Ski-Weltverband - Klage gegen Präsident Eliasch:Rückzug mit ungewissen Folgen

Ski-Weltverband - Klage gegen Präsident Eliasch: Umstritten: Johan Eliasch hat als Fis-Präsident bislang eine höchst zweifelhafte Bilanz.

Umstritten: Johan Eliasch hat als Fis-Präsident bislang eine höchst zweifelhafte Bilanz.

(Foto: Patrick Steiner/Gepa/Imago)

War die Wiederwahl des umstrittenen Fis-Präsidenten Johan Eliasch rechtens? Die großen Skiverbände, darunter der deutsche, wollen nun doch nicht mehr gegen ihn klagen - zum Wohl des Sports, betonen sie.

Von Johannes Knuth

Die Ziellinie war endlich in Sicht, das Urteil für die kommende Woche erwartet, die Spannung groß. Es kommt ja nicht so oft vor, dass der Präsident des Ski-Weltverbands Fis vor den Internationalen Sportgerichtshof (Cas) gezerrt wird - und zwar von den drei großen Nationalverbänden aus der Schweiz, Österreich und Deutschland, die anzweifeln, ob Johan Eliasch, besagter Fis-Präsident, überhaupt rechtmäßig in Amt und Würden gekleidet wurde. Doch jetzt haben die Verbände kurz vor dem Ziel abgeschwungen, ihre Klage zurückgezogen. Die Akten sind geschlossen.

Das kommt durchaus überraschend. Die Fronten zwischen Eliasch und den Nationalverbänden wirkten zuletzt so hart, dass es schwerfiel, Festigkeitsformeln aus der Physik als Vergleichsgrößen heranzuziehen. Im Mai 2022 hatten diverse Delegierte, darunter die drei großen Nationalverbände, Eliaschs Wiederwahl noch boykottiert. Sie empfanden, grob gesagt, das Prozedere rund um den Kandidaten als undemokratisch.

"Wir haben die Klage nicht zurückgenommen, weil sich unsere Rechtsauffassung geändert hat", sagt Stefan Schwarzbach nun, Vorstandsmitglied im Deutschen Skiverband (DSV). Man habe vielmehr erkennen müssen, dass das Cas-Verfahren "die Abstimmungsprozesse im Tagesgeschäft überlagert, teilweise sogar blockiert". Dies beschädige die Entwicklung des Skisports mit jedem Tag mehr. Frei übersetzt: Man unternimmt einen weiteren Versuch, sich zusammenraufen, im Dienste der Sache.

Ob das klappen kann?

Der Konflikt hatte sich seit über einem Jahr hochgeschaukelt

Zum ersten Mal hatte sich der Konflikt vor der Wahl im vergangenen Mai hochgeschaukelt. Eliasch war rund ein Jahr zuvor an die Stelle des verstorbenen Fis-Präsidenten Gian Franco Kasper gerückt, und er hatte rasch Unmut auf sich gezogen. Der Präsident entscheide im kleinen Zirkel, verspreche viel und liefere wenig Konkretes, so hieß es nicht selten, auch wenn Eliasch das stets zurückwies. Vieles bündelte sich in der Frage, wie der Wintersport künftig seine TV-Rechte vermarkten soll - und damit das große Geld. Die Fis will die Rechte - die ihr ohnehin exklusiv zustünden, wie sie sagt -, so schnell es geht zentral bündeln. Das werfe mehr Geld für alle Nationalverbände ab, versprach sie. Mit welchem Konzept und nach welchem Schlüssel, das konnten viele Verbände bis zuletzt nur nicht recht erkennen. Dabei haben Nationalverbände wie der DSV ihre Rechte über Zwischenhändler weitervergeben, teils auf Jahre. Sollte die Fis das Geschäft abrupt an sich ziehen, drohten Prozesse, hohe Kosten - das, so argumentierte auch der DSV, könnte das existenzielle Fundament vieler Verbände ins Rutschen bringen.

In Mailand, bei Eliaschs Wiederwahl, eskalierte der Konflikt. Der Eigentümer des Ski-Fabrikanten Head hatte kurz zuvor seine konkreten Pläne im Fis-Rat vorgestellt, das löste bei vielen Delegierten Missmut aus, freundlich gesagt. Das geschah, rein zufällig, just nach der Frist, bis zu der man einen Gegenkandidaten fürs Präsidentenamt der Fis hätte nominieren können. Die Delegierten in Mailand hatten dann jedenfalls nur die Wahl, für Eliasch zu votieren oder sich zu enthalten - ein Nein sehen die Fis-Statuten nicht vor. Schon dies könne nicht vom Schweizer Vereinsrecht gedeckt sein, dem die Fis unterliegt, argumentierten die klagenden Verbände. Die Fis konterte damals, sie sei zuversichtlich, dass alles im Einklang mit Fis-Paragrafen und Schweizer Recht sei. Sämtliche Vorwürfe der Nationalverbände seien "vollkommen frei von Wert und Substanz".

Das, was bis dahin unter der Oberfläche gebrodelt hatte, war nun aufgebrochen. Und beide Seiten wappneten sich in der Folge weiter, mit Worten und Taten. Die Kläger verkündeten im Januar in Kitzbühel, beim wichtigsten Alpin-Event des Jahres neben den Weltmeisterschaften, eine pikante Kooperation. Als Vehikel hatten sie sich die Organisation der Alpenländer-Skiverbände (OPA) ausgeguckt, eine Allianz, die schon 1972 geschmiedet wurde und vor allem im Nachwuchs Wettkämpfe organisiert; neben der Schweiz, Österreich und Deutschland sind auch Frankreich und Italien darin vertreten. In Kitzbühel verkündete die OPA also, dass Roswitha Stadlober, die Präsidentin des Österreichischen Skiverbands (ÖSV), der Allianz künftig vorsteht, DSV-Präsident Franz Steinle als einer von zwei Vizepräsidenten. Marketing, Organisation, Wettkampfformate, das alles wolle man so noch enger erarbeiten. Andere Länder hätten auch schon Interesse bekundet, zur Allianz zu stoßen. Das musste man wohl so lesen: Wir stehen zusammen - und wenn es zum Bruch mit der Fis kommen sollte, sind wir für alles präpariert.

Und nun, aus den Trümmern dieser Konflikte, die Wende zum Friedensgipfel?

Beim Weltcup-Finale der Alpinen soll ein Runder Tisch anberaumt werden

Man habe in den vergangenen Wochen viele Gespräche geführt, sagte DSV-Vorstandsmitglied Stefan Schwarzbach auf Anfrage. Vor allem habe man von Mitgliedern des Fis-Rats, dem Eliasch als Präsident angehört, die Bitte entgegengenommen, auf die Fis zuzugehen, einen Runden Tisch anzuberaumen. Da die Fis dem Begehr zugestimmt habe - schriftlich -, habe man das Verfahren vor dem Cas eingestellt, als Zeichen der Willensbekundung, sagte ÖSV-Generalsekretär Christian Scherer in österreichischen Medien. Eine erste Zusammenkunft sei bereits für diese Woche geplant, beim Weltcup-Finale der Alpinen in Andorra.

Zu erörtern gäbe es zumindest eine Menge, neben den großen Linien: Wie sieht eigentlich der Alpin-Kalender für die kommende Saison aus? An welchem Wochenende findet Kitzbühel statt? Wie geht es mit den anderen Sportarten neben den Alpinen weiter? Und mit Verfahren der Fis-Ethikkommission gegen Vertreter, die sich gegen Eliasch gestellt hatten, angeblich nach Beschwerden anderer Mitgliedsverbände? Dass es diese Verfahren gibt, hatte Eliasch im vergangenen Herbst bestätigt.

Die Fis äußerte sich am Dienstag, drei Tage nach den ersten Wortmeldungen aus den Nationalverbänden, "erfreut" über die zurückgezogene Klage. Die vorgebrachten Vorwürfe seien ohnehin "leichtsinnig" und "unbegründet" gewesen. Nun könne man sich wieder auf das fokussieren, "was wirklich zählt: demokratisch und weltoffen zusammenzuarbeiten und die besten Rahmenbedingungen für unseren Sport zu schaffen".

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