Skifahrer Linus Straßer:Madonna und das Kind

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Auf der Kante: Linus Strasser beim bisher einzigen Slalom der Saison in Val d'Isere. (Foto: Patrick Steiner/Gepa/Imago)

Linus Straßer ist vor wenigen Tagen Vater einer Tochter geworden. Der Slalomfahrer sagt, er sei nun "locker und befreit im Kopf" - beim Nachtrennen gehört er zum Favoritenkreis.

Von Korbinian Eisenberger

Nachtslalom ist das Theater des Skisports, ein Theater in zwei Akten. Wenn Leuchtanlagen die Nacht verdrängen, läuft ein Stück, dessen Darsteller auf einem Scheideweg zwischen Licht und Finsternis wandeln. Vorfreude und Anspannung potenzieren sich, ehe das Theater beginnt - im sogenannten Starthäuschen. Es ist ja bei allem eine Bühne des Sports, aber eben eine besondere Bühne. Selten wird sie aufgebaut, aber umso wuchtiger ist ihre Wirkung: gigantisch, dramatisch, überwältigend. Aber eben nicht gänzlich unübertroffen.

Der Skirennläufer Linus Straßer weiß, wie sich Nachtslaloms anfühlen und wie man einen gewinnt. In Schladming 2022 hat er die bis dato letzte Auflage gewonnen. Nun erhält er die nächste Gelegenheit, quasi als Nachtslalom-Titelverteidiger. Er wird am Start sein, wenn sich am Donnerstag der Vorhang in Madonna di Campiglio öffnet für ein italienisches Spettacolo. Er wird aber nicht entzaubert sein, wenn sie die Slalomstangen wieder aus dem Hang geschraubt und das Flutlicht gelöscht haben. Grazie mille - und heim zur Familie.

Linus Straßer ist Vater geworden, eine Woche ist seine kleine Tochter nun alt. Vor allem aber ist sie gesund. "Dem Kind geht es sehr, sehr gut", erklärt Straßer zwei Tage vor seinem Start in Madonna bei einem Telefonat. Auf seinem Instagram-Bild mit Baby sieht er leicht erschöpft aus, aber glücklich. Nun klingt er vor allem erleichtert. Es ist ja nicht selbstverständlich mit der Gesundheit. Zumal es sich hinzog, es dauerte und dauerte. "Die letzten Wochen waren nicht so leicht", sagt er. Vor und nach dem Slalom von Val-d'Isère sei er "immer auf Abruf für die Geburt" gewesen: "In der Zeit war es nicht leicht, den vollen Fokus aufs Skifahren zu richten."

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Die Bühne des Sports verliert ein wenig an Bedeutung, wenn sich ein neues Leben ins Rampenlicht strampelt. Da kann man noch so vernarrt in die Skifahrerei sein. Nicht ganz leicht sei es ihm gefallen, seine Freundin Maria und ihren gemeinsamen Neuzugang zurückzulassen, bei ihnen daheim in Kirchberg, Tirol. Über Videotelefon kann er die beiden zwischen den Trainingseinheiten sehen, gerade hat er den Hörer am Ohr.

Wenn es um die Hauptrolle im deutschen Slalomteam geht, kommt man an Straßer nicht vorbei

Im Hintergrund klappert Geschirr, er komme gerade vom Mittagessen. Zwei Tage Training in Pfelders, Südtirol, hat er hinter sich, zur Vorbereitung auf die Nacht von Madonna. "Mir sind einfach noch ein paar Skitage abgegangen." Die habe er nun nachgeholt. "Zwei richtig gute Trainingstage" habe er absolviert. Von Pfelders ging es noch am Dienstag weiter nach Madonna di Campiglio.

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Der eine hat sich in der Weltspitze etabliert, der andere befindet sich auf dem furchigen Weg zurück: Alexander Schmid und Stefan Luitz stehen in Alta Badia für die unterschiedlichen Stimmungslager der deutschen Alpinen.

Von Korbinian Eisenberger

Wenn es um die Hauptrolle im deutschen Slalomteam geht, kommt man an Straßer nicht mehr vorbei. Seit zwei Jahren setzt der Mann vom TSV 1860 München verlässlich die Schlaglichter: Sieger beim Weltcup in Zagreb, Zweiter und Dritter von Adelboden, Olympia-Silber und WM-Bronze im Team - und eben der Sieg beim Nachtslalom in Schladming. Sein bisher größter Erfolg, sportlich gesehen.

Insgesamt geht der Deutsche Skiverband mit sieben Athleten an den Start, unter ihnen auch Alexander Schmid, Deutschlands derzeit Bester im Riesenslalom. Straßer dürfte aber wie so oft der Hauptanwärter bleiben im Vergleich mit den Weltbesten. Verglichen wird er ja gerne. Der Name Felix Neureuther hängt nicht nur in der Luft, der Träger selbst ist nicht selten mit Fernsehmikrofon im Zielbereich zu finden, wenn Straßer oben im Starthäuschen steht. Der eine bestimmt die Dramaturgie, der andere interpretiert die Stilmittel.

Erst einen Slalom sind sie in der jungen Saison gefahren, Straßer kam auf Platz 13 in Val d'Isère. Ein Auftakt, mit dem sich Männer-Cheftrainer Christian Schwaiger unlängst durchaus einverstanden zeigte: besser als in der Vorsaison, da war Straßer erst in Frankreich und dann in Italien ausgeschieden. Wie gut er nun drauf ist? "In Val d'Isère, da hat mir noch dieser letzte Speed gefehlt, den du brauchst, um ganz vor mitzufahren", sagt er. In den Trainingstagen von Südtirol habe er sich nun "Stückchen für Stückchen da hingearbeitet".

Das Geklimper im Speisesaal zu Pfelder verklirrt, bald läuten hier die Glocken, auch in Kirchberg. Kurz vor Weihnachten sei er nun "locker und befreit im Kopf", sagt er. Das sei mit entscheidend, damit er in Madonna "richtig Gas geben kann". Aus sportlicher Sicht idealerweise sowohl im ersten (17.45 Uhr) als auch im zweiten Akt (20.45 Uhr) des nächtlichen Spettacolo. Ganz sicher aber im Epilog. Noch am Abend geht es für Linus Straßer heim zur Familie.

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