Ski alpin:Vonns riskantes Comeback

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Ist wieder da: Lindsey Vonn vor dem Abfahrtsweltcup in Zauchensee (Foto: Getty Images)

Trotz schwerer Verletzungen und Depressionen kehrt Skifahrerin Lindsey Vonn in den Weltcup zurück. Falls sie stürzt, sollen die Rettungsleute sogar einem speziellen Protokoll folgen.

Von Johannes Knuth, Zauchensee

Als die rund zwei Dutzend Fotografen jede Regung ausgeleuchtet hatten, als vier Kamerateams bereit waren, als das österreichische Fernsehen schließlich seine Livesendung begonnen hatte, musste die Skirennfahrerin Lindsey Vonn natürlich erst mal eines klarstellen: Wie wichtig es sei, dass sie von Lucy begleitet werde, ihrem Hund?

Vonn war darüber "sehr happy", klar. "Ich bin oft im Hotel allein, jetzt habe ich immer Lucy dabei." Und das Skifahren? Ach ja, das Skifahren. Vonn wird an diesem Wochenende beim Weltcup in Zauchensee wieder die Geschäfte aufnehmen, wie ihre lange verletzte Teamkollegin Julia Mancuso. Die Trainingfahrten am Donnerstag und Freitag fielen aus, am Samstagmorgen ist noch eine kurze Einheit anberaumt, dann will Vonn entscheiden, ob sie bei der (vom Wetter bedrohten) Abfahrt am Samstagmittag mitwirkt.

Sie war im November im Training gestürzt, der rechte Oberarm brach, als Vonn aufwachte, schien kein Leben darin zu stecken. Die Nervenbahnen waren geschädigt. Die Öffentlichkeit erfuhr davon nichts, erst am Mittwoch veröffentlichte Vonn ein Video von "der bislang härtesten Reha meiner Karriere": Vonn mit starren Fingern, Vonn wie sie versucht, eine kleine Hantel zu halten. Das Risiko sei durchaus groß, dass sie den Arm bei einem Sturz nachhaltig schädige, sagte Vonn am Donnerstag; mit dem Rettungspersonal am Berg sei sogar ein eigenes Protokoll abgestimmt. Aber letztlich sei es halt so: "Skifahren ist für mich wie Luft."

Viele von Vonns einstigen Weggefährten sind längst in ihre zweite Karriere hinübergeglitten, Maria Höfl-Riesch, Anja Pärson, Nicole Hosp, zuletzt Tina Maze; sie sind Fernsehexperten, Kolumnisten oder wenigstens Legenden. Vonn macht weiter. Ihre Größe aus vielen Jahren strahlt hell und kräftig ins Jetzt. Sie hat zuletzt zwar viele Videos anfertigen müssen, in denen sie sich zurückarbeitete, nach zwei Kreuzbandrissen, einem Knöchelbruch, einer Knieverletzung, die vor einem Jahr ihre Saison (und ihre Jagd nach dem Gesamtweltcup) beendete; zuletzt der Oberarmbruch.

Bis Olympia 2018 will Vonn weiter Rekorde jagen

Sie werde auch immer wieder von ihrer Depression heimgesucht, berichtete sie vor Kurzem im amerikanischen Fernsehen, sie könne manchmal kaum aufstehen, fühle sich einsam (deshalb auch Lucy, der Hund). Aber letztlich trug es sie immer wieder zurück in den Sport, auch, weil Skifahren die finsteren Gedanken vertreibe. "Ich liebe das über alles", sagte Vonn in Zauchensee, "ich weiß gar nicht, was ich später mal machen werde."

Die Liebe zum Skifahren allein trägt sie aber wohl kaum, da sind ja noch die Rekorde. Ingemar Stenmarks 86 Weltcupsiege etwa, Weltrekord. Vonn besitzt bislang 76. Bis zu Olympia 2018 will sie ihre Jagd fortsetzen, mindestens. "Rekorde sind der Grund, warum ich Skifahre", hat sie einmal gesagt, mit Rekorden ist es ja so: Sie sind die beste Erinnerungsstütze, wenn der Fahrer einmal nicht mehr da ist, so sieht Vonn das.

Dem Weltcup-Betrieb gefällt's, ihm waren zuletzt ja doch ein paar prägende Figuren abhanden gekommen. "Sie weiß einfach, wie man eine gute Show bietet", sagte Vonns Landsfrau Mikaela Shiffrin zuletzt, "ich glaube nicht mal, dass sie das bewusst macht." Was man ruhig anzweifeln darf. Es mache jedenfalls Spaß, Vonn zuzuschauen, sagte Shiffrin. Außerdem könne sie Lara Gut ein paar Punkte klauen, Shiffrins erster Verfolgerin im Gesamtweltcup. Vonn ist im vergangenen Herbst 32 geworden, nur zwei Fahrerinnen haben jemals eine Abfahrt mit 32 gewonnen, wobei niemand daran zweifelt, dass Vonn sich bald wieder an der Spitze ihres Sports einfindet.

Sie kennt das ja gar nicht anders: die Schnellste zu sein.

© SZ vom 13.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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