Der Skirennläufer Johannes Strolz war auf dem Weg zu seinem mit Abstand besten Saisonergebnis. Beim Nachtslalom im italienischen Madonna di Campiglio lag der Österreicher gut in der Zeit, auf Podestkurs gar, so schnell und souverän war er unterwegs. Dann löste sich eine Stange aus dem Schnee und glitt ihm unter den Ski. Und da half ihm die ganze Souveränität nichts mehr. Strolz rutschte erst auf der Stange aus - und dann den Hang hinunter.
Der Nachtslalom am Donnerstagabend hatte all das, was die Zuseher dieses winterlichen Theaters an die Piste treibt: Hochleistungssport, Erfolge, Dramen. Wie so oft in dieser Saison gewann ein Schweizer (Daniel Yule), ein Norweger wurde Zweiter (Henrik Kristoffersen). Als Dritter stieg - wie eher selten in dieser Saison - ein Deutscher aufs Podium: Linus Straßer vom TSV 1860 München. Auf dem Podest hätte eventuell auch der Österreicher Strolz stehen können. Doch ihm kam eine Eigenheit in diesem Rennen in die Quere, die sich so noch nie ereignet hatte.
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Linus Straßer ist vor wenigen Tagen Vater einer Tochter geworden. Der Slalomfahrer sagt, er sei nun "locker und befreit im Kopf" - beim Nachtrennen gehört er zum Favoritenkreis.
Insgesamt elf Kippstangen rissen in den beiden Durchgängen von Madonna ab und rutschten an Lauf und Läufer vorbei den Hang hinunter. Zehn Fahrer hatten Glück - Strolz, Sechster nach Durchgang eins, erwischte es schließlich im Steilhang. Keine Chance, der Stange zu entkommen, sie rutschte genau in seine Fahrlinie. Erst hatte es den Anschein, als dürfe der Österreicher nochmals fahren, offenbar hatte er sich bereits auf den Weg zum Skilift begeben, wie das Schweizer Fernsehen SRF mitgeteilt hatte. Die große Frage war nun: Darf er tatsächlich nochmal starten?
Der Videoassistent wird ja auch beim Skifahren zurate gezogen, vornehmlich in der Disziplin Slalom, wo der klassische Einfädler selten, aber bisweilen doch vom zusehenden Auge unentdeckt bleibt. Nach Studium der TV-Bilder verzichtete Fis-Renndirektor Markus Waldner allerdings auf eine Wiederholung des Laufes. Strolz war ausgeschieden.
Ob es im Skifahrer Strolz nun brodelte? Der ließ er sich jedenfalls nichts anmerken: "Ich hätte nur drüberspringen können, aber das ging hier nicht. Ich bin froh, dass nichts passiert ist", sagte der 30-Jährige nach dem Rennen. "Es gibt leider ein paar Dinge, die ich nicht beeinflussen kann - und das war so ein Fall."
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Ein Fall im Gefälle, den sie beim Skiweltverband Fis sicherlich gerne vermieden hätten. "Die Stangen sind brandneu, aber in diesem Satz hat die Legierung der Schrauben offenbar einen Defekt", erklärte Renndirektor Waldner. Grund für einen Zweitversuch für Strolz war das nicht. Die Stange habe sich vom Gelenk gelöst. "Da gibt es keinen Re-Run, weil das höhere Gewalt ist", so Waldner. Neu starten hätte Strolz lediglich bei menschlichem Versagen dürfen, etwa im Fall einer schlecht montierten Stange. Waldner entschuldigte sich bei Strolz. "Das tut mir sehr leid für den Johannes." Die Angelegenheit solle noch genauer untersucht werden.
Mit 70 Prozent Hangneigung, eine der steilsten Weltcup-Pisten im Alpenraum, gilt die Canalone Miramonti ohnehin als legendär. Einst stürzte hier eine Videodrohne während des Rennens ab und hätte beinahe den Kopf des damaligen Slalom-Dominators Marcel Hirscher getroffen. Eine höhere Gewalt der anderen Art, auch damals traf es - beinahe - einen Österreicher. Die Miramonti hat aber auch schon Italiener, Deutsche und Amerikaner verzweifeln lassen; allen voran den Franzosen Clement Noel, der vor einem Jahr als Führender des ersten Laufes uneinholbar in Führung lag und dann am letzten Tor vorbeifuhr - auf der falschen Seite.
Für Strolz ist es nicht nur Pech, sondern auch ein Dilemma: Er bleibt ohne Weltcuppunkte, das mindert die Chancen im internen Österreich-Casting um die Teilnahme an der Ski-WM im Februar. Eventuell stecken die Stangen beim Heim-Rennen in Schladming besser, auch dort wird unter Flutlicht Slalom gefahren. Genau wie am 4. Januar, wenn Garmisch-Partenkirchen zur Nachtslalom-Premiere bittet.