Ski-Hoffnung Fritz Dopfer:Endlich ein echter Rennfahrer

Fritz Dopfer, 24, ist der Beleg, dass die deutschen Alpinen mehr zu bieten haben als Felix Neureuther. Der Halb-Österreicher holte in den USA den ersten deutschen Podiumsplatz im Riesenslalom seit 17 Jahren - weil er auf der Piste endlich an sein Limit geht.

Christian Andiel und Michael Neudecker

Karlheinz Waibel war nicht sauer, aber ernüchtert, das schon. Der Cheftrainer der deutschen Skirennfahrer hatte mehr von Fritz Dopfer erwartet, seinem einzigen Riesenslalom-Spezialisten, doch dann kam der erste Durchgang: sechs Sekunden Rückstand auf den Schnellsten, Platz 53, den zweiten Durchgang klar verpasst. Ja, der Dopfer Fritz sei ein guter Skifahrer, sagte Waibel ruhig, "jetzt müssen wir noch einen guten Rennfahrer aus ihm machen".

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Der 24-jährige Fritz Dopfer stand am vergangenen Wochenende zum ersten Mal in seiner Karriere auf dem Podest.

(Foto: AFP)

Das war in Sölden, im Oktober vor zwei Jahren. Fritz Dopfer durfte damals nur starten, weil Felix Neureuther wegen eines grippalen Infekts fehlte; Deutschland hatte nur einen Startplatz im Riesenslalom. Zwei Jahre: Im Sport kann das eine Ewigkeit sein.

Im Dezember 2011 steht Fritz Dopfer in Beaver Creek, USA, im Zielraum und wartet auf die Siegerehrung. Er schüttelt immer wieder den Kopf: Er ist Dritter geworden, hinter den Branchengrößen Marcel Hirscher aus Österreich und Ted Ligety aus den USA.

Fritz Dopfer ist inzwischen 24 Jahre alt, er hat vor allem in der vergangenen Saison angedeutet, dass von ihm noch einiges zu erwarten ist in Zukunft, er hat sich in der Riesenslalom-Welt etabliert - aber andererseits: Er war ja noch nie in den Top Zehn. "Ich hatte den Marcel Hirscher und den Ted Ligety vom Video gekannt, wenn wir ihre Linie, ihren Fahrstil analysieren", sagt Dopfer, "jetzt stand ich neben ihnen auf dem Podest." Er stand da zu Recht.

Fritz Dopfer ist inzwischen zwar nicht mehr der einzige Riesenslalom-Spezialist im deutschen Männer-Team, es gibt nun etwa noch Stefan Luitz und Dominik Schwaiger, die wie Dopfer und Neureuther in Sölden 2011 starteten; aber Luitz und Schwaiger sind noch jünger als er, hoffnungsvolle Talente, die längst nicht in jedem Rennen starten. Dopfer dagegen hat einen fixen Startplatz im Weltcup, er ist der Beleg, dass die deutschen Männer endlich wieder mehr zu bieten haben als Felix Neureuther.

Neureuthers Popularität hat geholfen

Dabei ist er halber Österreicher: Dopfer bezeichnet zwar Deutschland als seine Heimat und startet für den SC Garmisch, aber er ist geboren in Innsbruck und wohnt in Leutasch, Tirol. Dorthin zogen seine Eltern, ein Deutscher und eine Österreicherin, als Dopfer zehn war. Vor allem der Mutter hat er den Anfang seiner Karriere zu verdanken: Sie engagierte sich früh als Skitrainerin. Ein guter Skifahrer war Fritz Dopfer dann recht schnell. Aber ein guter Rennfahrer?

Karlheinz Waibel hat es sich im Sessel der Lobby des Mannschaftshotels bequem gemacht, "so ein Tag tut gut", sagt Waibel, der Cheftrainer ist mit recht vielem im Reinen. "Ich erinnere mich gut", sagt Waibel, "als ich vor drei Jahren das Amt als Männercheftrainer übernommen habe, gab es etliche Beileidsbekundungen." Jetzt kriegt er Glückwünsche, auch dank Fritz Dopfer.

Wie man aus einem talentierten Skifahrer einen guten Rennfahrer macht? Gewiss, die Antwort ist komplex, ein wichtiger Bestandteil der Entwicklung aber war Waibels Erkenntnis, dass Dopfer - der bekannt war für seine sauberen, fehlerfreien Fahrten - Probleme hat, sein Limit auszureizen. Deshalb sollte er im Training eine immer engere Linie fahren, mit mehr Dynamik, er musste sozusagen Fehler machen, denn "dann weiß der Fritz im Rennen, wie weit er gehen kann", sagt Waibel.

Dopfers Entwicklung hin zum Rennfahrer ist also zum einen Waibels Verdienst, aber auch der von Albert Doppelhofer, Dopfers Trainer im Alltag: "Er ist seit fünf Jahren mein wichtigster Ansprechpartner am Berg", sagt Dopfer. Dazu kommt Felix Neureuther, mit dem Dopfer sich bestens versteht, die beiden teilen sich nicht nur in Beaver Creek das Zimmer, sie haben denselben Servicemann, und Dopfer hat nicht vergessen, wie sehr Neureuther ihm mit seiner Popularität geholfen hat.

Die Öffentlichkeit schaute nur auf Neureuther, die anderen konnten unbehelligt arbeiten. "Mit dem Felix werde ich sicher jetzt auch darüber reden, wie man nach einem solchen Erfolg das nächste Rennen angeht." Das kommt sehr bald: Weil die Rennen in Val d'Isère wegen Schneemangels abgesagt wurden, fahren die Athleten nun weiterhin in Übersee, der nächste Riesenslalom findet schon an diesem Dienstag statt.

Davor aber stand für Dopfer ein mindestens genauso wichtiger Termin an: das Abendessen mit dem Team am Sonntag. "Das muss ich wohl bezahlen", sagt Dopfer, als die Siegerehrung vorbei ist. Das Preisgeld von umgerechnet knapp 10 000 Euro kommt zur rechten Zeit. Beaver Creek ist ein teures Pflaster.

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