Ski alpin:Wie in der Schulzeit

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(Foto: Barbara Gindl/AFP)

Bei der Abfahrt in Saalbach verreißt es Thomas Dreßen den Ski - trotzdem gewinnt er schon wieder. Und zieht mit dem deutschen Rekordhalter in der Königsdisziplin gleich.

Thomas Dreßen konnte es nicht fassen. Als nach seiner zirkusreifen Einlage auf der Schneekristall-Piste im Ziel die "1" aufleuchtete, schüttelte er den Kopf. "Ich habe gedacht: Spinn ich, oder was? Mit dem Schnitzer ...", erklärte er sein Staunen. Doch es stimmte: Der 26-Jährige war trotz eines groben Fehlers auch in Saalbach-Hinterglemm nicht zu schlagen und gewann zwei Wochen nach dem Heimsieg in Garmisch-Partenkirchen seine fünfte Weltcup-Abfahrt. "So ganz checken tue ich es eh noch nicht", sagte Dreßen später: "Ich habe nicht mehr damit gerechnet, dass der Ski an meinem Fuß bleibt, und mich schon so positioniert, dass ich es abfange und nicht stürze", gestand er und fügte an: "Wie heißt's immer so schön: It's not over until the fat lady sings - und heute werde ich mitsingen."

Nach seinem zweiten Saisonerfolg in Garmisch-Partenkirchen gewann er jetzt als erster Deutscher zwei Weltcup-Abfahrten nacheinander. Im November hatte er bereits in Lake Louise gesiegt. Zudem zog er mit seiner siebten Podestfahrt in der Königsdisziplin mit dem bisherigen deutschen Rekordhalter Markus Wasmeier gleich. Weil er 2013 im nahen Ski-Gymnasium von Saalfelden seine Matura (Abitur) abgelegt hatte, war es so für ihn der nächste "Heimsieg", meinte er grinsend. "Ich habe direkt vor dem Rennen noch meinen alten Trainer von der Schule gesehen", berichtete Dreßen, "da bin ich mir wieder vorgekommen wie in der Schulzeit." Das "Ratschen" mit dem einstigen Mentor und die Unterstützung ehemaliger Klassenkameraden gab ihm die nötige Lockerheit für den technisch anspruchsvollen Kurs. Dabei ging es für Dreßen auf der Strecke schlecht los. Er hatte auf der nach Schneefall verkürzten Strecke schwer zu kämpfen, als es ihm bei der Ausfahrt Starthang die Skier auseinanderriss. Danach habe er gedacht: "Das Rennen fängt jetzt neu an, mach das, was du mit den Trainern besprochen hast." Das sei "perfekt aufgegangen".

Im unteren Abschnitt spielte Dreßen sein famoses Skigefühl aus. 0,07 Sekunden betrug sein Vorsprung auf Beat Feuz, dem der Gesamtsieg in der Abfahrt zwei Rennen vor Saisonende kaum noch zu nehmen ist. Nur Dreßen, der 194 Punkte Rückstand hat, könnte dem Schweizer den dritten Titel in Serie noch streitig machen. Der Schlüssel für seine jüngsten Erfolge liegt laut Dreßen in Kitzbühel. Bei der Rückkehr an den Ort seines ersten Triumphs habe er es vor drei Wochen "zu perfekt" machen wollen und sei "verkrampft". Danach habe er wieder den Spaß in den Vordergrund gestellt nach dem Motto: "Fahr einfach drauflos!" Das ging in Garmisch-Partenkirchen auf - und jetzt wieder. "Der hat so einen Speed momentan, fährt locker Ski, dass er solche Fehler wegsteckt", sagte Teamkollege Andreas Sander, der als 13. zweitbester Deutscher war, "da sieht man mal, was er für eine Extraklasse hat."

© SZ vom 14.02.2020 / SID - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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