weltverbandes Fis ist als seriöse Nachrichtenquelle seit jeher mit Vorsicht zu genießen, und seit Johan Eliasch sich zum Fis-Präsidenten aufgeschwungen hat, hat sich das nicht gerade zum Besseren gekehrt - freundlich gesagt. Die vergangenen Tage konnte man den Schlagzeilenmachern aber ausnahmsweise zustimmen. Das WM-Finale im Team-Parallelrennen, jubelte die Fis, brachten alle Elemente hervor, die dieses Format so sehenswert machen.

Die Fahrerinnen und Fahrer aus den USA und Norwegen hatten sich packend duelliert, das letzte Duell zwischen Tommy Ford und Timon Haugan gipfelte in einem simplen Spannungsbogen: Der Sieger würde seinem Team den Titel bescheren. Es traf dann Ford, weil Haugan sich vor Aufregung am Start-Tor verhedderte und fast per Salto auf die Piste plumpste. Der Amerikaner River Radamus bündelte es später treffend, als er seine Liebe für das Team-Event in die folgende Formel goss: "Es kitzelt eine ganz andere Energie in mir hervor." Jeder Schwung des Einzelnen rückt in den Dienst einer Mannschaft, und so belohnten sich die Amerikaner in Méribel auch gemeinsam für Enttäuschungen, die ihnen dieser Individualsport zuvor beschert hatte: Knochenbrüche, Bänderrisse, die hohen Erwartungen nach Juniorentiteln, an denen Radamus lange verzweifelte.

Die Fis wechselte die Regeln öfter als Hollywoodschauspieler ihre Lebensgefährtinnen

Es ist rund zwölf Jahre her, als sie die Parallelrennen wieder bei alpinen Weltmeisterschaften und im Weltcup eingliederten - ein Klassiker des Alpinsports, der in den USA zuvor schon mal als Profitour aufgelegt war. In der Theorie klang das alles nicht schlecht, zwei Fahrer duellieren sich Kopf an Kopf; das kurzweilige Event sollte vor allem ein jüngeres Publikum erreichen in einem Sport, der schwer von seiner Geschichte zehrt. Bis sie die simple Idee stimmig in die Praxis übersetzten, dauerte es aber, die Fis wechselte die Regeln phasenweise öfter als Hollywoodschauspieler ihre Lebensgefährtinnen. Fahrer wandten sich ab, im Weltcup schien das Format immer seltener auf.

Für die Winterspiele 2026 ist es bereits gestrichen, angeblich, weil Männer und Frauen dort in zwei unterschiedlichen Skigebieten fahren und es logistisch nicht machbar sei, sie für einen Wettbewerb zusammenzubringen. Für 2030 könnte die Disziplin dann wieder olympisch werden, hieß es zuletzt, zugleich sickerten in Frankreich neue Pläne durch, die Parallelrennen könnten demnach auch bei den kommenden Weltmeisterschaften gestrichen werden.

Die vorläufige Pointe dabei: Zumindest im Team-Format hatten sie die Regeln zuletzt so hingebogen, dass es gut anzuschauen war. Die Einschaltquoten, sagen sie im Deutschen Skiverband, seien auch passabel gewesen, obwohl das Format bei Weltmeisterschaften unter der Woche stattfindet, also nicht zur Premiumzeit. Nun also die Demontage, an der, wie DSV-Sportvorstand Wolfgang Maier jetzt betonte, nicht nur die Fis die Schuld trage, sondern auch die Nationalverbände, die sich in diversen Gremien lange nicht auf stringente Regeln einigten. Das ist jedenfalls auch ein Talent: Die Könige in einer Disziplin zu küren - und ihnen zugleich ihr Königreich zu rauben.

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