Ski-Weltcup:Befremdet zwischen Trommeln

Beim festlichen Auftakt zum alpinen Ski-Weltcup in Sölden hadern die deutschen Ski-Frauen mit den Platzierungen im Riesenslalom.

Michael Neudecker

Maria Riesch weiß, was sich gehört, weshalb sie rüberging zur Tribüne, wo eine beachtlich große Gruppe von Menschen mit lilafarbenen Käppis stand, dazwischen Musikanten mit Trachtenjankern. Der Fanklub von Maria Riesch war mit offiziell 165 Anwesenden der stärkste Fanklub beim Weltcup-Auftakt der alpinen Skisaion in Sölden, und jetzt stand also Maria Riesch inmitten ihrer Fans, die Kapelle trompetete und trommelte und die Fans wogten begeistert von rechts nach links. Das sah sonderbar aus, genauso muss sich Maria Riesch nach ihrem Gesichtsausdruck auch gefühlt haben; so toll war der Weltcupstart für sie ja nicht gelaufen. Oder?

Ski-Weltcup: Einen durchwachsenen Saisonstart legte auch Maria Riesch hin.

Einen durchwachsenen Saisonstart legte auch Maria Riesch hin.

(Foto: Foto: dpa)

"Ein paar Böcke"

Platz 18 im Riesenslalom, vor allem wegen eines schwachen ersten Durchgangs, "das darf man nicht überbewerten", sagte Riesch nach dem etwas besseren zweiten Lauf gut gelaunt. Gut, "ein paar Böcke" habe sie sich schon zuschulden kommen lassen, aber "es wäre doch wirklich eine Überraschung gewesen, wenn ich hier ein super Rennen gefahren wäre". Das stimmt schon: Maria Riesch war in den vergangenen Jahren selten auffällig gut im Riesenslalom, ihre Vorzüge liegen in den anderen Disziplinen.

So gesehen war es "ein normales Ergebnis für sie", wie DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier fand. Andererseits: Ein bisschen mehr hatte sie sich schon erhofft, "sie geht immer mit einer hohen Erwartung an sich selbst an den Start", sagte Maier. Im Riesenslalom-Training war es zudem nicht schlecht gelaufen für Maria Riesch, weshalb man ihr die gute Laune dann doch nicht so ganz abnehmen konnte.

Die irgendwie befremdet wirkende Maria Riesch inmitten der trommelnden und hüpfenden Fans, das war auch ein Bild, das insgesamt gut zu diesem ersten Weltcup-Wochenende des Olympiawinters passte. In Sölden wird traditionell viel getrommelt und gehüpft, alle freuen sich, dass es losgeht, weshalb sie aus allen Himmelsrichtungen nach Sölden strömen - 11000 Zuschauer kamen allein am Samstag auf den im Sonnenschein erstrahlenden Rettenbach-Gletscher.

Der deutschen Mannschaft aber war nicht zum hüpfen zumute, keiner war zwar richtig unzufrieden, aber vollkommen zufrieden konnten sie auch nicht sein. Kathrin Hölzl, die Weltmeisterin im Riesenslalom, wurde Siebte, was zwar eine Platzierung besser ist als die vergangenen beiden Jahre in Sölden, aber doch weniger, als sie sich ausgerechnet hatte. "Ich war im Training extrem gut in Form", sagte sie, und der Hang liege ihr eigentlich auch.

Hölzl erfüllt die Norm

Aber es war ein schwieriger Kurs, wie immer in Sölden, mit einer recht kantigen, harten Einfahrt in den Steilhang und einem sehr flachen Stück am Ende. Für Susanne Riesch und Fanny Chmelar, eher Slalom-Fahrerinnen, war der Hang zu schwierig, sie verpassten die Qualifikation für den zweiten Durchgang deutlich. Am besten kamen die zurecht, die auch als Favoritinnen im Riesenslalom für die ganze Saison gelten dürfen: Die Finnin Tanja Poutiainen gewann mit einer hundertstel Sekunde vor der Österreicherin Kathrin Zettel und der Italienerin Denise Karbon.

Immerhin erfüllte Hölzl damit schon im ersten Rennen die Olympianorm (einmal mindestens Achte oder zweimal mindestens 15.), "das ist noch das Beste an diesem Tag", sagte sie. Selbiges gelang Viktoria Rebensburg, die als Achte abschloss und damit das zweite Olympiaticket für den DSV dieses Wochenende löste. "Das ist ein Traum", fand Rebensburg, "besser kann es für mich nicht laufen, Olympia ist was Besonderes." Sie strahlte, es war ein schöner Bruch der ansonsten gedämpften Stimmung.

Die kommenden zwei Wochen konzentrieren sich die deutschen Frauen nun auf die Speed-Disziplinen (etwa Ende dieser Woche in Haus in Österreich) und vor allem auf den Slalom; das nächste Weltcup-Rennen ist der Slalom von Levi, Finnland, am 14.November. Was sie nun mitnehmen aus diesem ersten Rennen? "Ich weiß, woran ich arbeiten muss", sagt Maria Riesch, zum Beispiel "am Schwung-Timing". Kathrin Hölzl dagegen hatte erst einmal andere Sorgen. Ihr "zweiter kleiner Zeh von links", wie sie präzisierte, schmerzte am Samstagabend so sehr, dass sie kaum in ihre Turnschuhe passte; allerdings nichts tragisches, lediglich die Nachwehen einer Blase mit anschließender Blutvergiftung, die sie sich schon vor zwei Wochen geholt hatte, weil sie hohe Schuhe getragen hatte. Und Viktoria Rebensburg? "Das gibt mir Selbstvertrauen für die Zukunft", sagte sie.

Kreuzbandriss bei Hosp

Während Rebensburg strahlte und Hölzl sich ihrer Schuhe entledigte, war eine ihrer Kolleginnen aus Österreich schon operiert worden: Nicole Hosp, nach einem Innenbandriss im linken Knie gerade erst wieder auf die Renn-Pisten zurückgekehrt, stürzte schon kurz nach der ersten Zwischenzeit. Dann kam der Hubschrauber, sie wurde umgehend ins nahegelegene Krankenhaus Hochrum gebracht und gleich operiert; Kreuzbandriss im rechten Knie, so lautete die erste Diagnose. Dem Vernehmen nach war die ehemalige Weltmeisterin nach einer guten Vorbereitung in Top-Form, nun wird sie voraussichtlich für die gesamte Saison ausfallen. Der Favoritenkreis für den Gesamtweltcup der Frauen hat sich damit schon im ersten Rennen verkleinert.

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